laut.de-Kritik

An den Punkern scheiden sich die Geister. Ein Pro und Contra.

Review von

PRO

Die Anti-Flag-Kollabo "Turn Your Back" ging noch als konsequente Weiterführung des von "II" gerühmten Sounds durch, wohingegen die erste Single "Rusted From The Rain" – der eigentlich legitime Vorbote auf die neue CD – klarmacht, wohin die Reise geht: in Richtung Midtempo-Drums, rockige Singlenote-Riffs, Blues-getränkte Soli und GESANG.

Richtig gelesen! Sänger Ben stellt die Kreisch-Brüll-Stimmbandstrapazen zugunsten eines melodiösen, teilweise souligen Stimmeinsatzes zurück. In gewohnt hyperaktiver Manier besingt er dabei Beziehungscrashs, beklagt den Verlust eines geliebten Freundes, mokiert sich ebenso über gesellschaftliche Missstände wie politisches Desinteresse und Luxusfixiertheit.

Die Band bekennt sich eher zu ihren Wurzeln als zu Trends und präsentiert sich auf Albumlänge musikalisch vielseitig. Man trifft auf bewährte Trademark-Rocker, die die Erinnerung an vergangene Großtaten wiederaufleben lassen. Das roughe Rockpanorama erstrahlt in einem vielfarbigen Klangkosmos. "White Sparrows" erinnert an "Pins And Needles", gefällt jedoch in der zweiten Strophe mit einem "Stairway To Heaven"-artigen Flötenzauber.

Trotz der Verbeugung vor The Police in "Diamonds On A Landmine" scheint das Talent der Kanadier immer durch. Ian D'Sas Gitarrenspiel ist wohl einer der stilprägendsten Gitarristen des noch jungen Jahrtausends, er entführt den Hörer auf eine Reise durch sämtliche Spielarten des Rock.

Als Band knüpft man nahtlos an die letzten beiden ohrwurmlastigen Kracher an und drückt dem neuen Output durch ein Mehr an Verspieltheit und Facettenreichtum zusätzlich das Prädikat "musikalisch besonders wertvoll" auf.

CONTRA

Wenn Bands das Debüt nennen wie sich selbst, dann mag man das einfallslos und ideenarm finden. Was aber soll man dann über Billy Talent sagen, die ihre Alben von Anfang an einfach nur chronologisch durchnummerierten?

Ein ähnliche Maß an Kreativität und Innovation scheinen die Kanadier ins Songwriting gesteckt zu haben. Denn während bei Led Zeppelin jede weitere Zahl im Albumtitel eine Weiterentwicklung bedeutete, kommt einem beim dritten "Billy Talent" einiges bekannt vor. Sei es von der Band selbst, die sich gerne selbst zitiert, um nicht zu sagen wiederholt, sei es beispielsweise von Rage Against The Machine.

Im Vergleich zu 2003 muss man allerdings konstatieren: Der Druck ist weg. Und die Überraschung. Und die Frische, mit der das Debütalbum einschlug. Das war richtige "Rockmusik", "straight" und "voll auf die Zwölf". Schlimme Vokabeln für Musik, die man auch schlimm finden wollte, der man sich aber doch nicht so richtig entziehen konnte.

Heute plätschern viele Lieder vor sich hin, langweilen auf Dauer. Man vermisst die Dynamik, die einmal in den Songs steckte. Was sollen denn die ganzen Rock am Ring-Besucher jetzt während des Auftritts machen? Der "neue" Stil der Kanadier ist äußerst "unmoshbar", Circle Pits oder Pogo wird es zu diesen Stücken wahrscheinlich nicht mehr geben.

Angesichts dieses Sounds wünscht man sich, dass Benjamin Kowalewicz einfach mal aufhört zu singen und ohne Rücksicht auf Verluste ins Mikro brüllt, so wie damals bei "Line & Sinker". Denn das kann das neue Album: einem klar machen, dass die früheren Billy Talent gar nicht so schlecht waren - im Vergleich.

von Yan Vogel (Pro) und Jakob Rondthaler (Contra)

Trackliste

  1. 1. Devil On My Shoulder
  2. 2. Rusted From The Rain
  3. 3. Saint Veronika
  4. 4. Tears Into Wine
  5. 5. White Sparrows
  6. 6. Pocketful Of Dreams
  7. 7. The Dead Can't Testify
  8. 8. Diamond On A Landmine
  9. 9. Turn Your Back
  10. 10. Sudden Movements
  11. 11. Definition Of Destiny

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142 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    wahre Billy Talent Fans, oder wenigstens Leute mit Musikgeschmack, finden alle Alben toll. billy talent ist die einzige Band von der ich alle Lieder genial finde. sum41, seether, linkin park, limp bizkit, three days grace, simple plan.... Sie alle stufe ich unter die Band billy talent, trotz dem Bewusstsein, dass billy talent nicht die beste ist - nein, sie macht am meisten Spass !
    Live singen sie nicht wirklich überragend, das gebe ich zu, aber das interressiert mich nicht/weniger, denn das Feeling ist und bleibt wie die Band .... GENIAL .
    Alle Alben (bis auf Watoosh!) sind voll mit puurem Rock, wer unsere Generation, welche nicht im House,Hip Hop,RB oder Techno-Wahnsinn ,retten will, dem empfehele ich dieses Album zu hören und weiter zu empfehlen.

  • Vor 9 Jahren

    Waren das eigentlich ernstgemeinte 5 Punkte ? Fuer II kann ich es versteh. Aber fuer III keineswegs