laut.de-Kritik

Lemmy krächzt, Doro kreischt.

Review von

In Sachen R'n'R-Lifestyle macht Motörhead kaum jemand was vor. Auch in Sachen Recycling nicht. Wie oft "Ace Of Spades" schon auf Platte erschien? Jedenfalls öfters als Finger an den Händen kleben. Obwohl sie seit über 30 Jahren auf Tour – pünktlich wie der Tod in der Vorweihnachtszeit im deutschsprachigen Raum unterwegs - ist es immer wieder eine Freude, zu einem Motörhead-Konzert zu stapfen.

Die Regler mussten sie zwar aufgrund von Auflagen immer weiter runter drehen, laut sind sie aber trotzdem noch. Die Setlist umfasst zwei, drei Stücke aus dem gerade aktuellen Album, ansonsten kann man sich drauf verlassen, dass neben ihrem bekanntesten Stück auch "Metropolis", "Killed by Death", "Overkill" und "We Are Motörhead" mit dabei sind. Der Spuk dauert 90 Minuten, dann ist er auf einen Schlag vorbei.

Mehr ist auch nicht nötig. Wer das alles noch nicht kennt, kann sich hier einen guten Überblick verschaffen. Freilich ist es nicht Motörheads erstes Livealbum, schließlich gab es u.a. schon "Everything Louder Than Everyone Else" und "Everything Louder Than Everything Else". Mit dem Untertitel "Everywhere Further Than Everyplace Else" setzen die Briten die Benennungstradition nun fort.

Das vorliegende Konzert wurde am 9. April 2011 in Santiago de Chile aufgenommen, darf also als Hommage ans rockbegeisterte südamerikanische Publikum verstanden werden, wie es bereits AC/DC mit "Live At River Plate" machten. Herauszuhören ist das zwar kaum – Lemmy macht die übliche Ansage ("We are Motörhead. We play Rock'n'Roll") und beschränkt die Kommunikation ansonsten aufs Nötigste.

Außergewöhnlich gut ist dafür die Klangqualität: Lemmys Stimme ist zwar noch rauer als sonst und dem Krächzen sehr nahe, doch die Instrumente lassen sich gut unterscheiden. Und so ist herauszuhören, dass Lemmy am Bass ganz schön gut ist. Als einzige Überraschung bleibt einen Änderung am Text von "Ace Of Spades". Statt den Joker zu bemühen, macht er Witze über sein Alter: "I don't wanna live forever – but apparently I am!".

Immerhin war er beim Gig schon 65. Als Schmankerl gibts noch Auszüge von Auftritten in New York und Manchester obendrauf. Doros Gastgekreische auf "Killed by Death" und Michael Monroes Verhunzung von "Born To Raise Hell" wären zwar besser nicht auf Band gelangt, aber was solls - Lemmy vergisst seine alten Kumpels eben nicht und hilft ihnen offensichtlich gerne, nicht ganz in der Versenkung zu verschwinden.

Verwirrung stiftet nicht nur der lange Titel, sondern auch die Vielfalt an Formaten, in denen das Konzert erscheint. Das Paket aus Doppel-CD und DVD scheint noch die interessanteste Version, wobei es sich lohnt, den in Schwarzweiß aufgenommene Konzertmitschnitt auch in höherer Qualität anzuschauen. So viel Begeisterung wie in Chile kommt bei Konzerten der Band hierzulande nicht mehr auf – was auch am deutlich jüngeren Alter des Überseepublikums liegen mag

"The Wörld Is Ours" wurde das gewohnt solide Album, nicht mehr, nicht weniger. Was soll da eigentlich noch für weitere "Volumes" übrig bleiben? Auch dieses Mal lautet die Erkenntnis: Mit "No Sleep 'til Hammersmith" haben sich Motörhead 1981 ein Denkmal gesetzt, das trotz einiger Makel nach wie vor ihr bestes Livealbum bleibt. Und ihre einzige Nummer eins in den Charts.

Trackliste

CD 2

  1. 1. Going To Brazil
  2. 2. Killed By Death
  3. 3. Ace Of Spades
  4. 4. Overkill
  5. 5. Rock Out (NY)
  6. 6. The Thousand Names Of God (NY)
  7. 7. Killed By Death (NY, mit Doro)
  8. 8. We Are Motorhead (Manchester)
  9. 9. Stay Clean (Manchester)
  10. 10. Be My Baby (Manchester)
  11. 11. Get Back In Line (Manchester)
  12. 12. I Know How To Die (Manchester)
  13. 13. Born To Raise Hell (Manchester, mit Michael Monroe)

DVD

  1. 1. Live in Santiago
  2. 2. Live in Manchester
  3. 3. Live in New York
  4. 4. Interviews

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Motörhead

Was zum Teufel ist ein Motörhead? Einerseits handelt es sich um ein amerikanisches Slangword für Amphetamin- oder Speedsüchtige, die die Kontrolle …

3 Kommentare