laut.de-Kritik

Zum Vorspiel dürfte dieses Album kaum verleiten.

Review von

Gilbert O'Sullivan ist ein Mann vieler Worte - zumindest wenn es darum geht, Lieder zu schreiben. Dieser CD mit dem Titel "Klavier-Vorspiel" ist ein Extrabooklet beigefügt, in dem nicht nur alle Texte, sondern auch nicht verwendete Verse abgedruckt sind.

Es handelt sich also um ein Album mit künstlerischem Anspruch, was auch an O'Sullivans Branduardi-ähnlicher Frisur abzulesen ist. Während er mit warmer Stimme vom Leben erzählt, sorgen Klavier, Kontrabass, dudelnde Gitarren und Schlagzeug für eine entspannte Stimmung zwischen Folk und Jazz. Zumindest an den besseren Stellen, denn anderswo hört sich die Kombination eher nach seichter Pianobarmucke an.

Mit "Es regnet nicht, sondern es gießt nur" geht es los. "Du bist auf einer Banane ausgerutscht, nachdem du die Schale gegessen hast. Wie konntest du so blöd sein, es stand doch ein Abfalleimer dort, in die du sie werfen konntest" heißt es gleich am Anfang. "Wenn du Lust auf etwas Romantisches hast, habe ich dir einen guten Tipp: verzichte auf Füllworte. Männer sollten es vielleicht ab und zu mit Blumen versuchen", wenig später. Kein Wunder, dass es "nicht einfach ist, eine Romanze zu finden, du hast vielleicht sogar das Gefühl, kein Boden unter den Füßen zu haben. Aber gib nicht auf, versuche es, nichts auf dieser Welt ist sicher. Lass dich nicht verunsichern, denke positiv", trägt er in "Make My Day" vor.

Bei all dem Geschwall lässt sich O'Sullivan gelegentlich auch etwas Lustiges einfallen. So beziehen sich "Unterhaltungen Mit Fliegenden Untertassen" nicht auf bedenkliches Verhalten eines wirren Menschen, sondern auf einen handfesten Streit mit seiner Frau. "Es ist egal, wo sie hinfliegt, Hauptsache, sie ist schnell. Du erkennst deine Lieblingsporzellantasse, während sie an dir vorbeizischt" singt er nicht ohne Humor. Nur um wenig später zu beteuern, dass "du die Liebe meines Lebens bist. Es ist auf meine Brust gestickt. Jedes Mal, wenn wir streiten, bedecke ich es mit einer Weste".

Liebe mit ihren Verstrickungen nimmt einen guten Teil des Albums ein. Es fehlen aber nicht kurze Geschichten in der dritten Person ("Parrish") oder sozialkritische Gedanken, wie beim erstochenen, halbnackten Mädchen in "What's It All Supposed To Mean" oder dem fast schon marxistisch anmutenden "World Of Work". "Von der Krippe bis zum Grab, von heute bis zu damals in den Höhlen, ist das, was wir die meiste Zeit in unserem Leben versuchen, zu überleben", lautet seine tiefgründige letzte Erkenntnis.

Viele Worte für eine stereotype Äußerung, die genauso sinnentleert ausfällt wie das dämliche Cover und der rätselhafte Namen - denn zum Vorspiel dürfte dieses Album kaum jemanden verleiten.

Trackliste

  1. 1. It Never Rains But It Pours
  2. 2. Barking Up The Wrong Tree (Such Is Life)
  3. 3. Make My Day
  4. 4. God Forbid
  5. 5. Conversation With Flying Plates
  6. 6. I Gave Mine To You
  7. 7. A Love So
  8. 8. You Me And The Garden Post
  9. 9. Parrish
  10. 10. What's It All Supposed To Mean?
  11. 11. Answers On A Postcard (Please)
  12. 12. Will I Do
  13. 13. World Of Work

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