9. Juni 2023

"Wir spielen Kinderlieder für Erwachsene"

Interview geführt von

Extreme waren nie wirklich weg, aber seit 2008 ohne reguläre Studio-Veröffentlichung. Nun erscheint mit "Six" Album Nummer sechs, das bei gewohnt starker Rhythmus-Arbeit vor allem auf das Wechselspiel der beiden Alpha-Männchen Gary Cherone und Nuno Bettencourt setzt.

Nuno Bettencourt steht Rede und Antwort via Videocall zur neuen Extreme-Platte. Der Könner an den sechs Saiten hat die Ruhe weg. Die Zen-Haltung gründet auf einem starken Selbstbewusstsein und in dem Wissen über seine Fähigkeiten. Dabei ist der Portugiese neben seiner Rolle als Guitar Hero Produzent, Songwriter und Sänger-Sidekick von Jugendfreund Gary Cherone. Viel zu tun, viel zu erzählen:

Hi Nuno schön, dass das geklappt hat. Ich freue mich sehr auf das Gespräch zu eurer neuen Platte.

Klar. Deswegen bin ich hier.

Jemand, der 2008 geboren worden ist, das Jahr in dem euer letztes Album "Saudades De Rock" erschienen ist, kann nun als Jugendlicher die neue Extreme-Platte "Six" entdecken. Es liegt eine lange Zeitspanne zwischen den beiden Platten. Warum hat es so lange gedauert und wie kommt es, dass ihr jetzt wieder in den Startlöchern steht?

Das ist eine gute Frage und ich bemühe mich um eine Antwort. Mein Ziel war es, Guns N' Roses mit "Chinese Democracy" zu toppen. Das ist uns geglückt (grinst). Scherz beiseite. Es ist recht einfach: Ich möchte keine Musik veröffentlichen, die ich nicht mag und die mich nicht überrascht. Diese Einstellung ist wirtschaftlich fatal und nicht gut für den Geldbeutel mit Blick auf Einkommen und Touren.

Wir hätten drei oder vier Alben in den vergangenen zehn Jahren veröffentlichen können. Bis vor vier Jahren hat mich die Musik jedoch nicht von den Socken gehauen. Wir planten bereits mit einem Release 2020. Wir wissen alle, woran das gescheitert ist. Aber es war alles für eine Veröffentlichung vorbereitet. Insofern reden wir von dreizehn Jahren und nicht von fünfzehn (lacht). Jetzt ist die Zeit. Das Ding ist fertig. Wir lieben die Songs. Wir haben musikalisch und textlich was zu sagen. Die Melodien und die Gitarrenarbeit setzen Ausrufezeichen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Jungs, die du bereits ewig kennst? Die vakanteste Position bei euch ist der Schlagzeughocker. Sonst sitzen Gary (Cherone, Sänger), Pat (Badger, Bass) und du seit jeher fest im Sattel. Ich könnte mir vorstellen, dass es Fluch und Segen zugleich ist, wenn man sich in- und auswendig kennt mit Blick auf die Fähigkeiten als Komponist und Gitarrist.

Ja, ich hasse sie alle. Und alle hassen mich (grinst). Aber eine Beziehung, die sowohl auf Liebe und Abneigung gründet, zeichnet alle Beziehungen zwischen Brüdern im Geiste aus. Aber wir haben es auch viel zu selten wertgeschätzt. Wir sind alle mittlerweile älter und sind aufgeregt und dankbar, das alles in unserem Alter noch umsetzen zu können. Allein die Tatsache, solch ein Rockalbum zustande zu bringen und es der Welt präsentieren zu können.

Wir würden natürlich mehr Musik zustande bringen, wenn wir uns geografisch gesehen in der Nähe bewegen würden. Aber so verhält es sich nicht. Die anderen Mitglieder leben auf der anderen Seite des Kontinents. Wir können nicht die ganze Zeit an neuer Musik arbeiten. Es ist somit eher eine Fernbeziehung. So funktioniert es ganz gut.

Es gibt auf "Six" eine Vielzahl an Kontrasten und eine Vielfalt an Stilen. Ein Song wie "Beautiful Girls" mit seinen Reggae-Vibes und dem Summer-Feeling unterscheidet sich stark vom elektronisch getriebenen und düster gezeichneten "Thicker Than Blood". Kaum zu glauben, dass beide Songs von derselben Band stammen.

