laut.de-Kritik
Scheidung, Burnout, lebhaftes neues Album.
Review von Kim LangeScheidung, Burnout, Tour-Abbruch, Schreibblockade. Das sind die Worte, die man eigentlich immer in Verbindung mit Zach Condons neuester Platte liest oder hört. Ganz schön am Ende sei der Kopf von Beirut gewesen damals, 2013. Oder wie er radio.com selbst sagt: "Womit ich zu kämpfen hatte, nahm mir jegliche Ressourcen. Also kam ich heim, starrte auf meine Instrumente und fühlte mich, als wären keine Ideen übrig."
Kein Wunder, denn bei drei Alben in vier Jahren bleibt viel Stress und Zermürbung nicht aus. Dass auf diesen Breakdown eine, für die Verhältnisse des Sängers, so lebhafte Platte herauskommen würde, hatte wohl niemand erwartet. Nach dem Abbruch seiner Tour in Australien 2013 ließ es Zach ruhiger angehen, in allen Bereichen. Das spiegelt sich vor allem im Minimalismus seiner Musik wieder, die zuvor von Opulenz geprägt war.
Statt Trompete, Ukulele oder sonstiger Spielereien fokussiert sich Condon diesmal nur auf Gitarre, Piano, Bass und Schlagzeug. Nur sehr selten kommen ein paar Streicher ins Spiel. Auch textlich geht der Mexikaner nicht allzu sehr in die Tiefe, oft sind es gar keine ganzen Sätze, die er singt, aber das genügt dennoch zur Vollendung der Songs.
Vollzogen wurde die Klang-Transformation auch während der Aufnahmen: Hatte Zach Condon die Sounds für sein Album früher noch mit Pro Tools zusammen gebaut, tat er das diesmal gemeinsam mit seiner Band. Die Aufnahmen mit Drummer Nick Petree und Bassist Paul Collins brachte so einige Stücke mit sich, die mit einem "No No No" von Zach wieder verworfen wurden.
Eingeleitet wird die neue Beirut-Platte mit den beiden Stücken, die wohl am ehesten Condons wiedergewonnene Lebensfreude und Euphorie ausdrücken. Während mit "Gibraltar" und "No No No" die zwei fröhlichsten Songs des Albums den Anfang machen, schleicht sich mit "At Once" schnell wieder eine melancholische Ballade ein. Nur drei Akkorde und man ist dennoch glücklich. Diese Art von Song beherrscht er noch immer perfekt, was sich auch später in "So Allowed", einem der Herzstücke des Albums, zeigen soll.
Vorherrschend sind auf "No No No" die Keyboard- und Jazz-Piano-Klänge, man fühlt sich gleichzeitig oft auch an alte Beirut-Songs erinnert – nur eben mit weniger Schnörkeln drum herum. Zach Condon sagt jetzt alles etwas einfacher, erzählt weniger Geschichten, balanciert dennoch ständig zwischen großer Sehnsucht, Melancholie und Zuversicht. Jeder Song verfolgt einen roten Faden, sogar das Instrumental-Zwischenspiel "As Needed", das irgendwie sehr nach Independent-Filmmusik klingt. Einzig "Pacheco" dümpelt ein wenig vor sich hin, irrt umher und kommt nicht wirklich auf den Punkt. "Fener" wechselt in der Mitte das Tempo, was zu Verwirrung führt, die sich aber bei dem traurigen Finale zu "So Allowed" wieder fängt.
Ehe man sich versieht, endet das vierte Beirut-Werk nämlich auch genauso überraschend, wie es begonnen hat. So hat man innerhalb von weniger als einer halben Stunde Spielzeit einen erneuten Einblick in das Seelenleben Condons gewonnen, mit ihm gelitten, sich erfreut, nach vorne geschaut, um schließlich doch wieder den Kopf zu schütteln und den positiven Gedanken zu verwerfen. Zach sagt selbst: "Und jedes Mal, wenn ich eine Idee hatte, fühlte ich mich, als würde ich 'The Rip Tide' wieder und wieder behandeln. Ich begann mich zu fragen, ob ich mich überhaupt noch vorwärts bewegen könnte oder dies mein kreatives Ende war."
Definitiv ersteres, möchte man antworten. Auch wenn "No No No" kein fulminantes Comeback darstellt, es genügt, um zu dem Schluss zu kommen, dass Zach Condon noch immer auf großartige Weise sein Leid in Musik verpackt. Und diesmal ist es sogar mit viel Zuversicht versehen. Auch wenn die auf früheren Beirut-Alben so oft thematisierte Liebe zu bestimmten Orten in diesem Fall etwas klein geschrieben wird. Der Globetrotter hat sich nun auf einen ganz besonderen Ort spezialisiert, und das ist sein Herz.
1 Kommentar
Es ist so ein schönes Album!