laut.de-Kritik

Man kann viel lernen von Frankreichs Hip Hop-Pionier ...

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Wenn jemand seit Jahrzehnten im Geschäft ist, liegt der Schluss nahe, dass er sein Handwerk beherrscht. Woran bei Dee Nasty nicht der leiseste Zweifel besteht, haben wir es doch mit dem Pionier der französischen Hip Hop-Szene schlechthin zu tun. Block-Party-Veranstalter, Radio-DJ, mehrfacher französischer und europäischer DMC-Champion: Dee Nasty weiß, was er tut. "Underground Forever" beweist das.

Der Mann beherrscht Cuts und Scratches, das ist mal klar. Um so überraschender, dass er sich mit diesen Skills auf "Underground Forever" dezent im Hintergrund hält. Der Mix ist sauber und einwandfrei, protzt aber keineswegs mit DJ-Technik. Die wahre Trumpfkarte in Dee Nastys Ärmel ist die grandios getroffene Trackauswahl. Über 20 Jahre Erfahrung verleihen dafür offenbar ein sicheres Händchen. "So sit back, relax, listen to the hiphop!"

Was zunächst eine passende Aufforderung ist; den Anfang machen (als einziger französischsprachiger Act) die Disques-Pirates-eigene AMS Crew, die Understudies und Family Tree, die eine derart entspannte Oldschool-Atmosphäre verbreiten, dass mir der ein oder andere Blick ins Booklet angebracht schien. Kaum zu glauben, dass alle Tracks (wie im Übrigen auch sämtliche, die noch folgen sollen) aus den letzten beiden Jahren stammen, versprühen sie doch den Charme altgedienter Klassiker. Sehr schön. "Now And Then" flockt gutgelaunt aus der Box, man könnte glatt nostalgisch werden, so angenehm ist dieser kleine Ausflug "back in the days".

Gut eingestimmt? Dann los. Mir war es ein persönliches Fest, Ill Bill zu begegnen. Non Phixions abgedrehten Hektiker höre ich ja ausgesprochen gern. Auch Diverses "Certified" liefert die Hölle von einem Rap über einem extrem groovenden Instrumental, hinter dessen Produktion doch tatsächlich RJD2 steckt. Wieder was gelernt. Überhaupt erfüllt Dee Nasty seinen pädagogischen Auftrag ("dass der DJ die Crowd erzieht!") in vorbildlichster Weise.

Zwischen den alten Bekannten Hi-Tek, Pharoahe Monk, dessen Organized-Konfusion-Kollegen Prince Po, Wu-Tang-Member Masta Killa und den Perverted Monks treffe ich auf mir vollkommen unbekannte Gestalten. Auf Spectac zum Beispiel, der, leicht näselnd, mit "When I Rock" eine extrem angenehme, nahezu "Moment-Of-Truth"-mäßige Stimmung erschafft. Gang Starr lassen grüßen. Oder auf Spittin Python: mit Affentempo ab über Raggabeats. Chan, Akrobatik und Rip Shop flowen in "Clap Your Hands" lässig vor einem Hintergrund, der einen in glitzernde Disco-Funk-Stimmung versetzt. Mehr Bläsersamples? Ja, bitte!

Mit den Perverted Monks betreten wir wieder vertrautes Terrain. "Make You Wanna"? Lose control? Gut möglich. Bei einem simplen Beat, der nichtsdestotrotz satt aufs Zwerchfell schlägt, kann das schon mal passieren, wenn hervoragende MCs am Start sind. Aceyalone beweist sich mit "Lost Your Mind" ebenfalls als erstklassiger Wortakrobat. Masta Killas Beitrag verbreitet gewohnt finstere Stimmungen, nichts anderes will man aus den Wu-Tang-Katakomben hören. Wenn man dann nach Prince Pos Kopfnicker "Hold Dat" in den Armen des derzeit scheinbar allgegenwärtigen MF Doom landen darf, hat man seine Lektion erteilt bekommen - eine weitere Hip Hop-Platte, die ganz und gar ungeeignet ist, einem die Liebe zu den Reimen und den Beats auszutreiben. Denn: Hip Hop-Junkies are totally dedicated. Danke, Dr. Old School.

Trackliste

  1. 1. Dee Nasty: Underground Forever Intro
  2. 2. AMS Crew: Underground Zero
  3. 3. The Understudies: Now & Then
  4. 4. Family Tree: Virgo
  5. 5. Ill Bill: The Name's Bill
  6. 6. Diverse: Certified
  7. 7. Ras Kass, Pharoahe Monch & Hi-Tek: Can You See What I See
  8. 8. Fakts One: Grown Folks
  9. 9. The Un: D.O.A. (Deadly On Arrival)
  10. 10. Crush One: Atmosphere
  11. 11. J-Live: Get Live
  12. 12. Maylay Sparks: Robin Hoodz
  13. 13. Spectac: When I Rock
  14. 14. Chan feat. Akrobatik & Rip Shop: Clap Ya Hands
  15. 15. Libretto: Volume
  16. 16. Aphletik & A. Wilson: Can I Turn Up
  17. 17. Spittin Python: They Don't Know
  18. 18. Perverted Monks: Make You Wanna
  19. 19. Aceyalone: Lost Your Mind
  20. 20. Masta Killa: Digi Warfare
  21. 21. Prince Po: Hold Dat
  22. 22. Substance Abuse & MF Doom: Profitless Thoughts

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