Wenn dich das verwirrt, dann kannst du schwer ein Extreme-Fan sein. Denn die von dir angesprochenen Kontraste zeichnen uns aus. So arbeiten wir schon immer. Jedes Album präsentiert den Kram, den wir auf Biegen und Brechen umsetzen möchten. Wir möchten nicht irgendetwas sein oder uns einem Stil wie Rock zugehörig fühlen. Wir sind kreativ und neugierig und wenn sich etwas stark genug anfühlt, landet es auf dem Album.

Das kenne ich auch nicht anders von den Bands, die wir verehren. Wir klingen nicht wie Queen, aber deren Philosophie lautet, der zu sein, der man wirklich ist. Als AC/DC spielst du straighten Rock und das macht dich weder besser noch schlechter, sondern du tust einfach das, worauf du Bock hast. Ich erwarte von AC/DC nichts anderes, aber Queen sollten auch nicht AC/DC nacheifern (lacht). Als Extreme-Fan erwartet man immer das Unvorhergesehene. Das beste Album enthält die stärksten Songs, die in dem Bewusstsein entstanden sind, sich allen Erwartungen zu entledigen.

Ich mag den Stilmix sehr. Was mich zusätzlich beeindruckt, ist, dass ihr einerseits zugänglich klingt. Man kann den Songs zuhören und fühlt sich direkt mittendrin und wird von den Melodien und Hooks mitgerissen. Dazu gesellen sich komplexe Ebenen und Strukturen, die weit über die Standard-Pop-Schemata hinausgehen. Liegt darin eine Philosophie begründet, Schwieriges einfach wirken zu lassen?

Schau, damit beschäftige ich mich tagtäglich. Ob du nun in einer Rock-, Pop- oder Danceband spielst, erklingt immer das selbe Arrangement. Das ist seit hundert Jahren so. Der Ablauf lautet Strophe, Refrain, Bridge, und wenn du einen passenden Gitarristen in der Band hast, gibt es noch ein Solo obendrauf.

Es macht gar keinen großen Unterschied, in welchem Genre du dich bewegst. Am Ende des Tages spielen wir Kinderlieder für Erwachsene. Was uns von den Kids unterscheidet, ist der Inhalt der Lyrics. Und natürlich gibt es die Komplexität. Manche Bands sind technisch versiert, manche nicht. Bei einer guten Band entdeckst du immer wieder etwas Neues, je öfter du dir den Track anhörst.

Extreme blicken auf eine einflussreiche Vergangenheit zurück. Man denke nur an Alben wir "Pornograffitti" oder "Three Sides To Every Story". Wenn du einen Song wie "Beautiful Girls" schreibst, gehst du gedanklich zurück und lässt dich von deiner eigenen musikalischen Vita inspirieren? Der Track "King Of The Ladies" von "Saudades De Rock" hat zumindest ein ähnliches Thema. Beeinflusst dich das Zeug von damals in deiner aktuellen Arbeit?

Ich setze mich nicht zu einer bestimmten Uhrzeit hin und nehme mir vor, kreativ zu sein. Es geschieht spontan und aus Leidenschaft heraus. Ich nehme mir etwa nicht die Gitarre, um einem Auftrag nachzukommen. Manchmal liegt sie drei Monate in der Ecke, dann komme ich drei Monate lang nicht von ihr los. Manchmal erarbeite ich eine Idee am Synthesizer und manchmal am Piano. Der Prozess des Songwriting ist für alle Alben vergleichbar. Wir möchten nichts erzwingen oder als reine Arbeit ansehen. Wir schreiben, weil wir es lieben. Es basiert auf Gefühl, Inspiration und Experimenten.

Als ich die Platte zum ersten Mal gehört habe, war ich überrascht, wie heavy die ersten drei Songs einem förmlich ins Gesicht springen. Liegt darin eine Intention, dem Hörer klar zu machen, was Extreme 2023 darstellen? Und habt ihr die Songs bewusst so angeordnet?

Ich bin nur ein Songwriter und Gitarrist in einer Band. Es gibt keinen großen Plan, wie wir uns vermarkten und ob wir uns härter aufstellen. Als "Rise" als erste Single erschienen ist, wurden wir als Genies bezeichnet, da wir modern und zupackend klingen. Aber tun wir das wirklich? Ich bin mit den harten Bands meiner Generation aufgewachsen. Metallica etwa definieren für mich Härte. Das gleiche gilt für meine Vorliebe für Punkrock-Bands. Nicht bei uns ist kalkuliert. Das möchte ich klar stellen.

