laut.de-Kritik

Bizarre synthetische Welten, zerlegt, verdreht und gefiltert.

Review von

Gleich zu Beginn pressen sich minimalelektronische Klänge, in wilde Effektorgien zerlegt, verdreht und gefiltert, direkt in die Synapsen des Hörers, ohne Stilfesseln, ohne Blick auf die angesagten Elemente moderner populärer Musik. Dabei trägt Keith Tenniswood nie zu dick auf, der Sound ist stets tanzbar und kommt eben so gut auf der heimischen Stereoanlage, um nach Feierabend in bizarre synthetische Welten ab zu tauchen und sich treiben zu lassen. Dieses Material hat Hitpotenzial. Songs wie "Airlock", "Kik Yerself", "See You Next Tuesday" und "Fed-Ex To München", der einzige Song mit Gesang, kommen trotz ihres Minimalismus verhältnismäßig poppig daher und begeistern mit netten Melodien, fernab von Kitsch und Bombast.

Die Struktur des Albums ist wohl durchdacht. Die Stücke bauen konsequent aufeinander auf und wechseln sich ab wie Tag und Nacht. Es sei dem geneigten Hörer daher empfohlen, das Meisterwerk beim ersten Mal am Stück zu hören, damit sich die Wirkung voll entfaltet. Auf einen Brecher folgt stets eine deepe, atmosphärische Phase, doch jeder Song steigert sich am Ende über den vorhergehenden, bis man sich nach dem Drum'n'Bass-Hammer "Eat 'Em All" ganz abrupt im melancholisch-chilligen "Fed-Ex To München" wieder findet. Ein perfektes Wechselspiel, das sich am Ende anfühlt wie ein Nachhauseweg von einer fetten Party, von der man am liebsten nie mehr runtergekommen wäre.

Auch einzeln betrachtet sind die Songs allesamt Perlen. Nach dem gelungenen Intro "Suddenly Projected" folgt das deep groovende "See You Next Tuesday", das sich langsam aufbaut und immer mehr in alle Verzweigungen des Körpers schlängelt, bis man früher oder später mit den ersten Bewegungen zum Takt beginnen muss. Sehr atmosphärisch beginnt "Bug In Me System", klopft dann aber mit einem heftigen Beat gut auf das zentrale Nervensystem.

"Airlock" startet bereits mit treibendem Beat und tief schwebenden, atmosphärischen Synths, um nach plötzlich einsetzendem Basssolo in eine phantastische, wohlig-warme Klangwelt auszubrechen. Die Aufforderung "Kik Yerself" darf man danach getrost ignorieren, das tut der Song schon zu genüge: das ist auf alle Fälle einer der absoluten Dancefloor-Kracher des Albums. Wer sich bisher noch nicht den den Arsch abgeschüttelt hat, wird spätestens jetzt damit anfangen.

Das nächste Stück kommt wieder sehr deep und düster, harte Bässe, schneller Beat. Das unaussprechliche "1/u=Daven't Nay" läuft trotz seines monotonen Basses ausgesprochen angenehm rein. Richtig spannend wird's mit den nächsten drei Tracks, die sicher den Höhepunkt des Albums darstellen. "Ruby Rage” begeistert mit seinem bouncenden Bretterbasslauf und treibt mit knallharten Elektro Breakbeats den Schweiß auf die Stirn. In die gleiche Kerbe schlägt auch "Twistyboomklart", das mit straight nach vorne gehenden Drums aufwartet. Den Vogel schießt der radioaktive Mann dann aber mit "Eat'em all" ab, jedoch nicht mit dem Luftgewehr, sondern mit Nuklearraketen.

Alles in allem ist "Booby Trap" ein perfekt produziertes und künstlerisch anspruchsvolles Album, das auch manchen Leuten, die sonst einen Bogen um Elektro machen, gefallen dürfte. Sicherlich eines der gelungensten Würfe dieses Genre und garantiert keine "Booby Trap" (Idiotenfalle) für den Käufer.

Trackliste

  1. 1. Suddenly Projected
  2. 2. See You Next Tuesday
  3. 3. Bug In Me System
  4. 4. Airlock
  5. 5. Kik Yerself
  6. 6. Suitybloke
  7. 7. 1/u=Daven't Nay
  8. 8. Ruby Rage
  9. 9. Twistyboomklart
  10. 10. Eat 'em All
  11. 11. Fed-Ex To München

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