Porträt

laut.de-Biographie

LCD Soundsystem

Das neue Jahrtausend ist noch jung, da hat sich der als LCD Soundsystem firmierende Produzent James Murphy in Musikerkreisen schon manche Meriten verdient. Murphy kommt 1970 zur Welt und wächst in dörflichen Verhältnissen in Princeton Junction vor den Toren New Jerseys auf, wo auch die amerikanische Elitehochschule Princeton University ihren Sitz hat. Zu Murphys Jugendzeit gibt der Ort für Heranwachsende nicht viel her.

LCD Soundsystem: Sanfte Klänge für die U-Bahn
LCD Soundsystem Sanfte Klänge für die U-Bahn
Akkorde statt Piepen: James Murphy will die Geräusche der Drehkreuze in New Yorker U-Bahn-Stationen revolutionieren.
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Die meisten Teenager vertreiben sich die Zeit mit Alkohol, Einbrüchen oder Randalen - so auch James Murphy. Er kauft aber auch Platten im örtlichen Princeton Record Exchange. Der erste Erwerb ist "Nick The Stripper" von Birthday Party. Vor allem Punkrock-Scheiben haben es ihm angetan, etwa von Big Black, The Fall, My Bloody Valentine oder Suicide. Die ersten Gehversuche in Sachen eigener Band unternimmt Murphy als 12-Jähriger – The Extremes haben Thrash Metal im Programm.

Neben der Schule führt er zur Aufbesserung seines Taschengelds Telefonbefragungen im Auftrag des Verbands Amerikanischer Physiotherapeuten durch oder hilft in Platten- bzw. Buchläden aus. Im Alter von 17 Jahren arbeitet er als Rausschmeißer im Club seines Kickbox-Trainers. Mit 21 hat Murphy dann ein Englisch-Diplom in der Tasche. Eine TV-Produktionsfirma zeigt Interesse: Es geht darum, an Drehbüchern für eine neue Serie mitzuwirken. Es kommt aber zu keiner Zusammenarbeit und die Skripte zur Sitcom Seinfeld schreibt ein anderer.

In den 90er Jahren spielt James in zwei Combos. Zunächst bei den Pixies/Pavement-Epigonen Pony (1992-1994) und zwischen 1995 und 1997 in der Formation Speedking, die aus Pony hervorgeht. Während Pony zeitweise als das nächste große Ding aus New York gehandelt wird (das intern aber heillos zerstritten ist), stellen Speedking musikalisch betrachtet allenfalls Durchschnitt dar, wie Murphy selbst zugibt.

Von der Band und dem Musikbiz genervt, verlässt Murphy Speedking und beschließt, sich als Tontechniker durchzuschlagen. Später verbringt er einen Großteil seiner Zeit damit, Live-Auftritte amerikanischer Punkcombos abzumischen. Sein Name als Mischer: DFA, Death From Above. Eigentlich der Name eines Soundsystems, das Murphy für die Band Six Finger Satellite entwickelt und bei deren Konzerten bedient. Er richtet sich nebenher ein Studio mit dem Namen Plantain ein, das zuerst in Brooklyn, später in West Village NYC seinen Standort hat. Hier produziert Murphy besagte Six Finger Satellite, Trans Am und Speedking.

1999 kommt David Holmes nach West Village für die Produktion seines Album "Bow Down To The Exit Sign". Neben Holmes' Band, bestehend aus Jagz Kooner, Phil Mossman und Darren Morris, ist der Engländer Tim Goldsworthy (Mitgründer von UNKLE sowie des Londoner Labels Mo'Wax) mit von der Partie. Er und Murphy verstehen sich auf Anhieb und ziehen abends um die Bars und Clubs in New York. Ungefähr zur selben Zeit beginnt Murphy Club- und Dance-Musik für sich zu entdecken. Goldsworthy und Murphy schließen sich kurz darauf als Produzenten und Remixerteam DFA mit dem gleichnamigen Label zusammen. Eine, wie sich im Nachhinein herausstellt, folgenreiche Entscheidung für die von DFA protegierten Musiker: Bands wie The Rapture oder Radio 4.

LCD Soundsystem - American Dream
LCD Soundsystem American Dream
James Murphy gibt der Utopie den Rest.
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Parallel zu ihren gemeinsamen Aktivitäten treibt Murphy sein Soloprojekt LCD Soundsystem voran und legt als DJ nicht nur auf den eigenen DFA-Partys auf. Mit dem mehr als tanzbaren Punk-Funk der LCD-Single "Losing My Edge" sowie deren B-Seite "Beat Connection" schlägt er groß ein, so dass der spätestens seit dem Erfolg von The Rapture mit "House Of Jealous Lovers" ausgelöste Medienrummel um DFA weiter anschwillt.

Ob seine Musik als cool oder hip gilt, interessiert Murphy wenig. Am gleichnamigen Debütalbum (2005) arbeitet er mit Pat Mahoney am Schlagzeug, Sängerin und Keyboarderin Nancy Whang, Tyler Pope am Bass und Phil Mossman (Gitarre, Bass, Keyboards, Perkussion) zusammen und spielt auch Live-Gigs. Der Erfolg gibt dem einstigen Teenager-Rebell Recht. Neben seinem guten Ruf als Labelchef und DJ etabliert sich Murphy bereits mit dem immensen Erfolg des Erstlingswerks auch als Musiker.

Insgesamt veröffentlicht Murphy drei Studioalben, bevor er das Projekt LCD Soundsystem schließt. Schon zur Veröffentlichung des dritten Albums "This Is Happening" gibt er bekannt, dass es das letzte sei. Damit macht er im April 2011 ernst: LCD Soundsystem spielen ihr Abschieds-Konzert im New Yorker Madison Square Garden. James Murphy widmet sich danach wieder mehr DFA Records zu.

In einem Interview mit dem Musikmagazin Clash im Jahr 2010 sagt er: "Als ich 30 war, versprach ich mir selber, dass ich aufhöre Musik zu machen wenn ich 40 bin. Jetzt bin ich 40. Noch mehr davon und ich fange an, mich professionell zu fühlen. [...] Was wäre also der nächste Schritt? Noch größer zu werden? Der nächste Schritt wäre noch mehr Geld zu verdienen. Das ist nicht wirklich interessant."

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