laut.de-Kritik

Flächen, Bässe, Beats - hier stimmt einfach alles.

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Es ist vollbracht. Sascha Funke, neben Paul Kalkbrenner und Ellen Alien der umtriebigste und schaffensfreudigste Produzent der Berliner Technobande um das ehrwürdige bpitch control-Label, hat mit "Bravo" seinen ersten ausgewachsenen Longplayer an den Start gebracht. Eine nicht ganz niedrige Hürde angesichts der famosen Maxis, mit denen er uns in den letzten zwei bis drei Jahren regelmäßig beglückte.

Man denke nur an technoide Meilensteine wie "2:1 für die Liebe" oder die wunderbare Discoreanimation "When Will I Be Famous". Zudem zeigt die Erfahrung, dass es doch einen gewaltigen Unterschied macht, ob man einen Burner plus zwei bis drei ordentliche Tracks auf einer 12-Inch, oder ein Album auf durchgehend hohem Niveau zu erschaffen gedenkt. Bei letzterem Versuch zeigt sich nämlich ganz schnell, wie viel Kreativität und musikalische Bandbreite in einem Künstler stecken. Gar zu schnell wird ein auf Albumlänge aufgeblasener, an sich hübscher Techno-Einfall plötzlich ganz klein und langweilig.

Funkes Ideen von moderner elektronische Musik jedoch scheinen angesichts der Möglichkeiten, die ihm die Spielzeit eines Albums bietet, eher noch zu wachsen, er sprüht geradezu davon. Mit unerhörter Leichtigkeit liefert er auf "Bravo" zehn zum Teil brillante neue Tracks ab, die sowohl problemlos als homogenes Ganzes funktionieren, als auch jeder für sich völlig eigenständig einfach da stehen und jeweils ihr ganz spezielles Feeling transportieren.

Das Spektrum reicht dabei von fast schon im Ambient-Saloon angesiedelten besinnlichen Seelenschmeichlern ("Quiet Please") über gesanglich angereicherte Midtempogroover ("Now You Know", "Forms & Shades") bis hin zu radioaktiven Minimaltechnopumpern ("Semi"). Nett auch, dass er für die Nicht-Vinylfetischisten sein "2:1 für die Liebe" als gesegneten Weihnachtsbonus noch mit drauf gepackt hat.

Wohltuende Überraschung bei vielen der Bravo-Tracks ist zudem der Umstand, dass sie den geneigten Hörer beim häuslichen Betrieb in gemässigter Lautstärke wohlig zu umgarnen vermögen, während sie auf einer Tanzveranstaltung in entsprechenden db-Zahlen dargereicht der versammelten Zuhörerschaft ganz schön tief in den Arsch treten können. Two In One so zu sagen. Nicht schlecht und bereits mehrfach erprobt. Ein weiterer Pluspunkt von "Bravo" sind die, bei Herrn Funke eigentlich fast schon selbstverständlich, superduper Sounds. Kalt und warm gleichzeitig, mal ein bisschen analog im Bassbereich, dann wieder artifiziell wie sonst was, stets jedoch typisch Funke und niemals langweilig oder gar abgedroschen. Dass er arrangieren kann, ist eh bekannt.

Alles in allem hört man "Bravo" einfach von vorne bis hinten an, dass hier einer sein Handwerk versteht - Flächen, Bässe, Beats - alles ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort und hat (s.o.) den richtigen Sound im Handgepäck. Sicher einer der Hauptgründe, warum die gesamte Platte so rund klingt. Rundsein ist gut, Funke ein Spitzentyp, Höchstwertung unvermeidlich.

Trackliste

  1. 1. Now You Know
  2. 2. I Just Can't Wait To See You
  3. 3. Forms & Shapes
  4. 4. Strassentanz
  5. 5. Bravo
  6. 6. Twingo
  7. 7. Soso
  8. 8. 2:1 Für Die Liebe
  9. 9. Quiet Please
  10. 10. Semi
  11. 11. Hallo & Hugga

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