laut.de-Kritik

Geheimnisvoll, sexy, kratzbürstig ...

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Der pumpenschwache Goldfrapp-Fan könnte beim Blick aufs Cover schon einen mittelschweren Herzkasper bekommen. Geheimnisvoll, sexy, kratzbürstig sind die Attribute, die man Alison Goldfrapp ans Revers heften könnte, hätte sie denn auf dem Bild eines. So bleibt nur ... äh lassen wir das.

Die Markenzeichen des Duos Goldfrapp-Gregory verschieben sich mit Album Nummer drei ein wenig weiter Richtung Elektronik. Die beiden haben ihre Sequenzer, Synthesizer und Drum-Machines richtig lieb gewonnen. Der verstärkte Einsatz synthetischer Klänge lässt sterileren Soundkosmos erwarten. Dem ist aber nicht so. Gut, Keyboardflächen, Distort-Gitarren sowie verzerrte Klang-Gimmicks könnten problemlos Bestandteil eines beliebigen EBM-Albums sein. Goldfrapp wären jedoch nicht selbige, wenn sie daraus nicht ein Stück Musik zurecht pfriemeln würden, das ganz eindeutig ihren Stempel trägt.

Zwischen Industrial-Anleihen schmuggeln sich Streicher, romantische Melodien und immer wieder Alisons flehende, hauchende Stimme, die auch gerne in divenhafte Gefilde abdriftet, die die ganze Vielfalt der Ausdruckskraft der Dame offenbart. Das kongeniale Zusammenspiel der beiden Kreativköpfe nimmt mittlerweile beängstigende Ausmaße an. Doppelpass par excellence. Gregory wirft einen instrumentellen Ball nach dem anderen ins Spiel, den Goldfrapp mit spielender Leichtigkeit volley im Winkel versenkt.

Beispiel "Satin Chic". Was der Track nicht bereits im Titel verspricht, knallen sie dem Hörer mit einer gnadenlosen Vehemenz in die verdattert dreinblickende Fratze. In ein seltsames Intro im Hoppelpoppel-Rhythmus steigt bald eine furztrockene Bassdrum ein. Elektro-Polka mit Honkytonk-Piano. Geht nicht? Überzeugt euch selbst. In der Uptempo-Region ist das definitiv das Beste, was bislang aus dem Hause der Briten drang. Da kann das eher Platte und seltsamerweise als erste Single ausgekoppelte "Ooh La La" - trotz schlüpfrigem Text - einpacken. Bilder von frivolen Revue-Shows mit nackten Pipis und Popos drängen sich auf, wenn ultrasonische Klangmalereien im Hintergrund am Hypotalamus zwirbeln.

Drei ruhigere Stücke lockern das Album genau um die Portion auf, die verhindert, dass der Schädel raucht. "Number 1a" könnte geradewegs vom Gefühlten Berg herabgestiegen sein. Sie haben es nicht verlernt. Das Schreiben verführerischer Epen funktioniert nach wie vor auch auf softerer Ebene. Während die Nummer 1a noch klar einen Bezugspunkt zum Debüt herstellt, schlagen "Let It Take You" und "You Never Know" die Brücke zu den synthetischeren Goldfrapp des Jahres 2005.

Dazwischen schmiegen sich Song-Granaten, die keinen einzigen Ausfall verzeichnen. Das Spielen mit den Gegensätzen scheint ihnen Spaß zu bereiten. Alison haucht mit Sex in der Stimme zu "Ride A White Horse", über ungewohnte, disharmonisch scheinende Gitarren-Samples. Im Ergebnis löst sich alles in einem wunderbar heterogenen Soundcocktail auf. "Fly Me Away" geistert als hübsches Zwitterwesen durch die Trackliste. Aufgrund eines flotteren Tempos geht der Song nicht als Ballade durch, schnuckelt sich aber dank eines verträumten Melodiesports ganz nahe an diese Bezeichnung heran.

Der Hut, aus dem das Duo seine Ideen hervor zaubert, muss mittlerweile die Ausmaße des Lochs des südafrikanischen Kimberley umfassen. Da ist mit Sicherheit noch Platz für Songs, die auf künftigen Alben Platz haben.

Trackliste

  1. 1. Ooh La La
  2. 2. Lovely 2 C U
  3. 3. Ride A White Horse
  4. 4. You Never Know
  5. 5. Let It Take You
  6. 6. Fly Me Away
  7. 7. Slide In
  8. 8. Koko
  9. 9. Satin Chic
  10. 10. Time Out From The World
  11. 11. Number 1a

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