laut.de-Kritik

Seltsam belehrend und erschreckend ungroovy.

Review von

"So sexy war Nena noch nie" titelte nicht nur die BILD, auch in anderen Meinungsführer-Postillen schien das lasziv in Szene gesetzte Äußere der 41-Jährigen einen höheren Stellenwert einzunehmen als die Veröffentlichung ihres fünften Soloalbums. Zugegeben: Erleuchtungsgepose à la "Chokmah" macht mir den Einstieg nicht eben leicht. Chokmah ist ein Begriff aus der mystischen Kabbala und bedeutet Weisheit.

Um auch musikalisch zu höheren Seinsebenen zu gelangen, holte sich Nena den Mitkomponisten Florian Sitzmann aus dem Söhne Mannheim-Umfeld ins Haus. Der legte ihr ein elektronisches Pop-Korsett um den Nietengürtel, das den Hörer dann leider die volle Albumlänge in den Muscheln zwickt. Anstelle einer runden Sammlung luftiger Popsongs gerät "Chokmah" zur philosophischen Märchenstunde mit Tante Luftballon.

Gleich der Opener hippelt und zwirbelt modern, aber ziellos durch den Raum, dazu kiekst Nena wie irre "ich weiß es, ich weiß es". Doch der Weg zur Weisheit ist weit. In der Single "Carpe Diem" beschreibt Nena in typischer Nöl-Manier die Liebe als Rettungsanker ihres Seins, die musikalische Umsetzung tröpfelt in etwa so träge dahin wie die bemühte Latein-Floskel. Und überhaupt: im weiteren Verlauf frage ich mich unentwegt, was Frau Kerner wohl falsch, und die 2raumwohnung richtig gemacht hat.

Wohlige Grooves bietet das mit dem Radio-Symphonieorchester Warschau (!) aufgenommene "Lass Die Leinen Los" und der an alte Nena-Tage erinnernde Midtempo-Ohrwurm "Kann Schon Sein". Die Ballade "Lichtarbeiter" wird all denen zusagen, die die Mannheimer Söhne mögen, denn Nena adaptiert Xavier Naidoos unnachahmlichen Gesangsstil praktisch 1:1. Über die Coverversion von "Leuchtturm", die mit Rap-Einlagen um ihre Existenzberechtigung kämpft, möchte ich einfach mal dezent schweigen. Warum macht Nena das? Nostalgie-Attentäter Oli P. hätte ihr das schon noch abgenommen.

Und: warum finde ich das alles so langweilig? Und aufgesetzt? Ist doch top produziert. Liegt es daran, dass Edo Zanki an der Produktion beteiligt ist, ab und an sogar mitsingt? Nena will modern klingen, das mag ihr streckenweise gelungen sein. Auf mich wirkt ihr nicht enden wollendes Spiritualitätsgefasel seltsam belehrend. Und im Gegensatz zu Hobby-Philosoph Thomas D. erschreckend ungroovy.

Trackliste

  1. 1. Chokmah
  2. 2. Heute Hab Ich Die Sonne Mit Dem Mond Verwechselt
  3. 3. Carpe Diem
  4. 4. Lass Die Leinen Los
  5. 5. Ich Hör Mir Zu
  6. 6. Lichtarbeiter
  7. 7. Rede Lieber Nicht Zuviel
  8. 8. Kann Schon Sein
  9. 9. Silbermond
  10. 10. Club Der Leisen
  11. 11. Du Gibst
  12. 12. Leuchtturm
  13. 13. Dafür Ist Das Leben Zu Kurz

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