laut.de-Kritik

Den neuen Boyfriend Skrillex hört man ihr gar nicht an.

Review von

Auf den 14 Tracks von "Halcyon" bedient sich die 25-jährige Ellie Goulding nicht nur an gewohnten Indie- und Synthpopelementen, sondern wagt sich auch in die Tiefen des Drum'n'Bass und Dubstep vor. Zumindest zaghaft. Nicht überraschend, dachte mancher doch, dass ihr neuer Freund Skrillex vielleicht sogar das Album produzieren würde. Doch Ellie geht ihren eigenen Weg - was nicht bedeutet, dass sie sich nicht am allgemeinen Hype um die tiefen, oszillierenden Bässe beteiligt.

Zunächst mit sphärischem, fast sirenenhaftem Gesang beginnt der Opener "Don't Say A Word", aus der Ferne mischen sich Synths und Echos ein, bevor rauhe Drums die Idylle durchbrechen. Schon hier zeigt Gouldings Stimme all ihre Facetten: Mal rauchig und energisch, im nächsten Moment schon sopran und verletzlich. Mit dieser enormen Bandbreite begeistert sie erneut im späteren "Explosions", hat doch ihre Stimme die Fähigkeit, die Grundstimmung eines Songs von einer Sekunde zur anderen zu ändern.

Im Titeltrack "Halcyon" wie auch in "My Blood" kommt dann Gouldings Singer-Songwriter-Hintergrund klar zur Geltung: Sie verschmelzt eingängiges Gitarren-Picking mit subtilen, sich im Hintergrund bewegenden Synthmelodien. Dazu gesellen sich große Refrains und "Oh-Ohs"; "It's gonna be better" singt Goulding im Titelsong gebetsmühlenartig. Man kann ihr die übermäßige Liebe zu verzerrtem, gelooptem und gepitchtem Hintergrundgesang vorwerfen. Tatsache ist aber, dass Goulding meistens weiß, wann Schluss mit dem Kitsch sein muss - den 90er-Techno-Pitchgesang in "Only You" einmal außen vor gelassen.

Die Reise geht weiter in Richtung Club. Zunächst ruhige Songs wie "Figure 8" oder "Hanging On" kommen - in klassischer D'n'B-Manier - mit einem Drop daher. Der Dubstep-Einfluss auf die Basslines ist kaum zu überhören, gibt es doch viele Ausbrüche: Wobbles. Die taktgebenden Drumpatterns sind 2Step- und Breakbeats, selbst in sonst eher balladenhaften Stücken wie "Atlantis". Ganz ohne Drums geben sich "Dead In The Water" und "I Know You Care" zufrieden - das erstere eine durchschnittliche Pop-Ballade, das zweite etwas überpathetisch mit Orgel-Einleitung und Kirchengesang.

Das bereits erwähnte "Lights" befindet sich hier in den Bonustracks - war es doch auf dem gleichnamigen Debütalbum gar nicht enthalten, nur auf dessen Re-Release "Bright Lights". Der andere Extra-Song "I Need Your Love" wurde hörbar für den Dancefloor produziert. Klar, hat man doch extra Calvin Harris ins Boot geholt, der das Stück mit Clap-Bombast und Synth-Tröten überfrachtet.
Solche Momente gibt es auf "Halcyon" nicht oft, Gouldings Stimme überragt auch die instrumental schwachen Phasen. Und die übereifrige Aggressivität eines Sonny Moore aka. Skrillex hört man der neuen Platte nicht an - trotzdem mag der Dubstep-Höhenflieger wohl stolz auf die Frau an seiner Seite sein.

Trackliste

  1. 1. Don't Say A Word
  2. 2. My Blood
  3. 3. Anything Could Happen
  4. 4. Only You
  5. 5. Halcyon
  6. 6. Figure 8
  7. 7. Joy
  8. 8. Hanging On
  9. 9. Explosions
  10. 10. I Know You Care
  11. 11. Atlantis
  12. 12. Dead in the Water
  13. 13. I Need Your Love
  14. 14. Lights

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6 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 11 Jahren

    Eines der besten Pop Alben die ich dieses Jahr gehört habe, gefällt mir teilweise sogar besser als die Vorgängerplatte. Mit den Drum'n'Base part kann ich zwar nichts anfangen aber sie sind ja zum glück nicht so aufdringlich, hatte auch mehr Skrillex erwartet.
    'Anything could Happen', 'Figure 8' und 'Don't Say A Word' laufen auf Dauerrotation! :)

  • Vor 11 Jahren

    Sehr, sehr schwierig für mich. Ich werde einfach nicht warm mit dieser Platte. Teilweise ist es zu leer, teilweise aber zu überladen. Der Opener wie weitere Anderen sind für mich einfach nix. Da wartet man 3 Minuten lang dass etwas kommt, passiert aber nix. Einige Songs wirken wie lange Intros. Andere Tracks hingegen klingen wie 3 Songs gleichzeitig und mischen in ein paar Sekunden D'n'B, Dub und 80ies zusammen, siehe Hanging On. Das erste Album und Re-release find ich immer noch super und frisch. Hiermit kann ich mich aber einfach nicht richtig anfreunden. Die Singles Anything could happen, Hanging On, und I know you care find ich sogar richtig mies. Dazu muss ich noch sagen dass ich von ihr so ein Album wie die neue Lena erwartet habe.
    Und jetzt zur Rezi- Herr Hutzel: wo bitteschön hat Ellie eine so gute Stimme?? Sie hat eine enorme Bandbreite ?? Ist das ihr ernst?? Lena, Lily Allen, Kate Nash oder Lykke Li haben auch eine schöne Stimme die sie während der Songs beliebig verstellen können, am besten mit der Stimme eine Grundstimmung zu setzen kann auch Lana Del Rey, siehe Blue velvet oder Ride. Aber trotzdem haben diese Frauen wirklich keine grandiosen Stimmen. Ich mag Ellie sehr und ihre Stimme ist sehr sirenenhaft und fragil, aber trotzdem muss ich sagen dass sie unter den oben genannten Damen die wohl schlechteste Sängerin ist.

  • Vor 11 Jahren

    @blindluck Keine der von dir genannten Damen hat im klassischen Sinne eine gute Stimme, aber alle haben eine einzigartige Stimmfarbe, die man sofort raushört. Da geht's nicht um "gut" oder "schlecht", sondern um persönliche Präferenzen.

  • Vor 11 Jahren

    Zum Album kann ich nur sagen, dass es mir deutlich besser gefällt als "Lights" und ich sehr, sehr positiv überrascht bin. Meine Lieblingstracks sind "Anything Could Happen", "My Blood", "Figure 8" und "I Know You Care".

  • Vor 11 Jahren

    Sehr geniales Album. Verträumt, etwas schräg, überaschende Stimmfarbe, die auch nach mehreren Tracks nicht aufhört interessant zu sein.

  • Vor 8 Jahren

    nachdem, was ich von ihr gehört habe, bezweifle ich doch stark, dass sie eine "enorme" stimmliche Bandbreite besitzt.
    Ich frage mich, ob sie überhaupt mehr als dieseskraftlose, hauchige "Singen" kann. Kann das leider gesanglich nicht ernst nehmen, aber wenn sie schreiben kann, ist das schon mehr wert, als so mancher reiner Interpret.