Porträt

laut.de-Biographie

Birdman

Die inflationäre Verwirtschaftlichung des Rap-Business (!) nimmt spätestens im ersten 2000er Jahrzehnt wirklich beängstigende Züge an. Jeder dahergekommene Rapper ist mittlerweile CEO seines eigens gegründeten Labels, jeder Emcee stolzer Besitzer der eigenen Klamotten-/Getränkemarke. Genre-Topnotches wie Jay-Z oder Scarface dürfen sogar gleich an die Spitze der Majorlabels.

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Wer auch nur halbwegs ein Mikrofon halten kann, will auch Business machen - eine Rap-Karriere ist das neue BWL-Studium. Bei all der freilich ulkigen Ökonomisierung vergisst man fast, dass es noch schlimmer kommen kann: Wenn nämlich andersherum die Schreibtischtäter auf die Bühne wollen. Bestes Beispiel dafür: Bryan "Baby/Birdman" Williams. Der nimmt den anderen Weg und arbeitet sich vom Labelchef zum Rapper herunter.

1991 gründet Bryan Williams mit seinem Bruder Ronald "Slim" Williams das Label Cash Money Records. Den Namen leiht sich das Geschwisterpaar aus New Orleans von einer Drogenbande aus dem Film "New Jack City", der im gleichen Jahr mit Wesley Snipes in er Hauptrolle in die Kinos kommt. Der Querverweis klingt passend: Bryan und Ronald stammen aus ärmlichen Verhältnissen, Bryan ist zeitweise heroinabhängig, das große Geld aber hat man gemeinsam vor Augen.

Der hinsichtlich Rap damals noch kaum erschlossene Süden bietet den Williams-Brüdern für ihre großen Ziele den perfekten Nährboden. Während in New York gerade die goldene Zeit des Hip Hop-Genres anbricht, avanciert das Cash Money Label allmählich zu einer lokalen Größe. Dies passiert selbstredend im Schatten der mindestens genauso stark wachsenden gesamten Rap-Industrie, die sich medial aber lieber auf den Big Apple, bzw. wegen der N.W.A.-initiierten Gangsta Rap-Welle auf die Westküste, konzentriert.

Im Süden jedoch sind kaum (Label-)Strukturen vorhanden. Klar, sorgt Rap-A-Lot Records mit ihren Geto Boys für Furore. Auch in Houston, Texas entsteht um UGK und 8 Ball & MJG eine kleine, aber feine Szene. Ein großer Teil, des sich über die Welt verbreitenden Rap-Phänomens sind die Künstler aus dem Süden aber nicht. Ein wenig abgeschottet vom Rest der Welt, werkelt man vor sich hin und züchtet sich langsam aber sicher eine eigene Szene zusammen.

So schaffen es die Brüder Williams, dass sie innerhalb weniger Jahre Cash Money zu einer zwar landesweit ignorierten, aber im dreckigen Süden sehr erfolgreichen Institution machen. Künstler wie Pimp Daddy, U.N.L.V., Ms. Tee, Mr. Ivan, Lil' Slim, B.G. und Kilo-G, dessen Album "The Sleepwalker" 1992 den ersten Cash Money-Release markiert, verkaufen bis Mitte der Neunziger Jahre Tausende Platten ohne Major-Unterstützung oder Berücksichtigung in den nationalen Medien.

Neben dem von Master P gegründeten No Limit Records behauptet sich Cash Money als das erfolgreichste Label aus New Orleans und erlangt schließlich auch die Aufmerksamkeit der großen Plattenfirmen, die sich jahrelang ausschließlich auf die zwei Küsten konzentriert hatten. Während Ronald Williams sich in erster Linie um das Geschäftliche kümmert, agiert Bryan eher als A&R und künstlerischer Berater. Ein von ihm entdeckter Künstler, der gerade 11-jährige Dwayne Carter, soll schließlich Jahre später dem Cash Money Imperium einen neuen Frühling bescheren.

Als Bryan jedoch den jungen Lil Wayne 1993 nicht nur signt, sondern auch adoptiert, ahnt er noch nicht, dass er 15 Jahre später zum angesagtesten Rap-Künstler des Landes avancieren sollte. Aus Lil Wayne, B.G., Turk und Juvenile gründen sich 1997 die Hot Boys, ein Jahr später setzt Juvenile über 200.000 Einheiten von "Solja Rags" ab. Alles geschieht unter dem wachen Business-Auge von Label-Papa Birdman.

Der Süden brennt, das müssen auch die Majorlabels erkennen und 1998 schließt Universal schließlich einen 30 Millionen Dollar-Vertriebsdeal mit Cash Money ab. Der Rubel rollt so imposant, wie die Bässe und Synthies des Cash Money-Trademark-Sounds pumpen. Längst sind die Williams-Brüder Millionäre. Zeit für Bryan, sich öffentlich mit einem alten Hobby zu beschäftigen - angeblich soll er nämlich nicht nur Schreibtisch-Skills haben, sondern auch am Mikrofon eine recht gute Figur abgeben. Das hatte er bereits einige Jahre zuvor (etwa um 1993) mit seinem kaum beachteten Independent-Soloalbum "I Need A Bag Of Dope" unter Beweis gestellt. Damals nannte man sich jedoch noch B-32, der Kurzform für Baby With The 32 Golds.

