laut.de-Kritik
Lebensgeschichte einer der inspirierendsten Bands der Welt.
Review von Jasmin LützDie Kölner Vorzeigeband Can wird von vielen nationalen und internationalen Bands immer wieder als Vorbild im Bereich der elektronischen Rockmusik zitiert. Im Juni 2003 feiern der Bassist Holger Czukay, Jazzdrummer Jaki Liebezeit, Gitarrist Michael Karoli und Dirigent und Pianist Irmin Schmidt ihren 35. Bandgeburtstag. Michael Karoli ist im Herzen dabei. Der Gitarrist starb 2001 an Krebs, ihm wird auf dieser Doppel-DVD liebevoll gehuldigt.
Vier verschiedene Musiker treffen Anfang der 60er Jahre aufeinander. Der eine Stockhausen orientiert, der andere mehr Hippie oder einfach nur Rocker. Holger Czukay: "Wir waren Punks, aber nicht im gesellschaftlichen Sinne". Mit dieser DVD erlebt man die komplette Lebensgeschichte einer der inspirierendsten Bands der Welt. Von 1968 bis heute. Vom ersten Konzert auf Schloss Nörvenich bis hin zu den aktuellen Tätigkeiten der einzelnen Musiker. Irmin Schmidt komponiert beispielsweise Opern – und Filmmusik, Michael Karoli stand immer wieder mal auf der Bühne, u.a. mit Suicide. Die Musik, das Komponieren und Experimentieren ist auch heute noch für Can das Wichtigste. Vor allem in der Kölner Elektronik-Szene hat die Gruppe immer noch Vorbildfunktion. Jaki Liebezeit erzählt in einem Interview, dass er mit vielen verschiedenen Musikern und DJs gemeinsam Musik macht, seit über 20 Jahren nur live spielt und dabei keine Platte heraus gebracht hat.
Die faszinierende Geschichte und Entwicklung des Krautrock. Die DVD dokumentiert das Leben von Can in zahlreichen Interviews, Einzelportraits, Live-Konzerten, TV-Auftritten, Remixen, Videos und Kommentaren von diversen DJs und Bands. Damon Albarn (Sänger von Blur: "Wenn man Interesse an moderner Musik hat, dann sollte man an die Universität von Can gehen." 2003 bekommen Can den Echo für ihr Lebenswerk. Die Laudatio spricht Herbert Grönemeyer feierlich und mit lobenden Worten: "Sie kreierten unkonventionelle Musik mit konventionellen Instrumenten." Den Preis selbst überreichen die Red Hot Chili Peppers, die zu ihren größten Fans gehören.
Can Notes stellt die Musiker in sehr persönlichen Einzel-Portraits vor, mit zahlreichen Bildern aus den verschiedenen Soloprojekten. Da erzählt zum Beispiel Jaki Liebezeit sein schönstes Studioerlebnis, als er nämlich Holger mit der Axt erschlagen wollte. Die intimen Aufnahmen sind von Managerin Hildegard Schmidt (die Ehefrau von Irmin) gefilmt worden. Sie war mit der Kamera immer dabei. Sehenswert auch der "Short Tribute Film" von Brian Eno, der in einer Minute so viel Gutes sagen kann.
Und damit nicht genug. Dieses Can-Paket enthält außerdem noch eine Audio-CD mit einer Sammlung von Stücken aus den verschiedenen Soloprojekten der Band. Herausragend die Live-Version des Velvet Underground Hits "Sunday Morning". Hier interpretiert von Holger Czukay & U-She. Oder einen Film von Peter Przygodda (bekannt auch durch seine Arbeit mit Wim Wenders) über ein Konzert vor 10.000 Zuschauern in der Kölner Sporthalle von 1972. Eine faszinierende Show mit Jongleur, Artisten, singenden Sägen und experimentellen Soundmixen und dem ausdrucksvollen Sänger Damo Suzuki, der die Band lange Jahre begleitet hat.
Dieses DVD-Package ist mit sehr viel Liebe zusammengestellt und beantwortet einige Fragen mehr über die "Pioniere der Einfachheit". Mit viel Humor und außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Allerdings braucht man auch gutes Sitzfleisch und viel Zeit, um den vollständigen Einblick in das Leben von Can zu bekommen. Da macht man zwischendurch auch gerne mal ein Päuschen. Dennoch ein Stück Musikgeschichte, die man am heimischen Fernseher miterleben muss. Vor allem, wenn man damals selbst noch als Quark im Schaufenster gelegen hat.
"Es kommt nicht nur auf die Dose an, sondern auch auf das Herz, das in ihr schlägt." (Brian Eno; "A short tribute film to Can").
1 Kommentar
warum zur hölle sehe ich als erstes video mc hammer's "u cant touch this"???
wazzuuuup????