laut.de-Kritik

Wenn der Beat nicht mehr tut, was er soll: Repeat!

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"Ich hab's gesagt: Ich bin gekommen, um zu bleiben. Und: Da bin ich." Unverblümt tut gleich das "Intro" die bescheidene Absicht kund. Mit Umstandskrämereien können sich andere aufhalten. Nazar haut unumwunden seine "ungestreckten Lines" raus und reitet anschließend kaltblütig von dannen - wie der schwarz maskierte Sheriff im Video zu "Lost In Translation".

Dabei brodelt es durchaus unter der ungerührten Oberfläche. So hart, kompromisslos, unerschütterlich sich Nazar über weite Strecken gibt, so verletzlich erscheint er, wenn er sich doch einmal eine Blöße gestattet. "Je härter du pushst, desto weniger gehts", teilt er Erkenntnisse, die er in "Stilles Meer" aus der Gedankenflut fischt, mit seinem Publikum und gesteht seine unerfüllte Sehnsucht ein, endlich zur Ruhe zu kommen.

"Sandsturm" hadert mit der Vergänglichkeit, mit der Endlichkeit des Lebens, der Liebe oder der von Freundschaften: Nazar kämpft den Kampf gegen die unaufhaltsam verrinnende Zeit im Inneren einer Sanduhr - ein schönes, ein poetisches Bild. Doch diese zarten Momente bleiben selten - und funktionieren auch nicht immer. In "Tristesse" etwa verzuckert die übertrieben schmalzige Hook von Manuellsen das Gesamtbild. Nazar besingt hier einen Abschied von der Liebsten. Ob vorübergehend oder von Dauer - in manchen Situationen weiß man das einfach nicht so genau.

Über weite Strecken bewegt sich "Narkose" allerdings auf allzu vertrautem Terrain. Nazar stellt sich - ganz ausgefallen - als einsamer Wolf dar, dem nichts über seine Unabhängigkeit und Authentizität geht. "Wir fahren unseren Film, denn wir passen nicht ins Bild", erklärt "Repeat". Eine Selbsteinschätzung, die in etwa 95 Prozent der amtierenden Rapper unterschreiben dürften - ebenso die im "O.Z. Interlude" erläuterte Mission: "Ich mach' das für mich und meine Fans." Ja, ja. Ihr seid alle Individuen.

"Ich war nie so wie die Partyhoes." Zu Beef via Twitter oder ähnlichen Kindereien lässt sich Nazar nicht herab. Er tanzt ein bisschen - für die Kamera - und inszeniert sich lieber als "Champion fürs Volk", als "der Don, der King". Ansonsten drischt er - wahlweise alleine oder in Gesellschaft von MoTrip oder Sido - ein paar Battlephrasen oder legt die von Curse vor gefühlten Äonen längst für alle Zeiten festgeschriebenen zweimal zehn Rap-Gesetze in Gestalt von "20 Paragraphen" neu auf. Das alles kommt einem nicht gerade besonders originell vor - lässt sich aber dennoch widerstandslos konsumieren.

Das gewisse Etwas liegt zum einen in Nazars unüberhörbarem Wiener Einschlag, der im ersten Moment ein wenig befremdlich, schon in der nächsten Sekunde aber unbestritten charmant rüberkommt. Der zweite, möglicherweise noch größere Pluspunkt des Albums steckt in seinen Beats.

Insbesondere O.Z. zieht alle Register und inszeniert von Beginn an großes Bombast-Theater. Orchestral heißt gleich das "Intro" mit Pauken und Trompeten, mindestens aber mit eindringlichen Streichern willkommen. Chorgesänge und Fanfaren setzen den eingeschlagenen opulenten Kurs mit "Prototyp" nahtlos fort. "Du tickst wohl nicht richtig, was ist das für'n Beat?" Mehr als einmal nimmt einem Nazar angesichts der musikalischen Untermalung die verblüffte Frage aus dem Mund.

"Hallo Vergangenheit" zeigt einen gelungenen Brückenschlag zwischen mechanischen und organischen Klängen. Auch unter der Regie von Gee Futuristic und Leon Tiepold pumpen die Bässe - wie über die komplette Dauer der "Narkose" - geradezu adipös, auch wenn die klingelnden Chimes und die Überdosis Pop im Refrain die musikalische Aufgeschlossenheit schon auf eine harte Probe stellen. Juh-Dee und Joshimixu illustrieren - jeweils auf ihre Art stimmig - "Stilles Meer" oder den "Sandsturm". Wenn - wie in "Hochmut Kommt Vor Dem Fall" - die Geschichte in den Fokus rückt, hat Joshimixu aber auch kein Problem damit, zur Seite zu treten.

Das Meisterstück allerdings geht wieder auf O.Z.' Konto. "Repeat" trägt seinen Titel mit Recht: Synthies, heulende Sirenen und Klickerklacker-Percussion fusionieren zu einem monströsen Soundgebilde, das einen von der Straße über einen Abstecher nach "Tron" tatsächlich zu den Sternen und zurück katapultiert. "Das Geheimnis des Erfolgs" steckt genau in dem, das man sich auch thematisch öfter gewünscht hätte: im Ausbruch aus den Erwartungen. "Dass der Beat nicht mehr das tut, das er eigentlich soll."

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Prototyp
  3. 3. Narkose
  4. 4. Repeat
  5. 5. Stilles Meer
  6. 6. Sandsturm
  7. 7. Hochmut Kommt Vor Dem Fall
  8. 8. Nicht Mit Mir feat. MoTrip
  9. 9. Lost In Translation
  10. 10. Labyrinth
  11. 11. O.Z Interlude
  12. 12. 20 Paragraphen
  13. 13. Cool & Ruhig feat. Sido
  14. 14. Hallo Vergangenheit feat. Gary Howard
  15. 15. Tristesse feat. Manuellsen
  16. 16. Outro

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