laut.de-Kritik

Im rabenschwarzen Trip Hop-Keller gedeiht der Soul.

Review von

"Grace Jones veröffentlicht ein neues Album!" Das hörte sich vor geraumer Zeit noch an wie "Chinese Democracy" light. Doch sieh an, sie hat es tatsächlich getan. Ohne großes Klimbim erscheint "Hurricane". Klar darf man spekulieren, wer ein Album der Diva heute noch braucht, schließlich liegen ihre großen Erfolge und Hits über zwei Dekaden zurück. Aber die Frage, wer, oder wieviele auf "Hurricane" gewartet haben, dürften mit Erscheinen des Albums obsolet sein.

Was Frau Jones hier nämlich auf knapp 50 Minuten loslässt, ist im Gestus, Sound und Selbstverständnis mit einer flächendeckenden augenzwinkernden Arroganz gepflastert, die man einfach lieben muss: "Pleased to meet you, pleased to have you on my plate, your meat is sweet to me ...", gibt Grace Auskunft über ihr Essverhalten und bestätigt das Klischee des manischen Psychos, das sie im Booklet zur Scheibe satirisch veralbert. Dafür wurde sie in bunten Schutzanzügen abgelichtet und begutachtet Schokoladenausgaben ihrer selbst. Qualitätsmanagement made by Grace Jones.

Auch ohne die Infos, wer hier alles seine Finger im Spiel hatte, wartet "Hurricane" mit Sounds und Arrangements auf, die weder angestaubt noch langweilig erscheinen. Der Gedanke, dass da einiges nach den frühen Massive Attack oder Tricky klingt, bestätigt der Blick ins Booklet. Neben dem dauerbedröhnten Briten, den man hier tatsächlich hört, wirkte eine exquisite Mannschaft an der Entstehung mit, unter anderem Sly & Robbie sowie Brian Eno.

Was sie nach 19 Jahren aus dem Ärmel zieht, klingt äußerst abwechslungsreich. Düster und bedrohlich steigt Jones in den Momenten in den rabenschwarzen und rauchigen Keller hinab, in denen sie die schleppende Rhythmik des Trip Hop zitiert ("Corporate Cannibal") oder an Endachtziger New Wave angelehnte Sounds herum flimmern lässt ("Hurricane").

Das reine Zelebrieren einer septischen Coolness ist ihre Sache jedoch nicht. Als Kontrapunkt zu einem im Neonlicht blinkenden Sound schummelt sie aufmunternden Reggae dazwischen oder erschafft ausufernde Gospel-Orgien. "William's Blood" besitzt wohl am meisten Entwicklungspotenzial. Zu Beginn geriert sich das Stück noch als harmloses Pop-Fetzchen, ehe Grace gegen Ende die dicken Chöre auspackt, die flankiert von verzerrten Gitarren-Riffs immer monströser in den Himmel wachsen: That's Soul!

Grace Jones hat ein neues Album veröffentlicht? Geil!

Trackliste

  1. 1. This Is
  2. 2. Williams' Blood
  3. 3. Corporate Cannibal
  4. 4. I'm Crying (Mother's Tears)
  5. 5. Well Well Well
  6. 6. Hurricane
  7. 7. Love You To Life
  8. 8. Sunset Sunrise
  9. 9. Devil In My Life

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34 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Wie??? Sie macht kein von Timabaland produziertes RnB Album? Na sowas. Ich bin enttäuscht.

  • Vor 15 Jahren

    ja da ist sie wieder,
    die androgyne !
    die männermordende,
    herrgott wie lange ist das her.
    zu pull up to the bumper wurden die hüften bewegt,
    zu walking in the rain, musst man den bass runterdrehen , weil man angst hatte die membranen fliegen einem um die ohren.
    das video zu libertango war ein einziger hingucker , warm leathere ist kunstvoll.
    jetzt nach knapp 17 jahren, ist sie da , das neue album.
    comeback kommen u gehen ,
    auf einige kann man verzichten ,
    aber dieses hier ist unverzichtbar.
    ein stelldichein
    der produzenteam der ersten sahne konnte hier doch kaum etwas falsch machen, wenn man sich mit grace jones beschäftigt hat.
    früher machte sie es mit sly & robby und trevor horn ,
    heute schnappt sie sich die es bei ihr am besten können. --- grins , wie zweideutig.-
    rundherum gelungenes album u zurecht album des monats.!!

  • Vor 15 Jahren

    Ich habe den Film neuliche wieder gesehen. :hangover:

    Das Album ist gar nicht mal mies...

  • Vor 14 Jahren

    Hi,
    habe mir das Album letzte Woche gekauft und seitdem zig-mal rauf und runter gehört. War allerdings auch schon vor 20 Jahren ein absoluter Grace Jones-Fan (hab noch LPs von ihr zu Hause ;-)). Was nicht heißt, das ich wirklich alles super finde. Aber mit "Hurricane", sprich dem Album, hat sie einen echten Hit gelandet und damit wirklich manchem so genannten auch selbst ernannten Pop-Star gezeigt, wo der Hammer hängt.

  • Vor 14 Jahren

    Die Platte nenne ich mal genial, zeitlos sowieso und nicht hinter ihrer Zeit. Sie verbindet tolle Songs, mit wahnsinnig guter Produktion und trotzdem erkennt man sie wieder!

    Respekt vor einem solchen Spätwerk!