laut.de-Kritik

Selten kam ein Drumkit so fußkrank um die Ecke gefurzt.

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Kann sich noch jemand an Lita Ford oder die All-Girl-Band "Vixen" erinnern? Dies waren die ersten Versuche der holden Weiblichkeit, sich in der Machowelt des Metal zu behaupten. Samt und sonders sind sie untergegangen, nur eine steht immer noch ganz oben und das ist Doro.

Das neue Lebenszeichen hört auf den Namen "Calling The Wild" und verspricht zumindest vom Titel her Furioses. IIIIIIIIHHHHAAAAAAAAHHHHHH!!!!! Moment, moment Fury, kein Grund, hier einen auf unbändigen Hengst zu machen, denn Doros elfte Studioplatte setzt hardrocktechnisch auf biedere Hausmannskost. Die komplette Wurstplatte im Heavysektor wird aufgetischt. Deftige Stampfer ("Kiss Me Like A Cobra"), Uptempo-Gröhler á la "Burn It Up", Balladen (natürlich!), und das schon obligatorische Liedchen mit deutschem Text heißt diesmal "Ich will alles". Schade, dass es seit der ersten Warlock-Platte niemand geschafft hat, Frau Pesch mal einen Englischkurs in Aussprache zu verpassen.

Der teutonische Akzent lauert wie ein hungriger Löwe hinter jedem "Doubt" (Daut) und "Reason" (Riiieehhhssonnn) wie ein böses Ungeheuer. Die Aussagekraft der Texte beschränkt sich leider allzu oft auf ein "Fire - Desire - Higher"-Reimefeuerwerk der Extraklasse und lädt nicht gerade zum Sinnieren ein. Singen kann die gute Frau, daran besteht kein Zweifel, aber die Ressourcen werden nur angezapft und nicht ausgeschöpft. Dagegen ist auch das Aufgebot an Superstars machtlos. Dieses Mal haben unter anderem Lemmy, Slash und Jürgen Engler mitgewerkelt.

Das Highlight der Scheibe ist die Powerballade im Duett mit Herrn Kilmister. Das klingt schon verdammt gut, wenn Mr. Rock 'n' Roll ins Mikro röhrt. Dies bleibt auf "Calling The Wild" dann aber leider die Ausnahme. Rockige Meterware, ohne Gesicht und Profil. Der Ausflug ins Crossover-Gefilde mit "Ich will alles" gerät zum Nervenzerrer. Goethe würde nach Reimen wie besessen - vergessen, Wahn - dran, berührst - spürst, mich - dich, wohl Faust nochmal umschreiben, damit er diesem lyrischen Hochgenuss entsprechenden Tribut zollen kann. Erschwerend hinzu kommt der lahme Sound der Scheibe. Beim Schlagzeug hat man wohl statt der üblichen Felle Zuckerwatte aufgezogen, selten kam ein Drumkit so fußkrank um die Ecke gefurzt, wie hier. Das Ganze klingt mehr nach Streichelzoo denn nach Wildnis und wird dem Organ von Doro nicht einmal annähernd gerecht.

"Calling The Wild": dem Tiger wurde der Zahn gezogen und die Python war sowieso ausgestopft, die Dame kann das besser!

Trackliste

  1. 1. Kiss Me Like A Cobra
  2. 2. Dedication (I Give My Blood)
  3. 3. Burn It Up
  4. 4. Give Me Your Reason
  5. 5. Who You Love
  6. 6. Scarred
  7. 7. Ich will alles
  8. 8. White Wedding
  9. 9. I Wanna Live
  10. 10. Love Me Forever
  11. 11. Fuel
  12. 12. Constant Danger
  13. 13. Black Rose
  14. 14. Now Or Never (Hope In The Darkest Hour)
  15. 15. Danke

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