laut.de-Kritik

Diese Musik ist zu perfekt.

Review von

Egal ob beim Frühstück, beim Backen oder beim Scrabblen, Incognito passen auch im 35. Jahr ihres Bestehens in jede Alltagssituation. In der Kneipe mit dem neckischen Namen Sonderbar, in der beim Bananenweizen die Zeit in den Neunzigern still steht, dudeln bis heute ihre ersten fünfzehn Alben auf und ab.

Sie stören einfach nie, und genau darin liegt das Problem der Band, die Musik für Menschen macht, denen Jamiroquai zu laut oder zu kommerziell erscheint und für die Jay Kay schlichtweg einen zu albernen Hut trägt. Die Band um Mastermind Jean-Paul "Bluey" Maunick versteckt sich hinter Versatzstücken der Vergangenheit und bleibt so austauschbar, anonym und inkognito.

Mit "Amplified Soul" gelingt ein weiterer bequemer Longplayer. Mit ständig wechselnder Besetzung musiziert Bluey seit jeher auf nahezu perfekten Level. Mit viel zu viel Respekt fügt er sein bewundernswertes Wissen über Soul, Funk und Jazz zusammen. Strahlend helle Bläser, munter groovende Basslinien und pointiertes Schlagzeugspiel verbinden sich zu einem organischen Arrangement. Wie ein VW Golf funktioniert es stets sicher und fehlerfrei. Man bekommt von Incognito immer genau das, was man erwartet, aber sicher niemals eine Überraschung.

Der tiefenentspannte Groove in "I Couldn't Love You More", dem eine blendend aufgelegte Vanessa Haynes ihre Stimme schenkt, erinnert an Earth, Wind, jedoch ohne Fire. Gemeinsam mit Imaani in "Rapture" liefert Hanyes die beste Performance des Albums und veredelt mit ihrem seidigen Gesang das Cover des Atlantic Starr-Songs "Silver Shadow".

Kratzt sich Tony Momrelle noch achtbar durch den Opener "Amplify My Soul (Part 1)", der an Marvin Gaye gemahnt, verwandelt er sich in "Something 'Bout July" zusammen mit dem Stück in einen Stevie Wonder während seiner "Songs In The Key Of Life"-Phase. Wie ein Gestaltenwandler ändert er seine Stimmfarbe je nachdem, was Bluey von ihm verlangt, und bleibt so eine klischeebepackte Doublette der wahren Meister.

In den zwei Instrumentalstücken "Amplify My Soul (Part 2)" und "Wind Sorceress" lässt der Maestro seine Band von der Leine. Der Neo-Soul-Track "Deeper Still" tanzt mit Chiara Hunter und seiner schummrigen Atmosphäre tatsächlich ein wenig aus der Reihe und dringt so leichter ins Bewusstsein.

Handwerklich gibt es an "Amplified Soul" nichts, aber auch gar nichts, auszusetzen. Jean-Paul "Bluey" Maunick hat sich wieder einmal nur mit Könnern umgeben. Dabei entfernt er von den von ihm so sehr geliebten Musik-Genres jede Ecke und Kante. In seiner eigenen kleinen Tupper-Dose namens Incognito konserviert er den Sound der 1970er und den Acid-Jazz der 1990er. Das harmlose Endprodukt tut keinem weh. Sämtliche anderen Emotionen gehen beim Eindosen jedoch ebenso flöten.

Trackliste

  1. 1. Amplify My Soul (Part 1)
  2. 2. I Couldn't Love You More
  3. 3. Rapture
  4. 4. Hands Up If You Wanna Be Loved
  5. 5. Hats (Makes Me Wanna Holler)
  6. 6. Silver Shadow
  7. 7. Deeper Still
  8. 8. Amplify My Soul (Part 2)
  9. 9. Something 'Bout July
  10. 10. Day Or Night
  11. 11. Wind Sorceress
  12. 12. Another Way
  13. 13. I See the Sun
  14. 14. Never Known A Love Like This
  15. 15. The Hands Of Time
  16. 16. Stop Running Away

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5 Kommentare

  • Vor 9 Jahren

    Und auch ihre kommenden zwangzig Alben werden die selbe Review bekommen - zurecht.

  • Vor 9 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 9 Jahren

    Perfektion ist ein qualitatives Merkmal. Der Content ist eine ganz andere Sache. Der Autor dieser Kritik hat einfach keine Ahnung, wovon er schreibt. Ihm fehlt scheinbar das nötige Feintuning, um das reichhaltige, vielfältige Incognito Repertoire differenziert wahrzunehmen. Denn wie sonst auch finden sich unter dieser Überschrift mehr oder weniger inspirative Klänge und Arrangements. Manches ist durchaus Neuaufguss und manches dringt in bislang unbekannte Bereiche vor. Geschulte Ohren bzw. Gehirne erkennen die Perlen und genießen. Schweine hingegen... "Überraschungen" gibt es sehr wohl bei Incognito, nur wer die nicht sehen bzw. hören kann, ist bei qualitativ minderwertigem Einheitsbrei, mit dem man allerorten beschallt wird, wohl besser aufgehoben.

  • Vor 9 Jahren

    Ich kenne die Band nun auch schon seit "Ewigkeiten", finde aber, dass das neue Album ganz neue Töne anschlägt. Es ist nicht "zu" perfekt, sondern einfach nur sehr gut ausgearbeitet.