laut.de-Kritik

Jetzt ist Schluss mit Manchester!

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Anno 2010 hypte die BBC das damals noch unbekannte Trio Delphic als eine der Hoffnungen des Jahres. Zumindest auf der Insel wurde das Debüt schnell in den Himmel gehoben. Als Rechtfertigung hierfür mussten Vergleiche von New Order bis Orbital herhalten. Nun steht der Nachfolger "Collections" in den Startlöchern.

Auf dem Weg dorthin sammelten die Bandmitglieder einige Erfahrungen. Beispielsweise, dass es ganz schön harte Arbeit sein kann, sich nach zwei Jahren auf Tour an ein neues Album zu setzen. Danach hört sich "Collections" zwar nicht zwingend an – doch vergeblich sucht man auch die Anleihen an die Factory-Helden. Die LP entpuppt sich schnell als zweiseitiges, geradezu schizophrenes und inhomogenes Monstrum.

Da ist zum einen diese Seite, in der die Engländer ihre Vorliebe für großen, pathetischen und hymnenhaften Pop ausleben. Wenn Sänger James Cook im Opener zum Refrain anstimmt ("The Night Is Always Of The Young") fühlt man sich zwangsläufig an die Tanznächte erinnert, deren Schweiß schon der Erstling "Acolyte" süßte. Ähnlich beschwingend die erste Single "Baiya" mit ihren Dance-Synthies und dem gebetsmühlenartigen Sprechgesang.

Die Stärke der Delphics liegt nach wie vor im Pathos, im Handwerk des Hymnen-Fabrizierens. Auch schon 2010 befand sich das Trio dabei oft Nahe am Schwulst. Positiv stechen da auf "Collections" noch die Hemingway-Reminiszenz "The Sun Also Rises" mit Bass-Gebirgswand und dem weiten Gesang Cooks heraus. Das folgende "Memeo" kann zwar in Sachen grenzepischer Refrain nicht mithalten, doch die Drum-Pattern und der richtig dosierte Glam-Touch katapultieren den Track direkt wie bestimmt in den Favoritenkreis des Albums.

Die andere Seite kann mit Wohlwollen als Kategorie des Experimentierens bezeichnet werden. Schlicht purer Kitsch ist ein Stück wie "Tears Before Bedtime", das mit verzweifelten Mailbox-Botschaften aufwartet. Pop interessant zu halten, das gelingt ebenso wenig bei "Don't Let The Dreamers Take You Away", auch wenn knarzige Bässe, Claps und Background-Chor eine dicke Schicht Pop auftragen. Bei der Rap-Einlage in "Exotic" bleibt einem dann wirklich die Luft weg – glücklicherweise sind das dann schon die letzten Album-Minuten.

Sich mit dem DFA-Flüchtling Tim Goldsworthy verbrüdern, dann gemeinsam die Pop-Welt revolutionieren. Nicht weniger ambitioniert der Ansatz zur Arbeit an "Collections". Doch am Ende muss man konstatieren: Das Vorhaben der Indietronicer endete in einer Sackgasse, irgendwo zwischen R'n'B und Melodie.

Nun ist also wirklich Schluss mit Manchester. Und so setzt sich der Eindruck fest, dass die Platte – trotz ihrer zweifelsohne großen Momente – insgesamt doch nur die unaufgeräumte Spielwiese dreier pop- und elektronikverliebter Jungs ist.

Trackliste

  1. 1. Of The Young
  2. 2. Baiya
  3. 3. Changes
  4. 4. Freedom Found
  5. 5. Atlas
  6. 6. Tears Before Bedtime
  7. 7. The Sun Also Rises
  8. 8. Memeo
  9. 9. Don't Let The Dreamers Take You Away
  10. 10. Exotic

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