1,2 Mio. Zuschauer sahen den Auftakt zur 11. Staffel der VOX-Serie. Im Mittelpunkt standen Juli, die vor 20 Jahren den deutschen Sommerhit landeten.

Südafrika (phk) - Juli-Sängerin Eva Briegel stand beim Auftakt zur 11. Staffel von "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert" im Mittelpunkt, und wurde gleich zu Beginn nostalgisch, als sie erzählte, sie wolle "sehr gerne" noch mal Mitte 20 sein. Da sie aber "mit ihren Jungs", den anderen Bandmitgliedern von Juli, "denselben Vibe" habe, mache ihr das Alter nichts aus.

Besagte "Jungs" kommen irgendwie in Südafrika vor, weil sie ebenfalls mit angereist sind und spielen, irgendwie aber auch wieder nicht, weil sie erst kein Wort sagen dürfen. "Sing meinen Song" gliedert sich wieder in einen Show-Teil, der in Südafrika in einer Art Ferienanlage mit Außenterrasse gedreht wurde, und in einen Block, der den jeweiligen Artist, der im Mittelpunkt steht, vorstellt.

"Das Gefühl von dem Song"

In der sich anschließenden Reportage "Die Juli-Story" kommen auch "die Jungs" zu Wort. Der Manager, die Mitglieder und ein Freund der Gruppe erzählen, dass Jonas hintergründig sein Ding mache, dass Simon mehr schreibe und schaue, dass es allen gut gehe, der Bassist als interner Kritiker wie eine Stimme von außen wirke und Schlagzeuger Marcel die Rolle eines Pinguins spiele, der sich auf dem Eis immer von den anderen entferne. Eva binde "alles zusammen", wobei der Beitrag hektisch schnell über ihre Person hinweg hastet.

Den Show-Teil moderiert wieder Johannes Oerding, der zugleich Teilnehmer im Tauschreigen von "Sing meinen Song" ist. Seine Privilegien: Vor jedem Cover holt er mit Video-Einspielern immer "für uns das Gefühl von dem Song noch mal ran." Nach jedem Gesangsbeitrag stellt er der Juli-Frontfrau eine Frage, die ihm bedeutsam erscheint. Eva antwortet, und die Gäste auf dem Sofa, deren Job es ist, Juli zu covern, zeigen für jede Antwort großes Verständnis.

Bescheidenheit und Abitur

Im Vergleich zu den letzten drei Staffeln ist der Anteil an Geknutsche und Umarmung an diesem Abend gering, auch Tränen fließen relativ selten. Manches erfragt Oerding gar nicht erst, er stellt es selbst fest. "Die Jungs" zum Beispiel findet er "ganz, ganz tolle Jungs! Sehr bescheiden!" In der Folge frühstücken Johannes und Eva lauter Eigenschaften ab, die in der deutschen Kultur als beliebt gelten, zum Beispiel "ultra dankbar", um klar zu machen, welch gute Charaktere diese Leute von Juli sind. Schon zum Einstieg kommt es geballt, Eva wird in Südafrika als "offen, fröhlich, warm" erlebt, erst im Hintergrund "und dann ganz nah".

Joy Denalane lobt den "fetten Impact", den Juli hatten. War der wirklich so groß, fragen wir uns? Immer wieder fallen anerkennende Worte für die Hits der Hessen und die Rolle der Band für eine bestimmte Generation. Tendenziell diejenigen, die um 2005 Abitur gemacht haben. Ob die Musik Julis auch jüngeren Menschen Spaß macht? Jedenfalls liegt ihr Erfolg lange zurück: Alli Neumann, die in der letzten Staffel teilnahm, wurde 2002 eingeschult.

Zwischen Rodeo und Jass-Kunst

Da meint man, jeder große TV-Sender außer dem ZDF giere nur nach der Zielgruppe 14 bis 29, aber hier widerlegt sich dieses Klischee endlich. Es ist ja auch so, dass arrivierte Namen eine erheblich größere Bekanntheit haben, vor allem in einer alternden Gesellschaft. "Alle sind schon sehr lange aufm Rodeo", urteilt Oerding über sich und die anderen "Sing meinen Song"-Akteurinnen und Protagonisten. Gemeinsam kommt man auf ein Durchschnittsalter von 44: Joy Denalane, Sammy Amara von den Broilers, Tim Bendzko, Eko Fresh und für eine Special-Ausgabe später irgendwann Maffay. +

Unter den Teilnehmenden vor der Kamera gilt Emilio mit 27 als Küken und stellt sich auch so dar: "Ihr macht das ja schon viel länger!" - "Man kennt ihn von 'Bibi & Tina', und von 'Rheingold', aber was viele nicht wissen, ist, dass er krasse Songs rausgehauen hat", so Oerding.

