laut.de-Kritik
Seiner Stimme konnten die Drogen wenig anhaben.
Review von Manuel BergerSehnsüchtige Streicher erfüllen die Luft, die Harfe verabschiedet einen glockenähnlichen Akkord, Hörner streben zum Himmel, George Michael und sphärische Gitarrenarpeggios treten hervor. Auf dem zurecht "Symphonica" betitelten Livealbum spendiert der Sänger sowohl eigenen als auch den Songs anderer Künstler ein orchestrales Gewand.
"I think it's over" schmachtet Michael in "Through". Zum einen meint er damit wohl die achtjährige Releasepause seit der Best-Of "Twenty Five". Zum anderen vielleicht die Eskapaden des zurückliegenden Jahrzehnts. Schließlich zeigte sich der Brite zuletzt geläutert und beteuert, seit achtzehn Monaten clean zu sein.
Wie dem auch sei, seiner Stimme konnten die Drogen wenig anhaben: Die klingt immer noch überraschend jugendlich und frisch. Michael Bublé könnte sich da beispielsweise tatsächlich eine Scheibe abschneiden. Auf Speedfistelattacken wie "Faith" verzichtet Michael dann allerdings doch, was der symphonischen Wohlfühl-Stimmung geschuldet sein mag.
Denn entspannter Soul bestimmt die Atmosphäre, durchsetzt von dem ein oder anderen swingenden Hüftwackler. Eigene Lieder wie "Praying For Time" und "Cowboys And Angels" gesellen sich zum Whoopee!-Klassiker "My Baby Just Cares For Me". Die Coverversionen ergänzen das Set erstaunlich homogen. Wüsste man es nicht besser, käme man nicht darauf, dass sie im Original von Elton John ("Idol"), Johnny Mathis ("Wild Is The Wind") und Terence Trent D'Arby ("Let Her Down Easy") stammen.
Alle Songs nahm der Sänger während der "Symphonica"-Tour 2011 auf. Zum Teil beim Konzert in der Royal Albert Hall, größtenteils jedoch in den ebenfalls in London befindlichen Air Studios. Unterstützt vom Symphonica Air Orchestra verleiht er den Liedern tatsächlich neuen Glanz. Insbesondere "John And Elvis Are Dead" vom "Patience"-Album steht das neue Outfit hervorragend.
Trotzdem erfindet sich Michael natürlich nicht neu. Er bleibt immer noch derselbe Softie, als der er in den Achtzigern erfolgreich wurde. Das passt zum romantischen Candlelight-Dinner - und stellt die Fans bis zum nächsten Studioalbum zufrieden, mehr aber unterm Strich auch nicht.
"Symphonica" punktet letztendlich aufgrund der gelungenen Songauswahl und der nach wie vor beeindruckenden stimmlichen Konstanz des Hauptdarstellers. Und man nimmt ihm die Leidenschaft für seine Musik nach all den Jahren tatsächlich noch ab.
6 Kommentare mit 5 Antworten
*hüstel* *hüstel*
"Wild Is The Wind" - Johnny Mathis ist das Original, nicht David Bowie ...
Gruß
Skywise
Stimmt, danke. Wieder was gelernt
Er wäre ein super Ersatz für Freddie Mercury gewesen ...
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
Somebody To Love hat er perfekt gesunden. Zu den rockigen Stücken hätte er halt nicht gepasst. Aber hunderttausendmal besser als das, was Queen mit Paul Rodgers auf die Beine gestellt haben. Wegen seiner ersten drei Soloplatten werde George Michael zudem immer heimlich feiern. Was aber in den letzten knapp 20 Jahren kam, war schon ziemlich mager. Schade.
Immernoch einer der Größten seines Fachs. Ein gutes Studioalbum wäre jedoch auch mal wieder was. Patience war eher duchschnittlich...
87 war faith eine meiner ersten eigenen vinyls. fand ich toll damals. rückblickend noch ok, seitdem habe ich mich nie wieder wirklich für george michael interessiert. nie zu vergessen das grandiose video mit den damaligen topmodels, welcher song war das noch?
"Freedom '90".
Gruß
Skywise
genau, supersong, supervideo. danke!
Und warum ist Last Cristmas denn nicht druff ? Ist Doch bald schon wieder April
Superb!