Auch wenn Folk als Begriff aus dem Englischen stammt und Volk bedeutet, sollte Folkmusik nicht mit Volksmusik übersetzt werden. Folk hat einen ganz anderen Stellenwert und meint etwas komplett anderes als Volksmusik oder gar volkstümliche Musik. Das, was in Deutschland als Volksmusik produziert wird, propagiert gerne eine heile Welt mit bürgerlichen Werten und grenzt sich deutlich vom hier gemeinten Folkmusik-Verständnis ab.

Ursprünglich leitet sich die Bezeichnung Folk aus Folklore (engl. Lore = Überlieferung) ab. Im Sinne der Volkskunde umfasst Folklore die mündlich tradierten Überlieferungen (Erzählungen, Märchen, Fabeln, Geschichten) eines Volkes. Die Genrebezeichnung Folk beschreibt dementsprechend Musik, die ihren Ausgangspunkt in der traditionellen Volksmusik der jeweiligen Länder hat. Oder wie es Anonymous einst formulierte: "A folksinger is an intellectual who sings songs that nobody ever wrote."

In den USA wird Folk eher mit einer politischen Werthaltung verbunden, mit dem links-orientierten Tramp, dem sogenannten "Hobo", einem durchs Land ziehenden bärtigen Gesellen, wie Folk-Legende Woody Guthrie ihn durch seine Biographie weltberühmt machte. In Europa folgt das Wiederentdecken der eigenen musikalischen Traditionen keiner politischen Motivation. Dies verdeutlicht anschaulich der Irish Folk, der sich seltenst politisch engagiert.

In Amerika ist der Folk die Musik schottischer, irischer, osteuropäischer, jüdischer und auch afrikanischer Einwanderer, die die Rhythmen und die Melodien aus ihren Herkunftsländern mitbringen. Auf dem neuen Kontinent beginnen sich die Stile jedoch sehr schnell zu vermischen. Gerade im Einwanderer-Land USA fällt es daher schwer, von einem 'reinen' Folk zu sprechen.

Ein schönes wie auch kurioses Beispiel dieser Vermischung findet sich in der Cajun-Musik, benannt nach den Cajuns - französische Siedler, die sich vorwiegend in Louisiana niederließen. Ihr Dialekt setzt sich aus altmodischem Französisch, Englisch, Spanisch und Indianersprachen zusammen. Diese Mixtur findet sich auch in der von Akkordeon, Fiedel, Löffeln und Gitarren begleiteten Musik wieder, dem die farbige Bevölkerung noch einmal eine ganz besondere Note verpasste: Deren Musik, der Zydeco, verbindet Cajun und Blues.

Seit den 1950er Jahren, der Blütezeit von Pete Seeger, Woody Guthrie und den Weavers, gilt Folk als Sprachrohr der Linken. Guthrie und Seeger bezeichnen sich selbst als Sozialisten und setzen sich in ihren Songs für Außenseiter und Unterdrückte aller Art ein. Guthrie schreibt Kolumnen für linke Zeitungen, Seeger tritt auf diversen Gewerkschafts-Veranstaltungen auf. Beide haben in den 50ern unter dem republikanischen Senator McCarthy zu leiden, der zwischen 1950 und 1954 den Senatsausschuss zur Untersuchung 'unamerikanischer Umtriebe' leitet - eine Abteilung, die regelrecht zur Kommunistenjagd im Land aufrief. Aus diesem Grund werden die Platten von Seeger und Guthrie zeitweise vom Markt genommen. Das Protest-Image, dass dem Folk dank dieser Vorreiter anhaftet, sollte bei kommenden Generationen Bestand haben.

In dieser Zeit wird auch der afro-amerikanische Schauspieler und Sänger Harry Belafonte - wenn auch thematisch zurückhaltender - durch seine Versionen karibischer Volkslieder zum Star.

Der Folk als musikalische Stilrichtung steht in engem Zusammenhang mit gesellschaftlichen Umbrüchen in den USA. Das Augenmerk der American Folk-Bewegung liegt dabei auf den politischen und sozialen Problemen dieser Zeit. In den 60ern entwickelt sich die Bürgerrechtsbewegung und die Anti-Vietnamkriegsbewegung, seit circa 1970 die Frauenrechtsbewegung, Diese Themen werden aufgegriffen und reflektiert in Liedern wiedergegeben - Musik als Medium für Sozialkritik.

