laut.de-Kritik

Space-Odyssee durch Liebe, Rache und Erlösung.

Review von

Wenn andere Bands von Konzeptalben sprechen, können Coheed and Cambria nur müde lächeln. Vier Teile, drei Alben, ein Epos - und das, obwohl die Band selbst in eingeschworenen Kreisen bestenfalls als Geheimtipps gilt. Der Grundstein zur epischen SciFi-Comic-Story um die beiden Protagonisten - nach denen sich die New Yorker gleich selbst benannten - wurde bereits vor zwei Jahren mit dem von Kritikern umjubelten Debüt "The Second Stage Turbine Blade" gelegt. Ob die Fantasy-Poeten durch den dichten Handlungswust ihrer Space-Odyssee über Liebe, Rache, Erlösung und Mythologie selbst noch durchsteigen, bleibt allerdings fraglich.

Düster-kryptischer Symbolismus, eingebettet in einen Kosmos aus - ja was eigentlich? Coheed and Cambria sind Emo wie Prog-Rock, Pop wie Metal, aber vor allem mehr als die Summe der einzelnen Teile. Kein Wunder, dass dieser unverdauliche Brocken den Labels hierzulande Schweißflüsse auf die Stirn trieb. Nach über einem halben Jahr erbarmte sich nun endlich Sony, das Monopol der Importhändler zu brechen und dieses bombastische Werk auch den Europäern schmackhaft zu machen.

Zu Recht! Auf "In Keeping Secrets Of Silent Earth: 3" verkommen musikalische Mauern zu provisorischen Grenzlinien. Hier verschmelzen vertrackte Harmonien im Geiste von Rush mit der kontrollierten Aggression At The Drive Ins und dem Anspruch unserer alten Krautrock-Heroen. Das liest sich nicht nur verdächtig nach Mars Volta, sondern verursacht auch akustisch so manches Déjà-vu. Vor allem, wenn man die Stimmen des Sängers Claudio Sanchez und die seines Kollegen Cedric Bixler gegenüber stellt.

Wer den schleichenden Erfolg von Coheed and Cambria jedoch lapidar als Nebenschauplatz des "Neo-Prog"-Hypes abtun will, tut der Band definitiv unrecht. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen steht der eigenwillige Vierer einerseits mit beiden Beinen fest im Emo-Gewerbe und schraubte andererseits bereits seit Jahren unter unfreiwilligem Ausschluss der Öffentlichkeit an seinem monströsen Weltraumvehikel.

Im Klartext: Diese musikalische Saga wurde für Hörer kreiert, die auch nach 30 Durchläufen noch neue Facetten finden wollen. Die kein Problem damit haben, auch mal mit Kopfschmerzen ins Bett zu gehen. Denn die schneidend klaren Gitarren-Sounds, aber vor allem der gleichermaßen beeindruckende wie penetrante Gesang von Claudio Sanchez wird nicht jedermanns Sache sein.

Eigenständigkeit sei den Musikanalysten und Kopfhörerfetischisten allerdings ebenso versichert, wie ein gegen null gehender Zugänglichkeitsfaktor. Kopfkino, wie es wohl der Schöpfer des Wortes nie klarer vor Augen sah. Zwischen bombastischem Pathos, filigranen Arrangements und ausufernden Kompositionen winden sich die Gitarrenvirtuosen. Nur wirken die Songs niemals gewachsen, sondern immer konstruiert, die Gefühle so echt und ungekünstelt wie in einer klassischen Oper.

Trackliste

  1. 1. The Ring In Return
  2. 2. In Keeping Secrets Of Silent Earth: 3
  3. 3. Cuts Marked In The March Of Men
  4. 4. Three Evils (Embodied In Love And Shadow)
  5. 5. The Crowing
  6. 6. Blood Red Summer
  7. 7. The Camper Velourium I: Faint Of Hearts
  8. 8. The Camper Velourium II: Backend Of Forever
  9. 9. The Camper Velourium III: Al The Killer
  10. 10. A Favor House Atlantic
  11. 11. The Light & The Glass

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Coheed And Cambria

Im Jahre 2000 gehen Coheed and Cambria im Staate New York aus der Asche der Poppunk-meets-Progrock-Gruppe Shabuti um Sänger/Gitarrist Claudio Sanchez …

76 Kommentare

  • Vor 19 Jahren

    Also ich finde es einfach total unberechtigt dieser cd nach der kritik von alexander wentland nur 3 punkte zu geben. Da wird in der ganzen review die platte nur gelobt und dann im letzten satz steht: "Nur wirken die Songs niemals gewachsen, sondern immer konstruiert, die Gefühle so echt und ungekünstelt wie in einer klassischen Oper." Das ist der einzige kritikpunkt und das soll die 3 punkte rechtfertigen? Es wird die ganze zeit davon geredet dass doch alles so komplex ist und so. Normalerweise werden dafür bei laut sowieso schon 5 punkte gegeben. (nicht immer)
    Und dass die cd einfach genial ist wussten doch schon vorher recht viele. Jeder kann ja seine eigene Meinung haben, aber nach der review sind 3 punkte nicht gerechtfertigt.

  • Vor 19 Jahren

    ich find die wertung auch nicht gerechtfertigt. das ding ist eine der besten scheiben des letzten jahres.