Die Songs

Im Verlauf der Show covert Bendzko "Geile Zeit" und Oerding "Die perfekte Welle" vom Debüt (2004). Joy Denalane singt "Dieses Leben" und Emilio "Wir beide" vom Nachfolger Ein Neuer Tag" (2006). Eko Fresh versucht sich an "In unseren Händen", Sammy Amara an "Fette wilde Jahre", und Juli spielen "Vier Wände" von der aktuellen CD "Der Sommer Ist Vorbei" (2023).

"Geile Zeit" bedeutet für Bendzko, dass man "im Hier und Jetzt leben soll". Beim Covern entscheidet er sich für eine Version im Jazz-Trio-Stil, nach edler, gedimmter Bar-Atmosphäre gesellt sich allmählich eine Trompete dazu. Es wird ein bisschen üppiger, aber noch weit weg von Swing.

Eva Briegel muss ja alles gut finden, was die anderen covern, das hat Tradition in dieser Show. Bei "Geile Zeit" passiert jedoch etwas Seltenes. Zwischen den Zeilen lässt sie durchblicken, dass sie mit Tims Auftritt eher wenig anfangen konnte. "Tatsächlich, Jazz ist nicht so meins."

"Fette wilde Jahre" in punkrockigem Gewand, solche Spagats könnten in dieser Staffel zur Masche werden, wenn Sammy Amara sich die Lieder der anderen vor die Brust nimmt. Er selbst muss ein bisschen heulen, als Rap-Bro Eko Fresh "In unseren Händen" auf seinen siebenjährigen Sohn bezieht. "Auch wenn das so deep ist, trotzdem, mit so 'ner Leichtigkeit, weils einfach mein Style is, mit 'nem Lächeln", erläutert er. Den Rest des Abends hält er sich relativ zurück.

Kurven und Games

Eko geht von allen am weitesten, er greift gravierend in den Liedtext ein und textet Etliches rund um die Hook hinzu. Der Deutschrapper richtet das Stück im Du-Blickwinkel an seinen Nachwuchs und erzählt die allzu oft durchgekaute Story vom Sturz aus Drogenrausch-Höhen auf den blanken Boden. "Doch dann warst du da / und ich hab meine Kurve bekommen", lautet die ungelenke Schlüsselzeile.

Oerding findet die Symbolik super, dass in dieser Staffel Artists aus Pop, Soul, Hip Hop und Punk aufeinander treffen. "So'n Genremix haben wir noch nie gehabt." Anscheinend war es aber sogar die Grundidee des Ganzen: In der ersten Staffel vor zehn Jahren kreuzten Sandra von den Guano Apes, der damals noch lebende Roger Cicero und Sarah Connor den Weg von Xavier Naidoo. Aber es stimmt, es war selten jemand "dabei im Hip Hop-Game", was in diesem Fall keine Floskel des Hip Hoppers, sondern des Moderators ist, um hip zu klingen und über diesen Hip Hop auch so ein bisschen Bescheid zu wissen.

Das Kind beim Therapeuten

Eko und Eva kannten sich übrigens schon vor dem Dreh. Bisher, so der Rapper, habe man sich "nur über Boomer-Quatsch und Kinder" gut unterhalten können. "Man kann mich mit Elterntexten immer abholen", verrät Briegel und witzelt, Eltern-Kind, das sei "diese krasse Riesenbeziehung (...), und dann sitzt das Kind nachher beim Therapeuten", wenn man es in nur 3 Minuten 30 Songlänge nicht ausreichend gewürdigt habe, das Kind und diese krasse Riesenbeziehung.

Oerding legt eine Dance-Nummer mit Urban-Understatement und slighten Funk-House-Breaks für "Die perfekte Welle" auf, Eva empfindet diese für Oerding überraschende Version als "Ouvertüre". Alle anderen halten es sowieso für großartig. Joy sogar für "einfach perfekt, weil ich so'n richtigen Soft Spot hab' für Dancemusik", was immer das heißen mag. "Mega geil", zückt Eva eines der gern gewählten Prädikate in dieser Sendereihe. Besonders gefallen habe ihr an der Performance, dass sie "in den Sonnenuntergang rein" gegangen sei. Außerdem lobt sie Oerdings "Kopfstimmen-Game". Hip Hop-Game, Kopfstimmen-Game, eine echte Game-Show eben.

