laut.de-Kritik

Heilsame Musik für das geteerte Organ.

Review von

Muss es wirklich so einen Wirbel oder internen Hype um Jens Friebe geben? Gut, er schreibt für ein bekanntes Musikmagazin und da wird man natürlich schon aus persönlicher Nächstenliebe auf einen höheren Sockel gestellt. Und Singer / Songwriter / Elektro / Pop-Hymnen sind angesagt, keine Frage. Wenn man sich dann aber persönlich das Album "Vorher Nachher Bilder" anhört, muss man zugeben, ja, der Strudel ist soweit genehmigt. Wieder mal ein scheinbar zerbrechlicher junger Mann, der zu Hause sitzt und seine einfühlsamen und teils leidvollen Stimmungen mittels gereimter Kraftpakete dem Hörer an den Kopf wirft.

Heilsame Musik für das geteerte Lungen-Organ auf dem Zauberberg. Und diesmal bestimmt mit einem Happy End. Frische Elektro-Samples, manchmal auch völlig legal geklaut und typische Schrammel-Gitarren, die einen immer wieder glücklich machen. Nicht unbedingt exklusiv und neu. Genauso wie die Aussage "Das deutsche Kino ist nun mal das schlechteste der Welt" strotzt nicht gerade vor Aktualität und ist schon tausendfach, flunderartig plattgetreten worden. Dann lieber den wahren Hit der Platte: "Wenn man euch die Geräte zeigt" mit dem klassischen "Be my Baby"-Beat und wunderbaren Pianoklängen. Remember, die guten alten Protestsongs.

Textlich balanciert Herr Friebe auf seinem Debüt zwischen intellektuellem Frohsinn und jugendlicher Rotzerei. "Bring mich zum Wagen" schildert das Scheitern der Liebe, der privaten Misere, die dich dein ganzes Leben lang begleitet. Die 80er dürfen natürlich auch nicht fehlen als Endzwanziger. "Star" kommt hier allerdings wie das männliche Pendant zum damaligen Knutschfleck Ixi daher. Ziemlich verworren. Da kann man sich jetzt schütteln vor Abscheu oder hüpfen vor Freude. Eine weitere Hymne gelingt allerdings wieder mit "Vorher Nachher Bilder". Wippendes Schlagzeug, floppige Gitarren und ein "Wowowowowowowo".

Spätestens hier hört man die Produzenten heraus, die u.a. für die Klassiker der deutschen Unterhaltungsmusik verantwortlich sind: Tobias Levin und Armin von Milch. Ein weiterer Promi in der Runde ist der Schlagzeuger Christoph Leich von den Sternen, der sein trommelndes Handwerk bei einigen Stücken zur Verfügung stellt. Punkige Sprachakrobatik setzt beim "Körper" ein und beendet das gefühlvolle Hirn-Kompott eines Wahl-Berliners. Ich weiß auch nicht, ich komme mir nach dem Hören der Platte so alt vor?! Seufz.

Die "lebenslängliche Disco" eines Christian Kreuz-Hedonisten ist mir an manchen Tagen zwar lieber, aber bei Jens Friebe weiß ich, dass er mir wenigstens häufiger die Puschen ans Bett bringt; warmes Gebäck und Tee nach dem Mittagschlaf reicht und mir "Lieder ohne Botschaften" ins Ohr summt. Egal ob Hauptstadt, Hamburg oder Köln, die Probleme bleiben überall die selben, und der Wunsch eines besseren Lebens weiterhin Illusion. Aber schön, dass es Musik gibt und Menschen, deren Melodien nur Gutes wollen und zu denen sich fremde Individuen an den Händen fassen und fröhlich durch die Stadt flanieren.

Trackliste

  1. 1. Gespenster
  2. 2. Wenn man euch die Geräte zeigt
  3. 3. Cast a shadow
  4. 4. Bring mich zum Wagen
  5. 5. Star
  6. 6. Lied ohne Botschaft
  7. 7. Vorher Nachher Bilder
  8. 8. Dann sagst du auf Wiedersehen
  9. 9. Deutsches Kino
  10. 10. Körper
  11. 11. Stehen geblieben

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