laut.de-Kritik

Der Kuss des Rap-Heiligen.

Review von

Ein bisschen Zittrigkeit ist schon dabei, hält man ein Album in Händen, auf das man schon lange gewartet hat, kaum war man mit dem Vorgänger durch. Dinge, auf die man sich zu lange vor-gefreut hat, neigen schließlich oft dazu, zu Enttäuschungen zu geraten. Im Fall von Blackalicious hätte ich mir die Bedenken sparen können. Offenbar kommt aus den Reihen von Quannum nichts Schlechtes. Nicht einmal die Mittelmäßigkeit scheinen die Herren drauf zu haben.

Wieder einmal stelle ich mir die Frage, ob Gift Of Gab nicht möglicherweise Gott ist, mindestens aber wurde er vom zuständigen Rap-Heiligen geküsst. Blackalicious' Master of Ceremony hat den Titel wahrhaft verdient. Das Tempo, in dem dieser Mann seine Reime in die Welt setzt, scheint frei und stufenlos wählbar zu sein. Ob relaxed zurückgelehnt oder in Hochgeschwindigkeit, egal. Gab bleibt immer perfekt auf dem Beat, flowt wie ein Fisch und verfügt darüber hinaus vermutlich ebenso über Kiemenatmung. Luftholen? Wozu? Ausgetüftelte Lyrics erlauben das Ausbreiten kompletter Universen. Die Lebenswege charismatischer Knastbrüder ("The Fall And Rise Of Elliot Brown") oder jugendlicher Mütter ("Black Diamonds And Perls", das, basierend auf Piano und Bass, jetzt schon wie ein Klassiker wirkt) liefen Themen galore, ohne dabei in zu oft gehörte Ghetto-Glorifizierung abzugleiten. Hier wird der Kunst des Geschichtenerzählens gehuldigt, dass einem Herz und Gehör gleichermaßen aufgehen.

Produzent Chief Xcel unterstreicht die lyrische mit musikalischer Bandbreite. Nicht weiter verwunderlich, finden sich doch unter den Musikern, mit denen er arbeitet beispielsweise der Bassist von Spearhead, der Percussionist der Beastie Boys sowie Gitarrist und Keyboarder aus Femi Kuti-Beständen. Soultriefende Samples und Hooklines, Funk-Bässe, jazzige Klavierpassagen und allem voran Hip Hop verbinden sich zu einer Melange, der man einiges unterstellen kann, nicht aber Absehbarkeit. Okay, der Refrain in "World Of Vibrations" gerät leicht albern, die Kulisse scheint ein wenig zu comicmäßig - zunächst. Bevor ich noch zum Meckern ansetzen kann, kippt der Track aber in einen derart amtlichen Gitarren-Funk-Groove, dass man drei- bis viermal checken muss, ob man eigentlich immer noch das gleiche Stück hört.

"Supreme People" liefert einen grandiosen Kopfnickersong, dessen geradliniger Beat trotzdem mit einiger Raffinesse aufwartet. "Rhythm Sticks" schafft funkige Oldschool-Atmosphäre, verleibt sich dabei trotzdem ungeniert jaulende E-Gitarren, ein Schlagzeug und Flöten ein - man könnte meinen, hier borge sich einer Sounds aus Mike Oldfields "Ommadawn". "Lotus Flower" - George Clinton hat die Hände im Spiel - erweckt drei Takte lang den Eindruck, man habe es mit einem ganz klassischen Basslauf zu tun, bevor doch wieder alles ganz anders kommt. Floetry liefert exzellente Gastvocals zu "Automatique" ab. In "Egosonic Wardrums" braut sich (mit Effekten auf der Stimme) alles mögliche zusammen, nicht aber das Ende, das der Track tatsächlich nimmt: unerwartete Wendungen, wohin man schaut. "Your Move" bringt es auf den Punkt: "You got to groove." Aye, Sir!

Der Titeltrack "The Craft", der das Album beschließt, vereint noch einmal alle Elemente in sich: mächtige Bässe, elektronische Klänge, gelassene Raps und ... verdammt ... ein Cello? Ist das wahr? Blackalicious' neuester Schlag erweist sich als bei weitem zu komplex, um als gepflegte Hintergrundbeschallung zu dienen. Es bedarf schon ein wenig Aufmerksamkeit, um die Vielschichtigkeit zu erfassen. Hat man dann noch die Genre-Scheuklappen in den Müll geworfen (ohnehin der einzig angemessene Platz!), erschließt sich einem großes Handwerk. Mit goldenem Boden, versteht sich.

Trackliste

  1. 1. World Of Vibrations
  2. 2. Supreme People
  3. 3. Rhythm Sticks
  4. 4. Powers
  5. 5. Lotus Flower
  6. 6. My Pen & Pad
  7. 7. Side To Side
  8. 8. Automatique
  9. 9. The Fall & Rise Of Elliott Brown
  10. 10. Black Diamonds & Pearls
  11. 11. Your Move
  12. 12. Give It To You
  13. 13. Ego Sonic War Drums
  14. 14. The Craft

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