Porträt

laut.de-Biographie

L7

Die Geschichte L7s beginnt Mitte der Achtziger, als sich Donita Sparks und Suzi Gardner in Los Angeles über den Weg laufen. Beide Gitarristinnen spielen bereits vor der Gründung von L7 in diversen Bands, ehe sie sich entschließen, ein gemeinsames Projekt an den Start zu bringen.

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Der Bandname, den man mit Daumen und Zeigefinger der linken und rechten Hand formen kann (wie es Uma Thurman in der Rolle der Mia Wallace in Pulp Fiction macht), bedeutet so viel wie Langeweiler oder Spießer, ist aber auch ein Ausdruck für die Stellung 69 beim Sex. Alles andere als langweilig ist die Musik, die L7 spielen. Die 'Riot Grrrrls', mit dem die Musikpresse Ende der Achtziger die lärmenden Allgirl-Bands unter einem stilistischen Hut vereinen möchte, haben eines gemeinsam: Sie streifen das Image des Heimchens an der Gitarre ab. Liebliche Mädels wie die Runaways, Joan Jett oder die Bangles sind das genaue Gegenteil der heftig rockenden Frauenfraktion Marke L7.

Zu Beginn stößt die Bassistin Jennifer Finch zu Sparks und Gardner, die vorher mit Hole-Chefin Courtney Love und der Babes In Toyland-Sängerin Kat Bjelland in der Combo Sugar Baby Doll spielt, bevor sich die Wege der drei trennen. An der Schießbude sitzt Ann Anderson, die später einem Typen namens Roy Koutsky Platz macht. In dieser Besetzung lärmen sie sich durch die Clubs und Bars von LA und bauen sich mit ungestümen Liveshows eine kleine aber treue Fanbase auf. Zusammen mit dem ehemaligen Schlagzeuger der Punkband Germs, Don Bolles, nehmen L7 ihr erstes Demo auf. Das Tape fällt in die Hände des Bad Religion-Gitarristen Brett Gurewitz. Es ist eine kuriose Anekdote der Musikgeschichte, dass sich der Labelchef von Epitaph zwischen den Riot Grrrls und einer Band namens Jane's Addiction entscheiden muss. Die Wahl fällt auf L7. Auf Epitaph erscheint 1988 das ungehobelte und rotzige, schlicht "L7" betitelte Debüt. Anschließend gehen sie als Support von Bad Religion auf Tour.

Bevor sie für die Aufnahmen zu ihrem Zweitling ins Studio gehen, verabschiedet sich Koutsky, an seine Stelle tritt Demetra "Dee" Plakas. Ab diesem Zeitpunkt spielt Testosteron im Bandkontext keine Rolle mehr. Der Deal mit Epitaph läuft nach einer Veröffentlichung bereits aus, aber Hilfe ist in Sicht. Für den legendären Single-Club des in Seattle beheimateten Labels Sub Pop nehmen sie die 7" "Shove/Packing The Road" auf, die ausgezeichnet ankommt. Kein Wunder, dass die Firma sie unter Vertrag nimmt und sie mit Produzent Jack Endino (Nirvana, Mudhoney, Soundgarden) ins Studio schickt. 1990 erscheint auf dem Seattle-Label Sub Pop als Ergebnis der gemeinsamen Arbeit "Smell The Magic", das schon recht deutlich zeigt, in welche Richtung L7 nun tendieren. Ohne den Punk ganz zu leugnen, haben sie nun eine gute Portion Metal und Hardrock im Programm.

Ihre Fanschar ist ähnlich heterogen gemischt. Mit "Fast And Frightening", dem erwähnten "Shove" und "Deathwish" befinden sich hier gleich drei Hämmer auf dem Album, die bald zu Live-Klasikern von L7 aufsteigen. Das Shirt, das die Mädels auf der Tour verkaufen, avanciert zum Klassiker. Darauf ist ein kniender Mann zu sehen, dessen Kopf von einer lüstern grinsenden Frau in ihren Schoß gezogen wird und der so ausgiebig die Magic smellt.

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Die Tatsache, dass die Mädels bei Sub Pop unterschreiben, verleitet viele zu der Annahme, dass es sich bei L7 um eine Grunge-Band handelt, was jedoch musikalisch und geographisch vollkommen an der Realität vorbei geht. Die positive Resonanz auf "Smell The Magic" bringt ihnen den Support-Slot für die 1991er England-Tour für Nirvana ein. Kurz darauf wandern sie zu Slash Records, einem Ableger des Majors Universal ab, wo 1992 "Bricks Are Heavy" heraus kommt. Für die Produktion des Albums zeichnet ein gewisser Butch Vig verantwortlich, der zu jener Zeit bei ziemlich allen Alternative-Bands von Rang und Namen (z.B. Smashing Pumpkins, Sonic Youth, Nirvana, Helmet) an den Knöpfchen sitzt. Die Scheibe wirft mit "Pretend We're Dead" sogar einen veritablen Single-Hit ab und beschert ihnen Festivalauftritte, unter anderem auf dem legendären Reading. Fast zwei Jahre sind L7 auf Tour unterwegs, einen Stop legen sie nur für einen Auftritt bei David Letterman ein.

Auf der faulen Haut herum zu liegen ist jedoch nicht ihr Ding. Nach einer kurzen Erholungspause stehen die vier Damen wieder im Studio und arbeiten an dem im Frühsommer 1994 erscheinenden "Hungry For Stink". Jenes bringt ihnen eine Einladung zur Open Air-Tour Lollapalooza ein. Das Festival, bei dem Bands unterschiedlichster Genres auftreten, initiiert kein geringerer als der Jane's Addiction-Frontmann Perry Farell.

