laut.de-Kritik

Ruhig, relaxt und auf ein Minimum an Melodien wie Ideen reduziert.

Review von

Irgendwann musste es ja so kommen. Devin Townsend kann nicht all die Jahre nur geniale Musik veröffentlichen, ohne dabei nicht auch mal ordentlich ins Klo zu greifen. Das ist nun also mit "Ki" passiert. Wobei ... völligen Stuss liefert der verrückte Kanadier mit der ersten von insgesamt vier geplanten zusammenhängenden Scheiben nun auch wieder nicht ab.

Bis zu diesem Album hätte ich es nie für möglich gehalten, einer Scheibe von Devin Townsend weniger als mindestens vier Punkte zu geben. "Ki" hat mich eines Besseren belehrt, auch wenn die Platte alles andere als schlecht ist. Sie ist einfach nur ... vollkommen anders.

Weitgehend ruhig, relaxt und auf ein Minimum an Melodien und auch Ideen reduziert ist "Ki" ein fast schon als spartanisch zu bezeichnendes Werk, das nur hin und wieder den Wahnsinn andeutet, der nach wie vor im Hirn des Kanadiers vor sich hin brodelt.

Ich wünschte, meine Montage würden so entspannt und gelöst beginnen wie "A Monday". Allerdings hab' ich da eher das Problem, den Arsch überhaupt aus dem Bett zu bekommen. Seis drum, der Einstieg gerät für Devin fast schon typisch.

Doch das von einer Basslinie getragene "Coast" ist ausgesprochen ruhig und hat deutliche Ambient-Schlagseite. Auch viele andere Songs auf dem Album klingen eher nach einer Jamsession denn nach akribisch ausgearbeiteten Songmonumenten, wie man sie sonst kennt.

Eine leider nicht genannte Dame gibt in Nummern wie "Gato", "Heaven Send" und dem Titeltrack ein tolles Gastspiel. Vor allem das auf Elvis getrimmte "Trainfire" sticht in der zweiten Hälfte des Albums positiv hervor.

Während das fragile "Terminal" noch in Ordnung geht, ist "Ain't Never Gonna Win ..." eine jazzige Jamnummer, die eigentlich kein Schwein braucht, wenn man nicht grad im Fahrstuhl unterwegs ist. Der Übergang in "Winter" vollzieht sich beinahe nahtlos. Unglaublich ruhig, reduziert und leider auch ziemlich belanglos schnarchen fast fünf Minuten an einem vorbei.

Erst, nachdem sich "Lady Helen" nach und nach in der Langweiligkeit verliert um unbemerkt im Titeltrack zu münden, knüpft wenigstens der stilistisch das ein oder andere Mal an alte Tage an. Während "Quiet Riot" eine ganz nette, aber auch irgendwie zu harmlose Akustiknummer ist, zieht "Demon League" abschließend geradezu unbemerkt an einem vorbei.

"Ki" soll also die Einleitung und die Grundlage für drei weitere Alben bilden, die allesamt mit unterschiedlichen Musikern aufgenommen werden. Wollen wir mal hoffen, dass da auch wieder die Jungs von Strapping Young Lad auftauchen und für ein wenig mehr Feuer im langsam müde gewordenem Arsch von Herrn Townsend sorgen. 2,5 Punkte ist mir das Ding wert - und das wird nun mal auf drei aufgerundet.

Trackliste

  1. 1. A Monday
  2. 2. Coast
  3. 3. Disruptr
  4. 4. Gato
  5. 5. Terminal
  6. 6. Heaven Send
  7. 7. Ain't Never Gonna Win ...
  8. 8. Winter
  9. 9. Trainfi Re
  10. 10. Lady Helen
  11. 11. Ki
  12. 12. Quiet Riot
  13. 13. Demon League

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28 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    Nach dem Durchlesen der Kritik und ohne die Platte bisher gehört zu haben(!), fällt es schlicht und einfach auf, mit welcher Voreiligkeit diese Kritik verfasst und - und das scheint viel schwertragender im Bezug auf die Bewertung des Albums zu sein - mit welch bereits vorgefasster Erwartungshaltung das Album offenbar aufgenommen wurde. Beides und das dürfte dem Kritiker durchaus geläufig sein und ist mir im Hinblick auf 2,5 Punkte daher umso unverständlicher - sollte gerade bei einem Devin Townsend Project ganz klar außen vor bleiben. Der offensichtlich der SYL-Seite zugewandte Kritiker erwartet hier scheinbar musikalisch brachiale Gewaltexzesse, die meiner Meinung nach für den Einsteig in ein 4-Album Konzept überhaupt nicht reinpassen würden und auch niemals Intention des Künstlers waren, der sich speziell für das erste Album der vierteiligen Triologie entsprechende Musiker aus einem ganz fremden Genre (Jazz, Blues, also hohes Jam-Potential) ins Studio geholt hat. Im Hinblick auf die Ambient-Schlagseite seien an dieser Stelle lediglich drei Projekte erwähnt: Ass-Sorbid Demos, The Hummer und Project EKO. Ich denke, der Leser dieses Artikels sollte sich von dem selbigen einfach nur dadurch beeinflussen lassen, nicht die gleiche Grundhaltung gegenüber diesem Album anzunehmen.

