laut.de-Kritik

Über den Tellerrand schauen, lieber mehr als einmal.

Review von

Henrik Schwarz kommt als DJ viel in der Welt herum. Er spielte u.a. schon in Tokio, Manchester, Porto, Madrid, Nagoya, Chicago, London, Glasgow, Istanbul, Rom, Montreal und Amsterdam. Und, ja, auch Darmstadt. In den genannten Metropolen entstand das Album, in das eine Reihe seiner Remixe für andere Künstler und eigene, neu arrangierte Tracks einfließen.

Die erwähnten Neuarrangements basieren auf Mitschnitten von Henrik Schwarz' Clubgigs. Dabei geht es zum einen darum, etwaiges Improvisieren oder die Reaktionen des Publikums in die Stücke mit einzubeziehen. Andererseits auch darum, später die im jeweiligen Club herrschende Atmosphäre wiedergeben zu können.

"Live" bringt die Vorlieben von Henrik Schwarz hinsichtlich Sound und Stil auf den Punkt. Das heißt insbesondere auch: über den Tellerrand schauen. Lieber mehr als einmal. Erscheinen in diesem Zusammenhang andere Produzenten oftmals uninspiriert und aufgesetzt, ist bei Schwarz Aufgeschlossenheit der Mittel zum Zweck. Seine Musik hinterlässt dank ihres authentisch wirkenden Tiefgangs einen glaubwürdigen und alles andere als oberflächlichen Eindruck.

Denn Schwarz gelingt es geradezu spielerisch, die Fundamente seiner musikalischen Leidenschaftzusammen zu bringen: Jazz sowie Soul, mit den großen zwei der elektronischen Tanzmusik – Techno und House. Hier spielen Acid-Jazz und insbesondere Herbie Hancock, Eddie Harris oder Sun Ra als Vorbilder eine große Rolle. Unter der Handschrift von Schwarz treffen Improvisation und Emotion auf den energetischen Drive der geraden Bassdrum. Das Schöne dabei ist, dass diese Stücke nahezu immerfort eine einnehmende Deepness verströmen, die es einem schwer machen, zu widerstehen.

Dem Liebhaber derartig unter die Haut gehenden Klänge bereitet "Live" ein großes Vergnügen. Ein Hit folgt dem nächsten. Das epische "Walk Music" von Schwarz und James Brown mit "It's A Man's World" treffen auf den Ethnotune "Vuoi Vuoi" von Marie Boine, das bereits Dixon als "Filer Til Vuoi" in seine tolle "Body Language Vol. 4" mixte. Ebenso mit von der Partie: Sun Ra sowie der zuletzt als kokainsündiger Straßenkehrer in Erscheinung getretene Boy George, hier im Bunde mit Dark Globe.

Schwarz und seine Brüder im Geiste, Dixon und Âme, liefern "Where We At" aus der Innervisions-Hitschmiede. Mit diesem Stück nimmt "Live" dann endgültig an Fahrt auf. "Jimis" bringt ein technoides Acid-Flair ins Spiel, das zwischendurch sogar ein dezentes Gefühl von Goa transportiert. Selbst Jesse Rose, sonst bevorzugt der House-Zappelphilipp, tummelt sich an der Hand von Schwarz mal auf anderen Pfaden. Und kommt dabei trotzdem überzeugend rüber. So wie der Rest der Platte.

Trackliste

  1. 1. Sun Ra - Lullaby for Realville
  2. 2. Kuniyuki - Earth Beats (Henrik Schwarz Remix)
  3. 3. Marie Boine - Vuoi Vuoi (Henrik Schwarz Remix)
  4. 4. Jesse Rose Alongside Henrik Schwarz - Stop, Look & Listen
  5. 5. Henrik Schwarz - Kalimba Dance
  6. 6. Henrik Schwarz, Âme & Dixon - Where We Are
  7. 7. Kraak & Smaak - No Sun in the Sky (Henrik Schwarz Remix)
  8. 8. Henrik Schwarz - Leave My Head Alone Brain
  9. 9. Boundzound - Louder (Henrik Schwarz Remix)
  10. 10. Mandrill - Mango Meat
  11. 11. Henrik Schwarz - Jimis
  12. 12. Henrik Schwarz - Imagination Limitation [DJ-Kicks]
  13. 13. James Brown - It's A Man's World (Henrik Schwarz Remix)
  14. 14. Dark Globe Feat. Boy George - Atoms (Henrik Schwarz Remix)
  15. 15. Henrik Schwarz - Walk Music
  16. 16. Henrik Schwarz - Jazzbook No. 2

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