laut.de-Kritik

Blaupause einer gelungenen Melange aus Indie, Rock und Folk.

Review von

Der äußere Schein muss nicht immer trügen. "In Field And Town" klingt haargenau so, wie es das Albumcover verspricht. Das Foto zeigt vermutlich ein Wohnzimmer oder Heimstudio irgendwo in Toronto. Dieser Raum, in dem Hayden Desser heimlich, still und leise in Eigenregie seinen Longplayer aufnahm, ist in warmes Schummerlicht getaucht und vermittelt mit seinen erdigen Farbtönen eine angenehm heimelige Atmosphäre.

Nebst Drumset, diversen Akustikgitarren, Verstärkern und Mikrofonstativen schmücken zahlreiche bildliche Verweise auf Flora und Fauna das schlichte Interieur. Ein ausgestopfter Rehkopf, eine kleine Pferdeplastik, ein Wandteppich samt Wildmotiv und eine Waldlandschaft auf Tapete zeugen von der Naturverbundenheit des Bewohners. Es gibt wahrlich undankbarere Aufgaben, als anhand der Ikonographie dieser Abbildung auf die Musik zu schließen, die in diesem kleinen, gemütlichen Zimmer konserviert wurde.

Hayden präsentiert uns mit diesem Album schlicht und ergreifend die Blaupause einer gelungenen Melange aus Indie, Rock und Folk. Man hört, dass er die gute, alte Songwritingschule durchlaufen hat. Der Multiinstrumentalist drückte als Pennäler vermutlich am liebsten die allerletzte Schulbank, ganz der eigenbrötlerische, unanagepasste und etwas verschrobene Kauz vom Schlage eines Nick Drake, Neil Young oder Will Oldham a.k.a. Bonnie 'Prince' Billy -seine Brüder im Geiste. Zumindest lässt seine Musik aufgrund ihrer Fragilität, Poesie und Melancholie diesen Analogieschluss zu.

Affairs Of The Heart heißt das Label, auf dem das neue Album des Liedermachers hierzulande erscheint. Der Name könnte passender nicht gewählt sein. Sobald der Titeltrack "In Field And Town" den fünften Tonträger des Kanadiers eröffnet, hört man, dass ihm diese organische, erdverbundene und zeitlose Musik eine echte Herzensangelegenheit ist. Diese Platte klingt bereits nach wenigen Minuten seltsam vertraut, als hätte man sie vor langer, langer Zeit schon einmal gehört.

Es wäre müßig, irgendeinen der elf Albumtracks isoliert hervorzuheben. Sie sind alle aus dem selben Holz geschnitzt und ergeben vor allem in der Summe das große, harmonische Ganze. Belebende Variation findet allenthalben in der Wahl der Instrumentierung sowie des Tempos statt. Meist sind die Stücke elegant aufs Wesentliche reduziert, werden wie das elegische "The Hardest Part" (nein, kein Coldplay-Cover) von dezenter und zugleich pointierter Klavierbegleitung und der audrucksstarken Stimme des Kanadiers getragen.

In "Barely Friends" verstärken ganz traditionell Akustik- und Slidegitarre, Geige und Mundharmonika das schlichte Songkorsett. Die potenzielle Vinylsingle "Worthy Of Your Esteem" geht in schrammeliger Indierockmanier auch mal beschwingt nach vorne und dürfte mit ihrer unwiderstehlichen Hookline wohl am schnellsten zünden.

Elf unscheinbare Songperlen, die wohl eher selten bis gar nie im öffentlich-rechtlichen Äther erklingen werden: Dafür weist Dessers Musik definitiv zu viele Macken und Kratzer auf. Für Frohnaturen und Springinsfelde tönt das alles vermutlich auch eine Spur zu dunkel und schwarzhumorig. Die ewigen Grübler, die der tragikomischen Absurdität und Ironie der Dinge, die mit und um uns herum geschehen, mit lachendem und weinendem Auge begegnen, finden in Hayden jedoch einen willkommenen Gleichgesinnten.

Der Kanadier zimmerte mit "In Field And Town" ganz unbeirrt eine sonderbar altmodische wie zeitlos schöne Platte. Es ist doch immer wieder angenehm, von Zeitgenossen überrascht zu werden, die sich einen Dreck um vermeintliche Trends von morgen scheren, die vorgestern schon wieder out waren.

Trackliste

  1. 1. Town
  2. 2. More Than Alive
  3. 3. Van Song
  4. 4. Worthy Of Your Esteem
  5. 5. Damn This Feeling
  6. 6. Did I Wake Up Beside You?
  7. 7. Weight Of The World
  8. 8. Where And When
  9. 9. Lonely Security Guard
  10. 10. Hardest Part
  11. 11. Barely Friends

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