Ob wir uns nun im Jahr 2023, 2003 oder 1993 befinden. Eins ist klar: Viele vergleichbare Rockalben wie unseres gibt es heutzutage nicht. Die Tatsache, dass eine Band ein komplettes Album vorlegt, bei dem man die Kopfhörer aufsetzt und auf eine Reise mitgenommen wird, ist selten geworden. Es gibt eine Menge toller Bands. Betrachten wir meine Generation. Da gab es eine Menge Alben aus der Zeit mit Van Halen und Queen wie unseres heute, die alle von einem großen Entdeckergeist getrieben worden sind.

"Wenn "More Than Words" kein Hit geworden wäre, würde ich heute bei Burger King arbeiten."

Lass mal über Fluch und Segen eures Welthits "More Than Words" sprechen. Anfang der Neunziger hatte dieser Song durchaus etwas eigenes. Jeder hatte zu dieser Zeit bombastische Powerballaden am Start und ihr kommt mit dieser schlicht gehaltenen Akustik-Ballade um die Ecke, die musikalisch an die Sechziger und Siebziger und die Folk-Bewegung andockt. Du hast davon gesprochen, dass man das Unerwartete erwarten sollte, wenn man mit Extreme in Berührung kommt. Gleichzeitig schreien viele nach einer Wiederholung dieses Songs. Wie gehst du mit dieser Erwartungshaltung um?

Zunächst ist "More Than Words" ein Song aus der damaligen Zeit. Da geht es mir auch als Fan nicht anders. Nimm "Stairway To Heaven". Dieser Song entstand zu einer bestimmten Zeit und bildete zu diesem Zeitpunkt den Soundtrack deines Lebens. Er wird immer ein Teil von dir bleiben und nicht verschwinden.

Es fragen viele Leute, ob ich ein Problem mit "More Than Words" habe oder ein Fluch über diesem Track schwebt. Was soll daran verflucht sein, wenn das Lied um die Welt geht und Millionen Herzen berührt? Das gibt mir die Gelegenheit mehr zu touren, mehr Alben zu produzieren und meine Hypothek zu bezahlen, schlicht die Dinge zu tun, die wir lieben. Wenn "More Than Words" kein Hit geworden wäre, würde ich heute bei Burger King arbeiten.

Es mag sein, dass man davon satt ist. Aber ich liebe es, diesen Song zu performen. Es ist nicht mehr mein Song. Sobald die Songs herauskommen, gehören sie nicht mehr mir. Sie gehören dir und jedem, der Bock auf sie hat. Du ziehst Kinder groß, sie ziehen aus und leben ihr eigenes Leben. Ich denke mir bei "More Than Words" oft, dass ich mich selbst covere. Es ist ein Song, den ich vor langer Zeit geschrieben habe, der jedoch nicht mehr mir gehört.

Der Track "Hurricane" erinnert mich an Simon & Garfunkel. Und es klingt dermaßen rund, wie die Stimmen von Gary und dir miteinander harmonieren.

"Hurricane" ist ein sehr spezieller Song für mich. Wir spielen und kreieren neue Songs und kopieren nicht etwa immer wieder "More Than Words". Beide Songs unterscheiden sich stark und wurden jeweils zu ihrer Zeit erdacht. Ich schrieb "Hurricane" vor drei Jahren, als einer meiner besten Freunde in LA bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist. Ich befand mich gerade auf Tour und musste dann wieder zurück. Jeder kennt das Gefühl, einen geliebten Menschen zu verlieren, ob das ein Freund oder ein Mitglied deiner Familie ist. Deswegen ist der Song entstanden.

Mir ist es wichtig, dass man versteht, warum ein Song geschrieben worden ist, ob man ihn nun mag oder nicht. Ich habe den Song einigen Freunden vorgespielt, die ich selbst zu meinen Vorbildern an der Gitarre zähle wie Steve Vai oder Tom Morello. Auch der Erfinder von "Game Of Thrones" war am Start. Ich spielte ihnen das Album vor. Als wir bei diesem Song angelangt sind, änderte sich etwas in ihrem Blick und das ist genau das, was mir wichtig ist. "Six" generell und "Hurricane" im speziellen berühren, weil sie authentisch sind.

