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Kanye West - "The College Dropout"

Die Vorstellung von einer guten alten Zeit, in der die Dinge noch in Ordnug waren, entpuppt sich oft genug als Mythos, geboren aus Nostalgie und Verdrängung. In manchen Fällen gab es sie aber wirklich. Zum Beispiel konnte man vor zwanzig Jahren noch völlig unvoreingenommen von Kanye West hören. Die Frage "Jesses, welchen Bullshit hat er diesmal wieder abgelassen?" sprang einem noch nicht ins Gesicht, kaum dass sein Name fiel. Keine Kopfschmerzen, kein Bauchgrimmen, allenfalls die Knie schmerzten ein bisschen, nachdem man andächtig draufgesunken war, angesichts dieses Albums, seines Debüts.

Als "lang ersehntes Bindeglied zwischen Rucksack- und Jiggy-Rapper" feierten ihn, wie hier geschrieben steht, seinerzeit sogar Hardcore-Wu-Jünger, deklarierten "jeden Song zum achten Weltwunder" und zückten die Bestnote. Wahrlich, Rap braucht kein Abitur und auch sonst keinen Abschluss, wie "The College Dropout" eindrucksvoll belegt, wohl aber den Soul von Luther, Marvin oder Aretha, der aus den kunstvoll gepickten, gepitchten, geloopten Samples trieft wie Honig. Syleena Johnson, Common, Twista, Ludacris, Jamie Foxx, Mos Def, Freeway und natürlich Jay-Z geben sich dazu das Mic in die Hand.

Kanye West staubte gleich mit dem ersten Album Platz zwei in den Billboard-Charts, zwei Grammy-Moninierungen, eine davon erfolgreich, und dreifach Platin ab, etablierte sich außer als Produzent auch als Lyricist und katapultierte sich mit dem Nimbus eines begnateten Multitalents unmittelbar in den Hip Hop-Olymp. Ob und wie sich dieser rasante Start auf sein psychisches Gleichgewicht ausgewirkt hat ... wir werden es nicht mehr feststellen können. Sagen wir so: Weder die euphorischen Kritiken für noch die Verkaufszahlen von "The College Dropout" verpassten Ye einen Dämpfer. Sein Größenwahn konnte also nicht nur unbehelligt aufkeimen, sondern hernach auch munter ins Kraut schießen. Wo das hinführen kann: Wir haben es alle gesehen.

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