Birdman - Priceless Aktuelles Album
Birdman Priceless
Wie kann man raptechnisch nur derart stagnieren?

1998 muss man das ganz offensichtlich vergoldete Gebiss nicht mehr im Namen tragen - unter dem Namen Baby bzw. Birdman veröffentlicht der neu-motivierte Rapper mit dem Hausproduzent Mannie Fresh als Duo Big Tymers seine erste richtige Platte. "How You Love That" wird natürlich zum lokalen Hit und kann auch landesweit ein bisschen was reißen. Dass dies etwas mit den Rap-Skills von Baby Williams zu tun hat, kann bis zum heutigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen werden. Der Cash Money-hörigen Käuferschicht gefällt es jedenfalls. Die Big Tymers verkaufen zufrieden stellend, die Konten füllen sich weiter. Auch in Kollaboration mit den Hot Boys auf dem Album "Guerrilla Warfare" funktioniert es – die Konten füllen sich noch weiter.

Und was passiert, wenn die Konten, Taschen und Fuhrparks voll sind? Ja, man dreht auch Filme ("Baller Blockin" im Jahr 2000). Außerdem, genau: Man bekommt Schwierigkeiten mit den Mitarbeitern, weil die mehr Geld haben wollen. 2001 verlassen die Zugpferde Juvenile, Turk und B.G. Cash Money Records und lassen Chef Birdman keine andere Wahl, als zusätzlich noch solo das Mikrofon zu halten. 2002 erscheint sein selbst betiteltes Debüt und so ist auf einmal Baby/Birdman Hauptakteur von Cash Money. Und das sogar äußerst erfolgreich. Zwischen 2001 und 2003 verkauft Cash Money über sieben Millionen Platten, der Big Tymers-Track "Still Fly" erhält zwei Grammy-Nominierungen.

Neben Baby selbst etabliert sich noch ein anderer alter Bekannter als Goldesel des Labels: Lil Wayne tritt seinen Gang zum nächsten Rap-Superstar an und macht zwischen 2002 und 2004 einen so eindrucksvollen Sprung in seiner Rap-Leistung, dass die Öffentlichkeit davon überzeugt ist, dass hier was nicht mit rechten Dingen zugeht. Papa Birdman ist es egal. Der glaubt ganz fest an seinen Jungen, vertraut ihm das frisch gegründete Sublabel Young Money an und veröffentlicht 2003 das vorerst letzte Big Tymers-Album. Denn auch Mannie Fresh beschwert sich über ausbleibende Gehaltszahlungen und will nichts mehr mit Cash Money zu tun haben.

Es herrscht ein Kommen und Gehen in der New Orleanser Labelinstitution: Juvenile ist mittlerweile wieder zurückgekehrt und hat äußerst erfolgreich sein siebtes Album "Juve The Great" veröffentlicht. Priorität genießt aber inzwischen ausschließlich der immer besser und erfolgreicher werdende Wayne. Im neuen Wohnort Miami hat der Birdman mittlerweile neue Kontakte geknüpft und sein patentiertes Taubengurren hört man auf Tracks von und mit The Clipse, Ginuwine, Bow Wow, Trick Daddy, Toni Braxton und (P.) Diddy. Zudem ist Baby Mitbegründer einer losen Rap-Bewegung im Einzugsbereich Miami, die in voller Besetzung eine Hymne nach der anderen auf den Markt wirft.

Die üblichen Verdächtigen sind dabei Baby, Fat Joe, Rick Ross, DJ Khaled, Plies, Akon, T.I., Young Jeezy und das Produzenten-Duo Cool & Dre, das in dieser Zeit sowieso für die Hälfte der Billboard-Hits der Jahre '06 bis '08 verantwortlich ist. Im neuen Domizil konzentriert man sich eher auf die Vergrößerung der Garagen - so kommt es auch, dass die Birdman-Bagage eher weniger davon betroffen ist, als im August 2005 der Hurrikan Katrina New Orleans verwüstet.

Die Beziehung zu Adoptivsohn Lil Wayne wird mit dessen ins Grenzenlose wachsendem Erfolg noch inniger: im Weltweitweb kursieren Bilder, der sich auf den Mund küssenden Kleinfamilie - einer herrlich skurrilen Abwechslung im so homophoben wie aufgeblasenen Bling Bling-Universum der Rap-Bewegung. Die Larger Than Life-Attitüde kulminiert im Kollaborationsalbum "Like Father, Like Son" von Baby und Wayne, sowie in der ersten gemeinsamen Europa-Tour 2008, die das verbliebene Cash Money-Camp auch nach Deutschland bringt.

Das Jahr 2008 hat man sich sowieso dick rot im Kalender angestrichen: Birdmans "5 * Stunna" erscheint mitsamt zweier Charthits "Pop Bottles" und "100 Million", eine Kollaboration zwischen Birdman und Schwergewicht Rick Ross ist angekündigt und im Juli soll Lil Wayne ein für alle Mal mit "Tha Carter III" die Rap-Weltherrschaft übernehmen. Musste das Großunternehmen Cash Money Records in Zeiten des neuen Millenniums eine kleine Durststrecke überstehen, ist man mittlerweile wieder ganz vorne angekommen.

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Surftipps

  • Offizielle Seite

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    http://www.birdmanstunna.com
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  • Cash Money Records

    Das Label-Imperium aus New Orleans.

    http://www.cashmoney-records.com/

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