laut.de-Kritik

Zwischen Mittzwanziger-Leid und Mittvierziger-Gelassenheit.

Review von

Als "ideale Platte jetzt für den Herbst" wird so ein Silberling schnell einmal qualifiziert. Jankas "In Die Arme Von" aber scheint der Jahreszeit tatsächlich direkt auf den kühlen Leib geschnitten. Wieso in der Masse der vorgeblichen Herbst-Alben gerade dieses hier saisonal abgestimmt erscheint?

Nun mal ganz von vorne: "Geh Auf Mein Herz" - mit zweistimmiger Gitarre leiten Janka ihren Erstling ein. Nach wenigen Takten gesellt sich Thomas Limans hanseatisch wohl artikulierter Gesang hinzu. Gemütlich baut sich ein tongewaltiger Albums-Aperitif auf. Man möchte ihn Ballade nennen: Es wird leise gelitten und laut reflektiert.

Der typisch deutschrockige Vier-Viertel-Beat aber verweigert sich meistens dem Vokabular langsamer Musik. Das ergibt eine spannende Mischung, die programmatisch für das gesamte Album werden soll. Auch im nächsten Streich bleibt es also weich: "Hotel Torcy" widmet sich ebenfalls der zweiten Person Singular: "Und du hast gesagt: Besser waren wir nie." Dabei erkloppt Drummer Tom Unguraitys, wie auch oft im Rest der LP, epische Bridges, die hinter sich großen Sound anzukündigen scheinen. Manchmal kommt dieser dann auch, meistens indes bleibt die allgemeine Ruhe.

Einen ordentlichen "Punkt" machen Janka dennoch im dritten Anlauf. Der nämlich ist ausgestattet mit Trompete in Refrain und Bridge, angereichert mit einem kleinen Bass-Solo. Fast herb prosaisch wirkt "Punkt" nach den süßlichen Startern und macht Spaß, wo seine Nachbarn vor zarter Melancholie seufzen.

Mit "Stadt Ohne Namen" schwebt der Geist von Element Of Crime ein – und bleibt. In Form einer klaren E-Gitarre samt einfachem, traurigem Motiv und einem ab und zu regeneresk gerollten "r" klopfen die Herren aus der Hauptstadt an die an die Pforten der Hanse-CD. Das ist sie also, die vorherrschende Stimmung. Einfach, natürlich, lebendig und intelligent: Hamburger Schule kumuliert mit gesetztem Berlin-Pop.

Man ist jung und vom Mittzwanziger-Leid geprüft, geht das aber oft mit Mittvierziger-Gelassenheit an. "In Die Arme Von", Mittelstück des Albums und sein Titelgeber, lässt in zwei Minuten und vier Sekunden die Blätter fallen. Ähnlich wie im restlichen Album stehen hier Alleen von instrumental kahlen Bäumen: Mit wenigen Ästen aus Gitarre, Klavier und sonst nix ist es deutlich und übersichtlich.

Beruhigendermaßen fällt außerdem plötzlich das Wort "Idioten": Das passt weniger in den schmuck intellektuell wohlgeformten Kosmos von "In Die Arme Von". Dennoch: Irgendwie ist man froh, dass Janka auch, zumindest so ein kleines bisschen, ärgerlich, nicht wütend sein können. Aus der aufgestemmten Böse-Buben-Kiste scheint auch "Seltsam" entnommen. Mit dreckig-tiefen Gitarren und leidenschaftlich betätigten Base-Drum und Becken opponiert das Ende gegen seine Geschwister.

Nichtsdestotrotz wandelt man durch "In Die Arme Von" wie mit dem Liebsten oder der Geliebten durch klingende November-Wäldchen: Man trifft auf oftmals melodiöse Moll-Auen, vorbei an so einfachen wie angenehm deutlichen Akkorden, hier und da noch ein buntes Blättchen Trompete, die Tonlandschaften manchmal fast episch schön. Doch wenn der Liebste dann irgendwann sein neuestes Videospiel dem Wandeln vorzieht und die Geliebte eigentlich doch auch lieber auf eine heiße Schokolade nach Hause geht, bleibt vom aufgeforsteten Janka-Wald häufig nur noch ein Laubhaufen hochdeutscher Pathos, vor allem im Text.

Satzfragmente wie "Es mit deinen Worten sagen / In die Jahre gekommen / Bist einer von uns." wollen wohl poetisch und nachdenklich anmuten, sind manchmal nur Zumutung, weil schon tausendmal in anderen bemüht intellektuellen Booklets gelesen. Und "dann schau ich dir beim Schlafen zu" mag im heimischen schwedischen Himmelbett immer noch das Herz verzücken - in Popsongs aber enerviert dieser allzu inflationär niedergeschriebene Einblick in die Morgengewohnheiten anderer Leute. Und so passt die Herbstmetapher wohl – schön, wildromantisch, anschmiegsam – aber zur leidenschaftlichsten Sommerliebe taugt "In Die Arme Von" nicht.

Trackliste

  1. 1. Geh Auf Mein Herz
  2. 2. Hotel Torcy
  3. 3. Punkt
  4. 4. Wo Du Wohnst
  5. 5. Stadt Ohne Namen
  6. 6. Open.Window
  7. 7. In Die Arme Von
  8. 8. Unterwegs
  9. 9. Lass Mich Einfach Bei Dir
  10. 10. Dann War Es Still
  11. 11. Pierrot Le Fou
  12. 12. Seltsam

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