laut.de-Kritik

Mit einfachen Mitteln zu tiefgehenden Stimmungen.

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Mit Milow kommt ein belgischer Singer/Songwriter um die Ecke, der in seiner Heimat längst ein etablierter Künstler ist. Damit es mit der Karriere im europäischen Ausland wuppt, geht der deutsche Ableger des Majorlabels nun in die Vollen. Der Sampler "Milow" vereint seine zwei bisher in Belgien erschienenen Alben "The Bigger Picture" und "Coming Of Age" unter einem Dach.

Mit einem Auftritt bei einem Nachwuchswettbewerb fing für Milow aka Jonathan Vandenbroeck alles an. Seitdem hat sich der Twen seine Lorbeeren redlich verdient. Seine folkig geprägten Popsongs sind auf seinem eigenen Mist gewachsen. Auch mit der Wahl des 50 Cent/Timberlake-Covers von "Ayo Technology" beweist Milow Mut. Den Beat-Heuler der beiden Amis so unverschämt in ein locker flockiges Akustik-Gewand zu kleiden erfordert eine gewisse Chuzpe, die nicht jedem Musiker gegeben ist.

Hinzu kommt Milows kehlige, ein wenig ins Rauchige tendierende Stimme, die dem Gesamtkonzept des entspannt musizierenden Belgiers entgegen kommt. Entspannt heißt hier jedoch nicht unbeschwert, denn Songs wie "You Don't Know", mit der er in Belgien den Durchbruch schaffte, können sich unter Umständen schwer wie ein Bleischuh anfühlen und zartbesaitete Gemüter in tiefe und dunkle emotionale Tiefen ziehen.

Dem stehen leicht beschwingte und fast schon cheesy anmutende Rock-Pop-Nummern gegenüber, die scheinbar bewusst einen Kontrast zur schwermütigen Seite des Musikers bilden: "Canada" spielt herrlich naiv mit Melodien und einem rockigen Drive und beschreibt Milows Vorhaben, in den gleichnamigen Staat auszuwandern, um Neil Young mit seinen Künsten zu begeistern; die USA nimmt Milow danach im Handstreich.

Reminiszenzen an Rock- und Pop-Größen lassen sich im Milow-Sound relativ einfach ausmachen. Nervend sind seine Anleihen jedoch nicht. Die weit ausholende Pathetik von "The Ride" zeigt beispielhaft nämlich auf, wie Coldplay ohne Bombast-Ballast heute klingen könnten.

Vandenbroeck gelingt das Kunststück, sein musikalisches Erscheinungsbild je nach Gusto zu ändern. "The Priest" tönt mit Steel-Gitarre und Gospel-artigem Background verdammt nach amerikanischen Südstaaten und bricht nicht nur aufgrund der opulenten Spielzeit von sieben Minuten aus dem gängigen Pop-Schema aus. Von dort geht es im Walzertakt direkt nach Irland, wenn er in "House By The Creek" die traurige Geschichte eines Pfarrers erzählt. Nicht nur hier glänzt immer wieder Milows Talent durch, mit einfachen Mitteln tiefgehende Stimmungen zu erzeugen.

Dass er sich ab und an in abgelutschte Mainstreamrock-Gefilde verirrt, mag man ihm deshalb verzeihen. Abseits von Schmockrock-Ausrutschern geht aber "Milow" absolut in Ordnung. Sollte Jonathan in Zukunft den Fokus ein wenig mehr auf Unangepasstheit legen, wer weiß, was aus ihm dereinst noch werden kann ...

Trackliste

  1. 1. Ayo Technology
  2. 2. You Don't Know
  3. 3. One Of It
  4. 4. Out Of My Hands
  5. 5. Canada
  6. 6. The Ride
  7. 7. Stephanie
  8. 8. Coming Of Age
  9. 9. The Priest
  10. 10. House By The Creek
  11. 11. Dreamers And Renegades
  12. 12. Herald Of Free Enterprise
  13. 13. Darkness Ahead And Behind
  14. 14. Launching Ships
  15. 15. Born In The Eighties

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19 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    also ich finde den Song Ayo technology an sich nicht wirklich prickelnd, aber auf jeden Fall ist das Cover von Milow viel besser als das Original...
    das genialste Lied von Milow aber ist "You don´t know"!! So göttlich *schwärm*

  • Vor 14 Jahren

    ist immer witzig wenn alle den text mit gröllen oder falsch mitsingen! Der ist etwas versaut, was viele leider nich merken. Aber egal, ich find seine stimme hat was wohltuendes und surf boy määsiges... Ist okay

  • Vor 14 Jahren

    Gerade die Tatsache, dass der Text prollig und die Melodie so zart ist, find ich sogar irgendwie innovativ.
    Die Idee fand ich schon damals bei "Riot Van" von den Arctic Monkeys geil.

    Das Album an sich finde ich nicht unbedingt hörenswert...