Du hast also die Platte anderen Könnern auf der Gitarre vorgespielt. Dann scheinst du mit ihnen in einem guten Kontakt zu stehen. Sowohl Morello als auch Vai haben einen vergleichbaren Ansatz, Soli zu bauen, da sie über einen unverwechselbaren Sound verfügen, technisch anspruchsvoll spielen, aber jeweils der Melodie und dem Song dienen.

Ich spiele immer für den jeweiligen Song. Wenn du einen positiven Uptempo-Track wie "Rise" nimmst, dann bist du automatisch in derselben Stimmung und lehnst dich mit deinen Soli an diese Grundhaltung an. Bei anderen Songs wie "Hurricane" passiert musikalisch gar nicht viel. Diese Lieder stehen und fallen mit der Aura, die sie umgibt und der Stimmung, die sie hervorrufen. Natürlich kannst du ein Solo auch zum Selbstzweck spielen, ohne Anbindung an die Band und den jeweiligen Song. Für mich ist es wichtiger, die Kultur des Song zu erspüren und mit der Band mitzuschwingen.

Wo du es gerade ansprichst. Die Soli folgen der Dynamik und dem Sound des jeweiligen Songs. "Thicker Than Blood" mit seinem elektronischen Vibe spendierst du ein sehr technisches, fast schon mechanisch klingendes Solo, wohingegen der Solospot im akustisch geprägten "Small Town Beautiful" mit einem Seventies- und Blues-Charakter aufwartet. Ich gehöre noch zu denen, die Gitarrensoli abfeiern.

Das weiß ich zu schätzen. Was du beschreibst, ist in der Tat die Idee hinter allem. Du kannst das Album unter den Kopfhörern als Ganzes genießen und dich in den Details verlieren oder im Auto fahren und einen Moment damit verbringen. In einer Generation, in der es nur um Playlists und einzelne Songs geht, hoffe ich dass einige Leute ihren Frieden mit uns haben und sich in das Album fallen lassen können und nicht nur einzelne Songs rauspicken.

Pat Badger oder du könnten von den Fähigkeiten her ebenfalls die Lead-Sänger sein, und nebenbei habt ihr die virtuosen Bass- und Gitarren-Parts. Kannst du uns einen Einblick in den Schreibprozess geben, wie ihr an diese Parts herangeht? Du sprachst davon, dass ihr nicht gerade in der Nähe wohnt.

Das Songwriting ist tatsächlich von der räumlichen Distanz beeinflusst. Wir schreiben aber nicht auf Distanz. Wenn ich mit Gary arbeite, schicken wir uns keine Mails, sondern er steigt ins Flugzeug und kommt in mein Homestudio. Das ganze Album ist hier entstanden. Die Jungs kommen einzeln oder gemeinsam und erledigen ihre Parts und sind kreativ. Dieses Album hat keine fünfzehn Jahre Netto-Zeit beansprucht. Es sind schließlich nur zwölf Songs. Es hat fünfzehn Jahre gedauert, das Teil herauszubringen.

Hätten wir fünfzehn Jahre an den Songs gearbeitet, wäre das den Songs nicht gut bekommen und ich wäre fix und fertig gewesen. Es war eigentlich wie bei den Vorgängern, nur dass wir dieses Mal kein Studio zur gleichen Zeit geentert haben. Wir haben einige Songs geschrieben, dann wiederum einige Monate Pause gehabt und das im Wechsel. Bei den Harmonien ist es so, dass wie immer bei Extreme die Melodien und Songs von mir stammen. Gary schreibt größtenteils die Texte.

Zudem unterstützen uns einige Kumpels, was wir auch in den Credits abbilden. Speziell ein befreundeter Gitarrist namens Jordan Ferraira hat uns bei "Rise", "Save Us" oder "X-Out" als Kreativ-Partner sehr unterstützt. Wir haben einfach die Köpfe zusammengesteckt und gar nicht an Extreme gedacht. Aber es ist sich sehr gut ausgegangen. Der externe Input hat uns dieses Mal gut getan.

"Natürlich beeinflusst mich die Arbeit mit Rihanna."

Textlich behandelt ihr im Track The Mask den Saint & Sinner-Dualismus, etwas was wohl jedem Menschen inne wohnt. Dieses Thema taucht öfter bei euch auf, am deutlichsten im Song "Evilangelist". Kannst du uns an deiner Faszination für diese Thematik teilhaben lassen?

