laut.de-Kritik

Von wegen Grizzly! Bestenfalls Waschbär.

Review von

Nicht immer erinnert man die Träume der vergangenen Nacht. Ähnlich verhält es sich mit dieser Platte, die zwar von einer träumerischen Stimmung beseelt ist, von der aber allzu wenig hängen bleibt. Und das selbst nach einem Dutzend Durchläufen. Keine Ohrwürmer, zu psychedelisch, zu verhalten. Freilich verstehen sich Grizzly Bear auf mehrstimmige Gesangsharmonien wie kaum jemand, zitieren die in Brooklyn ja nicht ganz unbekannten Beach Boys, lassen dabei aber Spannungsmomente vermissen.

Manchmal da möchte man den Herren einfach in ihren Bärenhintern treten. Von wegen Grizzly! Bestenfalls Waschbär. Verhalten ist wohl das richtige Wort, um die Atmosphäre dieser nach einer kleinen Insel bei Cape Cod benannten Platte zu beschreiben.

Da fehlen die Momente der Begeisterung, der Ekstase, wie man sie etwa bei den Kollegen von Yeasayer oder Animal Collective zuletzt zuhauf goutierte. Auch nach catchy Melodien sucht man (fast) vergebens. Schon klar: darum geht es dem Quartet gar nicht. Stattdessen will man Sounds, Stimmungen, Harmonien erzeugen. Trotzdem ist ja gegen eine nette Melodie hie und da ja eigentlich nichts einzuwenden.

Vielleicht klingt der Elektrofolk live etwas vitaler, weniger verdöst. In ihrer Heimat Brooklyn sollen die Bärchen unlängst ein ganzes Opernhaus zu Ovationen hingerissen haben. Wenn auch unterstützt von einem Symphonieorchester. Das größte Kompliment, das einem zu dieser Scheibe einfällt: zeitlose Musik. Dazu kommt, dass auch die Songtitel nicht gerade vor Originalität sprudeln: "Two Weeks", "All We Ask", "Ready, Able", "I Live With You".

Da machen auch die Streicher-Arrangements des Komponisten Nico Muhly und ein Kinderchor nicht viel wett. Die handgefertigte Coverkunst ist so sympathisch wie nichtssagend. Eine größere, über die Musik hinausweisende Idee, geht "Veckatimest" ab. Ähnliches ließ sich übrigens schon über "In Ear Park" von Department of Eagles sagen, die 2008 veröffentlichte Scheibe des Nebenprojekts von Daniel Rossen, Grizzly Bears Sänger und Gitarrist.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Dies ist keine schlechte Platte. Die Virtuosität und Musikalität über die Grizzly Bear ohne Zweifel verfügen, wird man in deutschen Landen lange suchen. Nur leider kommt der Bär ein wenig lendenlahm daher.

Trackliste

  1. 1. Southern Point
  2. 2. Two Weeks
  3. 3. All We Ask
  4. 4. Fine For Now
  5. 5. Cheerleader
  6. 6. Dory
  7. 7. Ready, Able
  8. 8. About Face
  9. 9. Hold Still
  10. 10. While You Wait For The Others
  11. 11. I Live With You
  12. 12. Foreground

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13 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    eines der Alben des Jahres, steht jetzt schon fest.

    hier noch meine Begeisterung in etwas ausführlichere Worte gefasst:
    http://www.exitmusic.ch/rezensionen/neuers…

  • Vor 14 Jahren

    muss ich mir jetzt auch mal kaufen. :sweat:

    :kaffee:

    mit sicherheit eines der top-alben des jahres.

  • Vor 4 Jahren

    Herrlich, wenn ich die Review 10 Jahre später lese, muss ich schmunzeln und darüber lachen, dass ich damals nahezu jede neue Musik über laut entdeckt habe und mir die Scheibe trotz dieser amüsanten Review geholt habe und sogar viele Freunde damit infizieren konnte. In einer einzigen Sache hatte Herr von Viereck dann aber doch Recht: Die Platte ist tatsächlich Zeitlos. Ihr dichtestes, ausufernd melancholischstes Werk, das schon beim Betrachten des Covers eine wohlige Wärme abstrahlt.
    Das Erkennen der Zeitlosigkeit der Platte ist insofern schon eine ziemliche Leistung...

    Man kann hier sehr schön erkennen, worauf es bei Musik wirklich ankommt.