laut.de-Kritik

Shoegazing in der Tradition von My Bloody Valentine.

Review von

Achtung, Schubladendenken frei nach Timothy Leary! Als Set eine esoterische Grundstimmung zwischen Nostalgie und Alltags-Aversion. Als Setting der Wald, ein mystischer Hain, am besten irgendwo in Elbenland. Der französische Alcest-Kopf Neige macht es uns leicht, Idealbedingungen für den Konsum seines Debüts zu benennen.

Auch wenn er sich sicherlich zumindest gegen den Begriff des Gebrauchsguts sperren würde: "Souvenirs D'un Autre Monde" ist mood music par excellence. Perlende Flussläufe, malerische Berge, zauberhaftes Licht auf Bergkuppen. Einhörner grasen friedlich, Riesenbäume wiegen im Wind, Kinder spielen im hohen Gras. Herr-der-Ringe-Kitsch as can be, wenn in 6 x 6-7 Minuten ein und dasselbe Muster rekapituliert und geringfügig abgewandelt wird. Diese CD würde nicht negativ auffallen im Fimo-Laden zwischen ätherischen Ölen und Fantasy-Filmpostern.

Was zum einen weitaus böser klingt, als die musikalischen Qualitäten nahe legen, und zum anderen überrascht, schlug auf dem vorgehenden Mini-Album doch noch ganz das Black-Metal-Herz. Jetzt also hat Neige den Frühling herein gelassen. Die "Erinnerungen an eine andere Welt" wenden den Blick vollkommen eskapistisch zurück Richtung unbeschwerte Kindheit, geben sich naturverbunden, harmonie- und sehnsüchtig.

Das Mittel zum Zweck ist Shoegazing in der Tradition von My Bloody Valentine und Slowdive. Himmelglückselige Gitarren rauschen im unteren Midtempo-Bereich an Spielplätzen vorbei, dann und wann übernimmt Alcests Sigur-Rós-Stimme den Aufpasserjob. Aus den simpel gehaltenen Songstrukturen erwachsen keine allzu aufrüttelnden Spannungsmomente. Ob der angenehm unaufdringlich schwelenden Atmosphäre dieses Dreamscores vermisst man solcherlei Kontraste allerdings auch nicht so richtig.

Nur selten unterbrechen akustische Einschübe die Einheitlichkeit der etwas überlangen Stücke, Bassdrum-Entladungen wie in "Les Iris" gemahnen an die düstere Metal-Vergangenheit. Alcest steht nicht für hippen cool stuff, ist aber ebenso weit entfernt von Panflöten-Easy-Listening. Falls es diese Klientel tatsächlich geben sollte: Musik für Sternengucker, denen sowohl Enya als auch Envy Begriff sind.

Trackliste

  1. 1. Printemps Emeraude
  2. 2. Souvenirs D'un Autre Monde
  3. 3. Les Iris
  4. 4. Ciel Errant
  5. 5. Sur L' Autre Rive Je T' Attendrai
  6. 6. Tir Nan Og

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2 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    ziemlich ambivalenter eindruck, der sich einem beim anhören von "souvenirs d'un autre monde" aufdrängt. zum einen panflöten, zum anderen metalriffs. schwierig das ganze auch vom genre her einzuordnen. post-rock, folk, man hat eigentlich beliebige auswahlmöglichkeiten.

    beim ersten höreindruck war ich noch ziemlich begeistert. erinnerte mich irgendwo an sigur ros. schon beim zweiten anhören, war ich aber schon ernüchtert. das störendste an dem album ist wohl die stimme von neige. den gesang hätte man sich eigentlich vollends sparen können, stattdessen bekommt man neben den stark-verzerrten gitarre eine fistel-stimme zu hören, die irgendwelches blumige zeug vermittelt. dabei ist die stimme derart leise, dass man kaum versteht, was gesagt wird. insgesamt ein eher störendes element, was auch mit der produktion zusammenhängt, die äußerst amateurhaft scheint. überhaupt kann man viele instrumente nur als "klangbrei" vernehmen. leider ist das album mit 6, zugegeben sehr langen, liedern etwas zu kurz ausgefallen. es sind einfach nicht genügend ausgereifte ideen vorhanden, um damit ein ganzes album füllen zu können.

    doch zwischenzeitlich gibt es auch durchaus einige "geistesblitze", z. B. wenn bei Lied 5 auf einmal nur das rauschen des meeres zu vernehmen ist und dann ein neues lied beginnt.
    auch lied 6 zählt zu meinen faves, weil es sich von den zumeist gitarrenlastigeren anderen tracks stark unterscheidet. die sprache ist mir dabei aber ein rätsel.
    insgesamt halt doch nur ganz in ordnung.

    3/5

  • Vor 16 Jahren

    Wow, hier wird Alcest rezensiert...scheint ja ein bisschen was Anderes zu sein als "Le Secret". Mal reinhören.

    Ich hätte gern mal wieder was Neues von Mortifera...