Der Titel steht erstmal für sich wie eine Art Dokument. Wir sind nun mal alle Sünder und Heilige gleichermaßen. In der heutigen Zeit bewerten und urteilen wir ständig über unsere Mitmenschen, etwa auf Instagram, wo ständig gestritten, votiert oder eben geurteilt wird, was andere Leute getan und gesagt haben oder wofür sie eben stehen. Am Ende des Tages, wenn die Tür sich schließt, haben wir alle unsere Probleme und Themen, die uns beschäftigen. Ich mag keine selbstgerechten Menschen, die vorgeben, wer sie vermeintlich sind.

Vor längerer Zeit habe ich während meiner Beschäftigung mit asiatischer Philosophie, ich meine, es war eine japanische Strömung, gelesen, dass wir alle drei Gesichter oder eben Masken besitzen. Eine davon zeigen wir jederman und der ganzen Welt, so wie ich mich als Künstler jederman präsentiere. Die zweite Maske zeigen wir nur einem intimen und ausgewählten Kreis wie den Ehepartnern, den Kindern und den engsten Freunden.

Du fragst dich sicherlich, was nun die dritte Maske darstellt. Die behältst du ausschließlich für dich selbst. Die bekommt niemand zu Gesicht. Es bedeutet, dass wir alle unsere Geheimnisse und wahren Gedanken mit uns rumtragen. Manchmal brennt es uns auf der Zunge, aber man verkneift es sich selbst seinem engsten Kreis gegenüber. Das ist dein wahres Selbst. Das möchtest du keinem zeigen. Wenn du nun jemanden hast, der in der Öffentlichkeit abwertend über einen anderen spricht, ob er nun im Recht ist oder nicht, dann musst du dir im klaren sein, dass auch dieser Mensch etwas zu verbergen hat.

Du bist ja auch der Produzent der Platte. Gary klingt dieses Mal richtig fantastisch. Es wirkt als würde er mit seinem gesamten Körper singen. Wie kriegst du es hin, deinen Freund und Bandkollegen zu solch einer eindrucksvollen Vocal-Performance zu pushen?

Er mag es nicht wirklich (grinst). Um ehrlich zu sein, ist das Garys bestes Album wie ich finde. Jedem der mich fragt, ob meine Gitarrenarbeit das Charakteristikum der neuen Platte ist, antworte ich, dass es Garys Album ist. Er hat sein Level nochmals gesteigert und liefert mit über sechzig eine unglaubliche Leistung ab. Ich habe ihn natürlich emotional herausgefordert, um sicherzustellen, dass alles, worüber wir reden und singen, auch adäquat Ausdruck findet.

Seit 2009 begleitest du Rihanna auf der Bühne und als Session-Gitarrist. Du hast in diesem Jahr vor einem Millionen-Publikum in der Halbzeit-Show des Super Bowls mit ihr gespielt. Wie beeinflusst der Pop-Kontext, in dem Rihanna angesiedelt ist, deinen eigenen Schreibprozess, oder gibt es da keine Verbindung?

Ich bin davon überzeugt, dass du von allem was du hörst und tust beeinflusst wirst. Selbst wenn du in ein Taxi steigst und es läuft Britney Spears, ob du es nun gut findest oder nicht, dann nimmst du den Song in dir auf und lässt ihn auf dich wirken. Ob du nun Rock, Pop, Jazz, Rap, Disco oder was auch immer hörst, dann hast du keine Wahl: du bist, was du isst.

Natürlich beeinflusst mich die Arbeit mit Rihanna und die Live-Sachen mit ihren grandiosen Musikern. Wie genau, kann ich gar nicht sagen oder ob man es auf unserem neuen Album registriert. Ich möchte damit nicht sagen, dass mich ihre Musik direkt beeinflusst, aber sicher wirkt sie sich auf einer anderen Ebene aus. Wenn du mich beim Super Bowl gesehen hast, dann musst du sehr aufmerksam geschaut haben. Ich war vielleicht für ein paar Sekunden zu sehen. Beim nächsten Mal vielleicht ein wenig länger (lacht).

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Extreme

Obwohl Extreme in den 90er Jahren (ungerechtfertigterweise) als üble Posertruppe bezeichnet werden, muss man doch mindestens dreien der Mitglieder Respekt …

Noch keine Kommentare