laut.de-Kritik

Als Gentleman lässt er natürlich der Dame den Vortritt ...

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Als wahrer Gentleman lässt er natürlich der Dame den Vortritt: mit ihrer rauchigen Stimme und zartem Vibrato eröffnet Norah Jones das letzte musikalische Lebenszeichen der Blues-Legende Ray Charles. Zunächst werfen die beiden sich gegenseitig die Bälle zu, um "Here We Go Again", den Klassiker von Charles' 67er Album "Listen", schließlich im Duett zum Höhepunkt zu bringen.

Und spätestens in dem Augenblick, in dem die Vocals des Shooting Stars und die des Altmeisters zusammen gehen, entstehen magische Momente, zumal, ganz anders als erwartet, die Lady die tiefen Register übernimmt. Vergleichsweise unspektakulär kommt die sparsame Begleitung daher, in der Norah Jones mit dem Piano nur einige Tupfer setzt, während Ray Charles schillernde Hammondorgel-Harmonien aufeinander türmt.

Bereits schwer krank hat der im Juni dieses Jahres verstorbene Ray Charles Freunde und Künstler, die er bewundert, ins Studio eingeladen, um mit ihnen live seine oder ihre Lieblingssongs einzusingen. Das Genie liebt Gesellschaft, erklärt der Album-Titel das Ansinnen, aber nicht nur junge: Unter vielen Stars und seit langem etablierten Größen der Musikszene ist Norah Jones der einzige 'Newcomer'.

Nach "Sweet Potato Pie", einem der besten James Taylor-Songs in einer neuen, strahlenden Version mit scharf geschnittenen Bläsersätzen, kommen beim Duett mit Diana Krall erstmals Streicher und reichlich große Gefühle ins Spiel. Dass das klassische Instrumentarium nicht automatisch schmalzige Klänge erzeugt, beweist die folgende Aufnahme mit Elton John. Die neue Version von "Sorry Seems To Be The Hardest Word" kommt trotz weinerlicher Geige und flächendeckenden Keyboards frisch und lebendig daher.

Zu weiteren Höhepunkten zählen die Duette mit Natalie Cole und B.B. King sowie natürlich das anlässlich Van Morrisons Aufnahme in die Songwriter's Hall Of Fame im Juni 2003 aufgezeichnete "Crazy Love". Und selbst das seltsame und irgendwie unausgegorene Gegeneinander von Country-Gitarre und Willie Nelsons Whiskey-Stimme einerseits und den edlen Holzbläsern eines distinguierten klassischen Orchesters anderseits hat noch seinen ganz eigenen Reiz. Wahre Stars beweisen eben selbst im Scheitern Größe ...

Trackliste

  1. 1. Here We Go Again - Norah Jones
  2. 2. Sweet Potato Pie - James Taylor
  3. 3. You Don't Know Me - Diana Krall
  4. 4. Sorry Seems To Be The Hardest Word - Elton John
  5. 5. Fever - Natalie Cole
  6. 6. Do I Ever Cross Your Mind - Bonnie Raitt
  7. 7. It Was A Very Good Year - Willie Nelson
  8. 8. Hey Girl - Michael McDonald
  9. 9. Sinner's Prayer - B.B. King
  10. 10. Heaven Help Us All - Gladys Knight
  11. 11. Somewhere Over The Rainbow - Johnny Mathis
  12. 12. Crazy Love - Van Morrison

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