Das Ende der perfekten Welle

Den Johannes interessiert, weshalb das selten gecoverte Stück damals nach dem Hype urplötzlich aus dem Radio verschwunden sei. "Ein Song, der alles abgerissen hat", claimt Oerding. Briegel ruft den Tsunami damals in Erinnerung. Da müsse ein bereits bekannter Hit ja nicht mehr im Radio kommen, falls es jemanden triggere, derjemanden verloren habe. Oerding versteht das, "total, aus Pietätsgründen", dann zerreißt eine Werbung gegen Pigmentflecken für 20 Sekunden jäh den Talkflow.

Joy Denalane täuscht erst Angst vor, dass sie mit Oerdings toller Fassung nicht werde mithalten können, bevor sie selber Juli weiter über die R'n'B-Spielwiese schiebt. "Dieses Leben" sei sich der Untiefen bewusst und dann doch positiv, Joy findet das gut. "Eigentlich is' es wie so 'ne Transition zwischen Nacht und Tag. Das liebe ich. Es ist natürlich ein Privileg, dass ich all diese Gefühle habe, wenn ich morgens aufwache, weil es mir gut geht." Sie findet gut, dass sie Kinder hat, die gesund sind, auch einen Mann hat und dass sie Musik machen kann.

Nähe und Distanz zum Original

Joy stellt sich vor, wie Eva R'n'B-Sängerin wäre. Als die Bläser einsetzen, kommentiert Denalane laut "Die Bläser!" -sonst verpasst man die ja womöglich. Das Ergebnis klingt wie ein Joy-Song mit ein bisschen extra Fluff, trotzdem etwas abgebremst, tendenziell schön und in den 70ern verhaftet. Eine durchaus originelle Annäherung an die Vorlage und erfrischende Distanzierung davon. Die Freiheit, den sehr einfachen Text anzureichern und um seine vielen Wiederholungen etwas Abwechslung zu bauen, nimmt sich die Berlinerin jedoch dann nicht heraus: Wo sie bei der Musik weit geht, klebt sie lyrisch hautnah an der Vorlage.

Gefühlsduselei und Betroffenheit stehen zum Auftakt dieser Staffel weniger im Vordergrund als bei früheren. Juli sind wohl ein eher leichtes Thema. Doch auch hier findet sich ein bisschen Anlass für Pathos.

Wenns Bine schlecht geht, ist es gut

"Mit 20 war mir eigentlich alles egal, und jetzt hab ich Familie und Sachen zu verlieren", verrät Briegel, welche Dimension "Es liegt nicht in deiner Hand" heute für sie hat. Ihre Freunde habe sie vernachlässigt, als Juli so erfolgreich waren, bekennt sie. Ihre beste WG-Freundin 'Bine' habe sie sogar als Testperson für Song-Premieren missbraucht, weil die so ein emotionaler Mensch sei. "Wenn's Bine dabei schlecht geht, isses gut", lautete Evas Maßstab.

Der ins Hit-Recycling auf dem aktuellen Album rein gemischte neue Song "Vier Wände" ist dann mit seiner schönen Melodie, behutsam von Briegel vorgetragen, ein Highlight des Abends. Juli performen ihn selbst.

Am Ende der Folge überreicht Briegel die Preis-Blume an Emilio, nicht, weil sein Auftritt so gut war, sondern weil der von ihm ausgewählte Song "Wir Beide ihr "so viel bedeutet und thematisch, weil er uns connectet." Eva "hätte es im Leben nie gedacht, was so jeder draus gemacht hat" aus den Juli-Klassikern. Die Stars hoffen auf neue Freundschaften, die sie in Südafrika untereinander knüpfen. Für die teure wie auch klimabelastende Fernreise sprechen laut Eko Fresh übrigens eine beeindruckende Kulisse und die inspirierende Schönheit Südafrikas. Auf die Idee, mal lokale Acts aus Südafrika in der Show vorzustellen, kam man derweil noch nicht.

Nicht nur Eko, auch Sammy und Emilio zeigen sich in während der gesamten Sendung recht still. Joys Stimme hört man vergleichsweise oft. "Nichtsdestotrotz merk' ich bei allen, dass das was ganz Besonderes ist", resümiert Johannes Oerding. Er freut sich auf Folge zwei mit Tim Bendzkos Titeln, denn "jeder hat schon mal was vom Weltretter gehört." Die Sendung läuft am Dienstag, 30. April, von 20:15 bis 22:20 Uhr auf VOX, die Compilation zur Sendung erscheint am 17. Mai auf CD und erstmals auch auf Vinyl.

Fotos

Tim Bendzko, Juli und Co

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