  • Vor 14 Jahren

    Guten Tag Herr Edele,

    ich möchte Ihr Review zum neuen Album von Devin Townsend nicht unwidersprochen lassen.

    Über die Bewertung will ich nicht diskutieren, mir als Fan fällt es selbst sehr schwer, die Platte zu bewerten - ich bin froh, keine Rezension schreiben zu müssen. Ich hoffe jedenfalls, dass Sie Herrn Townsends Rat gefolgt sind, und die Platte längere Zeit, auch mal im Hintergrund, auf sich haben wirken lassen, bevor Sie zu Ihrem Urteil gekommen sind.

    Es stört mich jedoch, dass aus Ihrer Rezension nicht herauszulesen ist, dass Sie sich mit dem Entstehungskontext dieses Albums beschäftigt haben. Es soll ja laut Herrn Townsend eben gerade zeigen, dass er NICHT der Verrückte ist, für den er lange Jahre gehalten wurde (und als der er sich zeitweise ja auch präsentiert hat - siehe Promofoto beim hiesigen Starportrait). Dass er also gerade aus sehr guten Gründen NICHT stilistisch an alte Tage anknüpfen wollte. Da er in vielen Interviews extrem reflektiert seine Motive beschreibt, finde ich es etwas unfair, eine vergleichsweise schlechte Bewertung scheinbar vor allem damit zu begründen, dass er etwas "vollkommen anders" gemacht hat als bisher.

    Die Sängerin Ché Dorval wird im Booklet übrigens sehr wohl genannt.

    Falls es Sie beruhigt: Die nächsten beiden Alben werden wieder sehr viel heavier, die Aufnahmen zum zweiten (Addicted) sind in vollem Gange. Zwar nicht mit SYL-Kollegen, aber wieder mit Ryan van Poederooyen am Schlagzeug (was alles seit Wochen nachlesbar gewesen wäre, z. B. bei http://de.wikipedia.org/wiki/Devin_Townsend).

    Insgesamt bleibt bei mir das Gefühl hängen, dass Sie sich mit "Ki" und dem Devin Townsend Project etwas weniger intensiv beschäftigt haben, als es meiner Meinung nach verdient hätte.

    Viele Grüße

    PS: Als Fan bin ich übrigens begeistert davon, wie Devin es schafft, sich ständig neu zu erfinden. Allein für seinen Gesang bei "Coast" könnte ich ihn schon knutschen.

  • Vor 14 Jahren

    @KNHO (« ... der sich speziell für das erste Album der vierteiligen Triologie ... »):

    :D :D :D

    Aber zurück zum Thema: als großer Fan des Herrn Townsend werd ich mir mal die Platte zu Gemüte führen. Ich bin gespannt.

  • Vor 14 Jahren

    Der alte Fuchs. Ich glaube Du hast Recht.

    Vielen Dank

  • Vor 14 Jahren

    Ich mag das Album sehr, allerdings stosse ich mich nicht so sehr an der heiss diskutierten Rezension.
    Sicher, wenn man auf Alternative Gitarren-Mucke mit Freak-Einschlag steht, dann wird einem das Album durchaus öde vorkommen - wenn man allerdings wie ich ein Liebhaber des elektronischen und atmosphärischen Soundexperiments und dessen Auswüchsen ist, geht die Scheibe als "absolut Stark" durch!
    Mir hat schon die Bonus-CD (Project EKO) bei Accelerated Evolution total zugesagt, daher finde ich diese Entwicklung sehr positiv! Und im Vergleich zum "Hummer"-Projekt ist diese CD wirklich gelungen! Devin ist mit diesem Werk gewachsen:
    Vom Alternative zum Avantgarde - join in!

    Bin schon gespannt wie die anderen Outputs so einfahren!

    Volle Punktzahl - aber wie!

  • Vor 14 Jahren

    ich persoenl. finde es cool das es mr. townsend immer wieder gelingt sich selbst neu zu erfinden.
    devin ist ein absoluter ausnahme musiker!!