laut.de-Kritik

Die Speerspitze der EBM-Szene meldet sich zurück.

Review von

Der musikalische Output sowohl von Painbastard, als auch von [:SITD:] ist schon beachtlich. Erschien erst Ende Juli die Doppel-EP "Klangfusion", so legen beide Acts Ende September - die Schattenwerfer sogar etwas früher - jeweils mit einem neuen Album nach. Und das bemerkenswerte daran: Beide tun dies auf gleichbleibend hohem Niveau.

Wut bzw. Melancholie/Verzweiflung sind die beiden, unschwer zu erkennenden Hauptthemen auf "Borderline". Beide Emotionen sind eng miteinander verbunden und folgen einander meist dicht auf. So führt beispielsweise die Erkenntnis, nichts an einem Zustand oder einer Sache ändern zu können, zunächst zu Wut und letztendlich zur Melancholie ob der eigenen Hilflosigkeit. Da Wut aber auch eine enorme Antriebskraft sein kann, stehen auf dem neuen Album von Alex P. neun von 14 Songs ganz im Zeichen der Aggression.

Mit dem Titeltrack geht es im hohen Tempo und aggressiven Beats los. Zwar gönnt Alex im hinteren Teil dem Hörer eine kurze Verschnaufpause, in der auch eine wundervolle Melodie einsetzt und sich bis zum Ende durch den Track zieht. Doch die Härte kommt bald wieder zurück. Noch heftiger - und vor allem technolastiger - wird es allerdings mit dem folgenden "Digging Your Own Grave". Für Tanzflächen-Fetischisten mag das eine richtig schön treibende Nummer sein, für manch anderen sind die Techno-Elemente definitiv zuviel des Guten.

Zuviel des Guten sind auch langsam diese Vorlieben für Psychopathen und die entsprechenden Soundschnipsel aus irgendwelchen Filmen. "Keine Vergeben" ist schon wieder so ein Beispiel und langsam wird so etwas einfach langweilig, auch wenn der Song ansonsten wirklich stark ist. Staunt man bei "Hope Dies Last" zunächst noch darüber, dass hier erstaunlich wenig Verzerrung auf der Stimme liegt, erklärt sich diese Tatsache damit, dass Nemrod von Dememti Alex für diesen Songs seine Stimme geliehen hat. Nichts gegen Alex und seinen Vocoder, aber das raue, ausdrucksstarke Organ von Nemrod passt sehr gut zu diesem Track.

Mit "Cold World" geht der Härte- und Tempofaktor wieder steil nach oben. Ist das Aggressionspotential hier noch ziemlich hoch, geht es bei den folgenden Tracks der Rage-Sektion zwar musikalisch wieder ein wenig zurück, doch tanzflächenkompatibel sind die Songs durch die Bank. Für die etwas kreativeren DJs, die sich nicht nur mit den offiziellen Singles zufrieden geben, dürfte das eine schwierige Sache werden, den richtig Song heraus zu picken. Härtere Beats tauchen nochmals in "Borderline Reprise" auf, dem sich Amnistia in dieser Form neu angenommen haben.

Die Melancholy-Phase leitet Beethovens "Mondscheinsonate" ein, die natürlich ein klassisches EBM-Tuning erhalten hat. Nicht ganz uninteressant, aber ich befürchte Beethoven dreht in seinem Grab die ein oder andere Pirouette. Hölle auch, das ist doch eine Gitarre, die da bei "Stirb Noch Nicht" erklingt. Von einem Riff zu sprechen, wäre zwar zu viel des Guten, aber der Painbastard zeigt in diesem eher besinnlichen Stück, dass er für alle Einflüsse offen ist. Das akustische "Liebe, Die Verbrennt" greift die Mondscheinsonate anschließend wieder auf und führt sie in Alex' Sinne weiter.

"Parting From You" ist ein sehr melancholisches Stück mit Streichern und Marschtrommel, das erst nach und nach Fahrt aufnimmt und dann - zumindest was Alex Stimme angeht - fast schon in die Rage-Sektion passen würde. Der längste Track, "Beyond All Borders", setzt den Schlusspunkt und wartet mit ein paar fast schon antiquierten Computereffekten auf, die im Zusammenhang aber absolut passen. Somit reiht sich "Borderline" nahtlos in die bisherigen, hochwertigen Veröffentlichungen von Painbastard ein und etabliert den Mann zusammen mit [:SITD:] an der Spitze der deutschen EBM-Szene.

Trackliste

Part I: Rage

  1. 1. Borderline
  2. 2. Digging Your Own Grave
  3. 3. Kein Vergeben
  4. 4. Hope Dies Last (feat. Nemrod/Dementi)
  5. 5. Cold World
  6. 6. A Fool In Love
  7. 7. Web Of Lies
  8. 8. Madhouse Earth
  9. 9. Borderline Reprise (Type III traumatized by Amnistia)

Part II: Melancholy

  1. 10. Mondscheinsonate
  2. 11. Stirb Noch Nicht
  3. 12. Liebe, Die Verbrennt
  4. 13. Parting From You
  5. 14. Beyond All Borders

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