laut.de-Kritik
Was hat der bloß mit seinen Stimmbändern angestellt?
Review von Magnus HesseWas hat der 22-jährige Münchener bloß mit seinen Stimmbändern angestellt? Sie in Whisky ertränkt? Täglich mit einer Stange Fluppen geteert? Oder ist er doch einfach nur der uneheliche Enkel von Tom Waits? Auf seinem Zweitling spielt Jesper Munk seine brachiale Stimmgewalt aus und dabei diverse Blues-Szenarien durch.
Garstiges Gitarren-Getöse tritt "Courage For Love" los und landet in der Magengrube. Devise: kein Schmuse-Gebluese vom Sonnyboy. Doch prompt folgt darauf der kredenzte "Morning Coffee" mit cremiger Glam-Gitarre auf den sonnigen Spuren des Sonntag-Morgen-Klassikers "Easy" von den Commodores. Schon hier deutet sich an, dass Munk seine Songs in verschiedene Richtungen denkt.
Kein Wunder: Die Ursprünge der Produzenten-Garde erstrecken sich von New York über Los Angeles bis München. Jon Spencer steuert die kantigeren Riffs ("Courage For Love") bei, Blumentopf-DJ Sepalot sorgt für samtigere Sounds im Soul-Gewand ("Morning Coffee"), das Feists Stamm-Regler Mocky auf "Claim" noch radikaler interpretiert.
"Shakespeaer & Heartbreak" plustert sich unter angekarrten Streichern und Big Band-Ballast über simpler Kadenz zum Breitbild-Ethos auf. Die Schmirgelpapier-Stimme des Buabs kratzt in der Strophe beharrlich, bevor im Refrain Django die Zügel fest in den Händen hält. Wüsste man es nicht besser, man meinte fast, der Halb-Däne sei in Louisiana oder Mississippi in die Cowboy-Stiefel seines Vaters hineingewachsen und mit Hillybilly und Veranda-Sessions groß geworden, so selbstverständlich liefert er da ab. In "Ya Don't Have To Say Goodbye" fehlen nur noch das "Yee-Haw" und die Spelunken-Schlägerei zu verwaschenen Schrabbel-Gitarren und geschnipstem Offbeat.
Wie bereits auf seinem Erstling, hat sich Young-Jesper den Artenschutz des Rock'n'Roll auf die Fahnen geschrieben. Verwandte wie die Black Keys oder White Stripes mischen die bekannten Ingredienzien noch etwas mehr, Munk konserviert dagegen über weite Strecken den Jailhouse-Rock. Doch bliebe es rein bei dieser Replik, man müsste ihm die Originalität eines Repertoires jeder Elvis-Tribute-Band attestieren. Doch er durchbricht die Routine regelmäßig, formuliert das Zitat weiter aus und gewinnt der Hommage Mehr- und Eigenwert ab.
Das Stille atmende "Soldiers Of Words" schultert erdrückende Seelenlasten und umarmt zugleich den Herzschmerz des Sängers. Munk teilt seine nun brüchig heiseren Vokale entsprechend der inneren Zerrissenheit entzwei und bannt den Hörer mit einem fesselnden Gesangs-Monolog. Genau so wie das grandiose Randy Newman-Cover "Guilty" oder das Folk-balladeske "Cold Waters" balancieren diese Stücke den Rodeo-Ritt gekonnt aus.
Da darf er dann auch wieder einen knarzenden Berserker wie "Smalltalk Gentlemen" vom Stapel lassen, bei dem dann doch Jack White über die Schulter linst.
Handwerklich macht Jesper Munk kaum einer etwas vor, wenn er seinem Stimmorgan schnörkellose Riffs mit angelegtem Tremolo-Hebel und Federhall zum Fraß vorwirft. Ließ die Produktion des Debüts noch gehörig an Volumen vermissen, kommt der zweite Wurf der Live-Präsenz bedeutend näher. Fragt sich letztlich nur: Wie klingt dieser talentierte Bursche erst mit ein paar Kratzern mehr auf dem Schlagbrett?
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hipstermäßiges Cover