laut.de-Kritik

Afropop zwischen fröhlicher Unbeschwertheit und nachdenklicher Melancholie.

Review von

Manchmal hat es schon viel Schönes, einer Sprache nicht mächtig zu sein. In einer Mischung aus portugiesischer Umgangssprache und angolanischem und kapverdischem Slang vorgetragen, werden Inhalte vollkommen zweitrangig. Der Kopf ist frei für Stimmungen, Vibes und Atmosphäre - bei Sara Tavares wahrlich kein Fehler.

Ich habe keine Ahnung, wovon diese Dame erzählt. Ehrlich gesagt, ist mir das auch egal. In ihrer klaren Stimme, die trotz der recht hohen Tonlage nie an den Nerven zerrt, klingt mal fröhliche Unbeschwertheit, mal Nachdenklichkeit und leise Melancholie mit. Wehleidig oder gar weinerlich wirkt Sara Tavares allerdings auch dann nicht, wenn sich ihre Zeilen (wie in "Dam Bô") sehnsuchtsvoll in die Weite schwingen.

Ihre Stimme wird von locker-luftigen, verspielten Akustikgitarren begleitet, die den Rhythmus vorgeben, häufig aber mit dem vorgelegten Tempo in deutlichem Gegensatz zum doch eher getragenen Gesang stehen. Die Saiten werden präzise, dennoch scheinbar mühelos, vor allem aber temperamentvoll gespielt, ohne Frage. Trotzdem: Für meinen Geschmack dominiert der Gitarrensound über die komplette Länge von "Balancê" doch zu stark.

Als sehr begrüßenswert empfinde ich (allerdings nicht nur deswegen) "Guisa": Hier steht das Instrument zurückgenommen im Hintergrund. Beeindruckend, wie präsent und stark der Gesang auch nahezu ohne Unterstützung wirkt. "De Nua" schließlich verzichtet einmal gleich ganz auf die Gitarre. Das letzte Stück des Albums baut lediglich auf Percussion, in deren Stil sich Saras afrikanisches Erbe mit am deutlichsten widerspiegelt.

Stimmliche Schützenhilfe benötigt Sara Tavares nicht. Im Gegenteil: Das Zusammenspiel mit ihr wertet das leicht kehlige Organ Melo Ds in "Poka Terra" erst auf. Alleine hätte dieser bestimmt nicht so viel hergemacht. Im Dialog ergeben die beiden Stimmen jedoch ein angenehm stimmiges Bild. Die Hommage richtet sich auch hier kaum überhörbar an Mama Afrika, den Schwarzen Kontinent, auch wenn die Gitarre ein leichtes Latino-Gefühl ins Spiel bringt.

Im Rahmen der schwungvollen Feelgood-Nummer "Bom Feeling" lässt Sara Tavares Talent für Scat- und Sprechgesang aufblitzen. Bevorzugt singt sie aber "Wiegenlieder für sich selbst". Es liegt in der Natur der Sache, dass sie dabei nicht unbedingt mit aller Macht auf den Putz haut - was (aber wirklich nur ein winziges bisschen) schade ist.

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