laut.de-Kritik

Glitzerndes Disco-Futter für die Plattenteller.

Review von

Die Zeiten, in denen jeder in irgendwelchen Nischen vor sich hin wurstelte, sind definitiv vorbei. Jahrelang gefielen sich die Produzenten elektronischer Musik darin, für jedes ihrer Releases gleich ein neues Genre auszurufen. Das ging so lange gut bis selbst dem letzten klar wurde, dass vor allem der Inhalt stimmen muss und das aufgeklebte Etikett bestenfalls Orientierungsfunktion hat. In der jüngeren Vergangenheit konnte man eine Rückbesinnung auf die Musik beobachten. Grabenkämpfe entlang der Genregrenzen verloren an Bedeutung.

Jüngstes Beispiel für die Rückkehr zu den Wurzeln moderner Clubmusik ist das belgische Duo Glimmer Twins. Die beiden Urgesteine der Szene stehen schon seit den frühen 90er Jahren regelmäßig in ihrer Heimatstadt Gent hinter den Turntables, arbeiteten zwischendurch in Plattengeschäften oder verdienten ihren Lebensunterhalt als A&Rs und können sich seit ihrer gefeierten "Culture Club"-Mix-Compilation nicht vor Booking-Anfragen aus aller Welt retten.

Was lässt die Glimmer Twins so hell leuchten? Schaut man die Tracklist ihres aktuellen Albums an, dann fällt eines schnell auf: die Jungs haben eine große Plattensammlung und scheuen nicht davor zurück, das Beste daraus mit in den Club zu tragen. Alt und neu stehen hier nicht wie unvereinbare Gegensätze nebeneinander, sondern gefallen sich beim gemeinsamen Grooven. Damit alles schön rund klingt, haben The Glimmer Twins sich mit alten Scheiben ins Studio gesetzt, ihre Lieblingstracks vom Staub der Geschichte befreit und auf die Bedürfnisse im Club hin neu abgemischt.

Den Opener "Body Language" von Queen befanden die Glimmer Twins im Original für durchaus discowürdig. Billy Idols 88er Hitsingle "Hot In The City" ist in seinem Re-Edit dagegen nicht mehr wieder zu erkennen. Eine markante Synthie-Bassline und ein bisschen Rhythmus drum herum ist alles, was die Glimmer Twins von Billy Idol verwenden können. Seinen Gesang lassen die Twins in der Mottenkammer hängen.

Feinsäuberlich, mit der Präzision von Diamantschleifern dringen die Belgier zum glitzernden Kern der auserwählten Edelsteine vor, präparieren Funk-, Soul- und Discoelemente heraus und basteln daraus feine Clubmusik mit Geschichte, ohne die typischen Retro-Klischees zu bedienen. So klingt "The Glimmers" über die volle Distanz vertraut und überrascht doch mit jedem neuen Tune, den die belgischen Glitzer-Zwillinge auf den Plattenspielern zum Rotieren bringen.

Trackliste

  1. 1. Queen - Body Language
  2. 2. De Falla - Popuzuda Rock 'n' Roll
  3. 3. Billy Idol - Hot In The City
  4. 4. Pete Shelley - Witness The Change/ I Don't Know What Love Is (Dub)
  5. 5. The Sexmachines - Okay (Mondo Dub)
  6. 6. Alan Vega - Jukebox Baby
  7. 7. !!! - Hello? Is This Thing On? (Thomas 'n' Eric's Rub And Tug Throwdown)
  8. 8. Dirty Minds - Life Of Brian
  9. 9. Sylvester - Band Of Gold
  10. 10. Sheila E - Too Sexy
  11. 11. Roxy Music - Angel Eyes
  12. 12. Whomadewho - Satisfaction
  13. 13. Liquid, Liquid - Optimo
  14. 14. Jungle Brothers - I'll House You (A House Is Not A Hut)
  15. 15. Severed Heads - We Have Come To Bless The House
  16. 16. Jah Wobble - How Much Are They?
  17. 17. The Residents - Diskomo
  18. 18. Whitey - Leave Them All Behind
  19. 19. Shocking Blue - Love Buzz

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LAUT.DE-PORTRÄT Glimmer Twins

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