laut.de-Kritik

Rotzig, wütend, tröstend und inspirierend zugleich.

Review von

Beth Harts Karriere weist gleich etliche ungewöhnliche Aspekte auf. Mehrmalige Siegerin in der TV-Show "Star Search", verprasste sie Geld und Talent in Drogen und Alkohol, so dass ihr Debütalbum 1996 schon ihr letztes zu sein schien. Im neuen Jahrtausend gelang es ihr schließlich, sich aufzurappeln und die Rolle der Janis Joplin in einem Musical zu ergattern. "37 Days" ist ihr erst viertes Studioalbum in über zehn Jahren – und eines, das endlich keine Kompromisse mehr eingeht.

Den Anfang machen ein hämmerndes Klavier und eine raue, laute, angestrengte Stimme. "Ich habe keinen Stil wie in den Modemagazinen, meine Schuhe glänzen nicht. Ich besitze nicht den Stolz einer Schönheitskönigin, kann nicht einmal gerade laufen", verkündet Hart in den ersten Zeilen. Trotz der optischen Mängel gibt sie sich selbstbewusst. "Es kann noch viel besser werden", lautet der Titel des ersten Stücks.

Etwas unvermittelt folgt eine schmachtende Klavierballade, bei der es stellenweise schwer zu sagen ist, ob ein Mann oder eine Frau singt. Eines steht fest: Die Regler aller Instrumente sind maximal aufgedreht, die Atmosphäre ist intensiv und ohne Mitteltöne. Volle Pulle vorwärts, was für das gesamte Album gilt, dessen Titel wörtlich zu nehmen ist: Die Platte entstand in 37 Tagen ohne große Überarbeitungen, was ihr ein wohltuend raue Liveatmosphäre verleiht.

Vom Gesangsstil erinnert Hart an Billy Joel oder auch eine ein laute Joss Stone. Der gern bemühte Vergleich mit Janis Joplin greift diesmal weniger, dafür ist die Musik zu rockig. Und auch zu persönlich, denn während sich die verstorbene Southern Comfort-Trinkerin mit Fremdmaterial durchschlug und damit niederging, schreibt Hart ihre eigenen Texte und zelebriert darin ihre Rückkehr unter die Lebenden nach ihrer langjährigen Sucht.

Dass noch viel Energie in ihr steckt, zeigt sich an "One Eyed Chicken", das Melissa Etheridge nicht mal in ihrer besten Phase so ungebändigt hingekriegt hätte. "Sick" könnte auch von Red Hot Chili Peppers stammen, "Face Forward" wäre etwas für Iggy Pop. Dass verzerrte Gitarren zu Harts musikalischen Wesen gehören, beweisen das dunkle, fast grungige "Waterfalls" oder der Schluss von "Crashing Down The End".

Doch steckt in ihr auch ein Hang zu ruhigen, introvertierten Klavierstücken, so "Soul Shine", "Easy" und "At The Bottom", das das Album mit den verwunderten Zeilen "It's been a long time at the bottom, I don't know how I made it here" abschließt. Bis auf das etwas zu schnulzig geratene "Forever Young" überzeugen alle Stücke durchgehend.

Wie die Platte hätte klingen können, beweisen die drei "Special Bonus Tracks": Poppiger, seichter Mainstream, darunter Harts bekanntestes Stück, "L.A. Song" von 1999. Der Rest von "37 Days" ist rotzig, wütend, tröstend und inspirierend zugleich. Ein Album, das nicht entstanden ist, um die Charts zu erklimmen, sondern um ein Statement abzuliefern: Ich bin noch da. Ich habe mich am eigenen Schopfe aus der Scheiße gezogen und ihr könnt mich alle am Arsch lecken. Ein Album voller Blues, Rock und Soul. Ein Klassealbum.

Trackliste

  1. 1. Good As It Gets
  2. 2. Jealousy
  3. 3. Beautiful Child
  4. 4. One Eyed Chicken
  5. 5. Sick
  6. 6. Face Forward
  7. 7. Soul Shine
  8. 8. Forever Young
  9. 9. Easy
  10. 10. Heaven Look Down
  11. 11. Missing You
  12. 12. Waterfalls
  13. 13. Crashing Down
  14. 14. At The Bottom
  15. 15. L.A. Song
  16. 16. Learning To Live
  17. 17. Leave The Light On

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