Das gesamte Jahr 1995 ist das Quartett wieder auf Konzertreise, wovon Jennifer Finch anscheinend die Nase voll hat. Kurz bevor die Aufnahmen zu "The Beauty Process - Triple Platinum" starten, steigt sie aus der Band aus. Daraufhin teilen sich Gardner und Sparks die Bass-Spuren auf. Zwischenzeitlich zum Trio geschrumpft, präsentieren die Ladys die Ex-Belly-Bassistin Gail Greenwood als Finch-Ersatz. Der Titel des Albums ist eine Parodie auf das Höher-, Schneller-, Weiter-, Schöner-Wettrennen, das in den USA immer mehr um sich greift; einer Platin-Platte kommen L7 in der Realität nicht einmal im entferntesten nahe.

Der große Mainstream-Erfolg will sich jedoch nicht einstellen, und so folgt Slash-Records den Mechanismen des Marktes: L7 fliegen aus ihrem Major-Deal hochkant raus. Mit dem Vertrag verabschiedet sich auch Kurzzeit-Basserin Greenwood. Der einzige Tonträger, auf dem sie zu hören ist, kommt 1998 unter dem Titel "From Omaha To Osaka" als erstes Live-Dokument auf den Markt. Im selben Jahr sind L7 'Opfer' von Krist Novoselic. Der ehemalige Nirvana-Basser filmt die Mädels auf Tour. Das Ergebnis auf Video-Kassette hört auf den Namen "The Beauty Process".

Nach dem Live-Album stehen L7 zum ersten Mal ohne Label-Deal da, was sie aber nicht davon abhält, weiterhin fleißig Songs zu schreiben. Mit Janis Tanaka finden sie auch wieder eine Dame für den Viersaiter. 1999 vertreiben L7 ihr sechstes Studio-Album über ihr eigenes, neu gegründetes Label Wax Tadpole. Obligatorische Touren durch die halbe Welt folgen. Nachdem die Grandes Dames wieder in die Staaten zurückehren, wird es etwas stiller um sie. 2000 erscheint eine nicht weiter erwähnenswerte Best-Of ihrer Majorlabel-Zeit unter dem Titel "The Slash Years".

Nach diesem Release stirbt die Band zunächst einen leisen Tod. Auf die eine oder andere Weise bleiben die Musikerinnen dem Business erhalten, aber als L7 treten sie lange Zeit nicht mehr auf. Die Fangemeinde fragt sich, ob die Mütter aller Riot Grrrls überhaupt noch einmal etwas veröffentlichen. Bewegung in diese Sache kommt 2014, nachdem eine offizielle Facebook-Seite mit Bildern und Links aus der guten alten Zeit gefüllt werden. Immer mehr Leute bekommen mit, dass hier die Band selbst am Werke ist. Logische Folge, dass die Rufe nach einer Reunion immer lauter werden und tatsächlich: Anfang 2015 lassen L7 die Katze aus dem Sack und verkünden eine Live-Reunion in der klassischen Besetzung mit Jennifer Finch am Bass.

Zur selben Zeit geht eine Kickstarter-Kampagne an den Start mit dem Ziel, eine Dokumentation über L7 zu finanzieren. Zwei Jahre später feiert der Film unter dem Titel "Pretend We're Dead" Premiere. Der wiedererwachte Trubel um die Band scheint die Damen zu motivieren, denn im Dezember verkünden sie, dass sie im Studio an neuem Material arbeiten.

Im April 2018 ist die Rückkehr der Grandes Dames dann komplett. Nach zwei Singles ("Dispatch From Mar-A-Lago" und "I Came Back To Bitch") verkünden Sparks und Co., dass sie ins Studio gehen und ein neues Album aufnehmen, das Anfang 2019 erscheinen soll. Die Crowdfunding-Kampagne geht diesmal zwar schief: die Fundraising-Plattform Pledge Music macht pleite, die bis dahin von Fans angenommenen Spenden gehen verloren. Mit Unterstützung von Joan Jett und ihrem Label Blackheart Records erscheint das neue Album "Scatter The Rats" dann im Mai 2019.

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L7 - Pretend We're Dead: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2017 Pretend We're Dead

Kritik von Alexander Cordas

Die Geschichte der Riot Grrrls ist hoffentlich noch nicht zu Ende erzählt. (0 Kommentare)

Fotogalerien

Zürich, Dynamo am 26.7.2018 L7 rocken gegen die Schweizer Nationalmannschaft. Endstand 1:0.

L7 rocken gegen die Schweizer Nationalmannschaft. Endstand 1:0., Zürich, Dynamo am 26.7.2018 | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas) L7 rocken gegen die Schweizer Nationalmannschaft. Endstand 1:0., Zürich, Dynamo am 26.7.2018 | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas) L7 rocken gegen die Schweizer Nationalmannschaft. Endstand 1:0., Zürich, Dynamo am 26.7.2018 | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas) L7 rocken gegen die Schweizer Nationalmannschaft. Endstand 1:0., Zürich, Dynamo am 26.7.2018 | © laut.de (Fotograf: Alexander Cordas)

Surftipps

  • L7Official

    Offizielle Seite.

    http://l7official.com/
  • Donita Sparks

    Die Gitarristin/Sängerin auf Facebook.

    https://de-de.facebook.com/donitasparks
  • L7@Facebook

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