laut.de-Kritik

Das Gewürz-Döschen ist leer.

Review von

Der Schatten der Spice Girls scheint übermächtig. So richtig durchweg respektabel hat sich keine der einstigen Girlgroup-Mitstreiterinnen nach dem Band-Megaerfolg positionieren können. Da macht Melanie C 2011 keine Ausnahme, im Gegenteil. "The Sea" erzeugt künstlerisch nirgendwo willkommene stürmische Wellen, sondern dümpelt im Flachwasser herum.

Der Opener "Think About It" fasst die Vorgehensweise nahezu aller Titel stimmig zusammen: gefälliger, nie wehtuender Pop. Mitunter zwar mit hübschen Song-Ideen ausgestattet, die aber nie mit vollends überzeugender Umsetzung aufwarten. Hier schrammen die Drums bedrohlich nah an der Kirmes-Stampfecke vorbei. Das belanglose "Burn" taugt nicht einmal zur Entzündung eines kleinen Hörspaß-Lagerfeuers.

Zu wenig echter Mumm, zu wenig Biss: das "Stupid Game" will trendiger Electro-Pop-Rocker sein, taumelt aber ziellos im Vorhof der Mainstream-Vorhölle herum - und trifft dort auf Jeanette Biedermann. Mit dem deutschen Soap- und Sanges-Schnuckelchen hat Melanie tatsächlich was gemein: die harte Rock-Braut nimmt auch Ex-Sporty Spice keiner richtig ab.

Für die Liner-Notes greift Miss C - wie auf den Alben vergangener Jahre - auf bewährte Namen zurück. Dort finden sich u. a. Andy Chatterley (Kylie Minogue, Pussycat Dolls) sowie Ina Wroldsen und Biff Stannard (Marina And The Diamonds, Ellie Goulding). Die scheinen allerdings durch die Bank weg nicht ihre kreativsten Tage gehabt zu haben.

Nah an der Grenze zur Parodie gestaltet sich das entnervend zickige "Rock Me", der ZDF-Song zur letzten, fast schon vergessenen Frauenfußball-WM. "Rock Me Baby / rock me better into the Beat / you make me wanna throw / my hands in the air". Die Hände zum Himmel, so weit ist es also schon gekommen. Einen soliden Eindruck hinterlässt das unaufgeregt-akustisch gehaltene "One By One", das nach gekonnt-spannungsvollem Aufbau im lieblos hingestreuten Refrain eine Menge Potential verschenkt.

Sogar ein Track von Rosenstolz hat es aufs Album geschafft: "Let There Be Love" hält sich nah ans Original "Liebe Ist Alles", und ringt dem Titel so - trotz ein paar halbherzigen Sequenzer-Einschüben - keinerlei neue Perspektiven ab. Im Gegenteil: hier fehlt einfach das geliebt gefürchtete Rosenstolz-Pathos.

Auf Solo-Alben-Länge kann selbst modernste Studio-Technik aus einem durchschnittlichen Stimmchen keine Primadonna zaubern. Zu oft ergeht sich Melanie in quäkend klingenden Gesangs-Passagen. Ziemliche Leere also heuer im Gewürz-Döschen. "The Sea" spült höchstens ein bisschen Treibgut an.

Trackliste

  1. 1. Think About It
  2. 2. Burn
  3. 3. Get Out Of Here
  4. 4. Weak
  5. 5. Stupid Game
  6. 6. Let There Be Love
  7. 7. Drown
  8. 8. All About You
  9. 9. The Sea
  10. 10. Beautiful Mind
  11. 11. One By One
  12. 12. Rock Me

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8 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Ich mochte den Mel C Kram noch nie. Ich verbinde solch unsäglichen Kram wie I Turn To You und/oder First Day of My Life immer mit einer völlig spießigen Streberin aus meinem Englisch LK in der Oberstufe, die es dreisterweise gewagt hat im Rahmen eines Projekts die Songs zu analysieren, bevor ich dann kam und sich der Kurs das komplette Album Thane To Throne von Jag Panzer anhören musste. Hat zumindest durchgängig das MacBeth-Konzept. Joa, wo waren wir stehen geblieben? Ach, Mel C. Ja, das Cover gefällt mir, ich steh auf diese "Stürmige See"-Scheisse.

  • Vor 12 Jahren

    wir haben ja damals Christina Aguileras Songs analysiert^^

  • Vor 12 Jahren

    So schlecht finde ich das Album nicht. Meiner Meinung nach sogar ihr bestes seit Northern Star. Originalität findet man hier zwar nicht, aber wenigstens steht hier Pop noch für richtige Pop-Musik. In einer Welt voller Ke$has, Rihannas und Co. klingt das Album herrlich natürlich und unaufgeregt.

  • Vor 12 Jahren

    @musik-labrador
    na du bist ja süß. Am geilsten käm es würde man entweder Black Eyed Peas oder Odd Future analysieren. Recht unterschiedliche Wirkungen, beides zumindest... interessant :D

  • Vor 12 Jahren

    @Yellow_Mellow (« So schlecht finde ich das Album nicht. Meiner Meinung nach sogar ihr bestes seit Northern Star. Originalität findet man hier zwar nicht, aber wenigstens steht hier Pop noch für richtige Pop-Musik. In einer Welt voller Ke$has, Rihannas und Co. klingt das Album herrlich natürlich und unaufgeregt. »):

    Das ist ein sehr guter Punkt. Ein angenehmer Radiosound um nachts allein über die Autobahn zu fahren ohne einzuschlafen oder Herz-Rhythmusstörungen zu bekommen. Auch ein Qualitätsmerkmal. Unaufgeregter Pop kann auch ein Genre sein, den man auch erst mal gut machen muss. Und wenn hier permanent unglaublich innovationslose und langweilige Metal-Alben hoch bewertet werden passiert das genau deshalb, weil diese Bands ihren JOB gut machen. Ich denke, das könnte man hier auch sagen.

  • Vor 12 Jahren

    Mir gefällt das Album sehr gut. Ich habe auch eben auf http://www.vorverkaufstarts.de gelesen, das die gute Ende des Jahres auf Tour kommt, ich denke da schaue ich mal vorbei