Bis heute wird American Folk mit einem linken und liberalen Weltbild in Verbindung gebracht. Aber nicht nur in Amerika bildet sich zu jener Zeit eine Folkszene aus. Auch Deutschland erlebt in den 1950er und 1960er Jahren eine Welle von Liedermachern, die in der Tradition eines Guthrie und Seeger stehen, darunter Hannes Wader, Hein und Oss, Walter Mossman und Franz-Josef Degenhardt. Wenn man denn Parallelen zum US-Folk ziehen will, dann wird man am ehesten hier fündig.

Später machen in Deutschland Bands wie Ougenweide und Zupfgeigenhansel auf sich aufmerksam, aber auch in England, Irland, Skandinavien, dem Balkan und Frankreich besinnt man sich der eigenen Traditionen und verhilft dem Folkrock zu einem regelrechten Boom - vorgetragen mit typischen Instrumenten wie Mundharmonika, Flöte, Fiedel oder dem Dudelsack. Der europäische Folk bildet in diesem Zusammenhang eine eigene Identität aus, die bis heute Bestand hat, auch wenn sich Folkmusik heutzutage in vielfältigsten Zusammenhängen als popmusikalischer Mainstream offenbart.

Der American Folk lässt sich trotz seiner politischen Positionierung nicht generell vor den Karren von linken Gewerkschaften, Parteien oder Ideologien spannen. Als es im Amerika der 60er zu einer neuen Folkwelle (Joan Baez, Donovan, Melanie etc.) kommt, schert ausgerechnet deren berühmtester Newcomer aus und verabschiedet sich vom klassischen Protestsong. Wer Botschaften habe, so sagte Bob Dylan scherzhaft in einem Interview, der solle keine Musik spielen, sondern sich an ein Telegraphenamt wenden. Ab Mitte der 60er experimentiert Dylan in seinen Texten mit den unterschiedlichsten lyrischen Stilen. Er vermischt gesellschaftliche und private Themen, Traum und Realität, Dokumentarisches und Surreales. Musik ist für ihn nicht mehr nur Ausdruck des guten und reinen Gewissens, sondern verkörpert nun vielmehr die eigene Künstler- und Bohéme-Existenz in all ihren bewusst gelebten Widersprüchen.

Wenn man die Szene der Singer und Songwriter in Amerika betrachtet, fällt auf, dass die verschiedensten Ansätze - vom Protestsong über Antifolk bis zum eigenweltlichen Sprach-Kosmos - koexistieren (z. B. Adam Green, Sufjan Stevens, Conor Oberst, Ray LaMontagne). Bemerkenswert ist jedoch, dass es durch die reaktionäre Politik unter George W. Bush zu einer Renaissance des Protestsongs kommt, nachzuhören bei Ani DiFranco, den Creekdippers, Bruce Springsteen, Neil Young oder Steve Earle. Musiker wie Adam Green bevorzugen dem gegenüber den assoziativen, literarischen Stil eines Bob Dylan, wenn auch auf originelle, cartoonhafte Weise. Andere wiederum - darunter Bands wie Lambchop, Bonnie "Prince" Billy oder Calexico - ziehen die narrative Form vor. Sie erzählen Geschichten, die von Einzelschicksalen handeln, über die sich Politisches mit Privatem verbindet.

Auch stilistisch ist das Genre Folk nicht mehr eindeutig einzugrenzen. Seit Bob Dylan 1965 auf dem "Newport Folk Festival" mit E-Gitarre und Bandbegleitung auftritt, geht die Gleichung von Folk und akustischen Instrumenten nicht mehr auf. Der Folk lässt sich nicht vereinnahmen. Die Übergänge zwischen Folk und Rockmusik sind schon seit langem fließend geworden. Dasselbe gilt für Folk und Punk, wobei der letztere natürlich nur eine Spielart der Rockmusik ist. Elemente der Folkmusik leben auch in anderen Stilrichtungen fort, wie z.B. im Alternative Country, dem sich Bands wie Okkervil River, Granfalloon Bus oder Victoria Williams zuordnen lassen.