24. Juli 2002

"Wie wir 'The Cold White Light' live spielen sollen, wissen wir auch noch nicht"

Interview geführt von

Ursprünglich waren Sentenced nur eine Death Metal Band unter vielen. Nachdem sie sich mit eingängigem, harten Rock mit rauhem, melodischem Gesang einen Namen gemacht haben, erscheint im Mai 2002 mit "The Cold White Light ein Hammeralbum der Finnen. Das beweist, dass ihre Kombination von eingängigen, genialen Melodien, mit sägenden Riffs nach wie vor perfekt funktioniert.

Hi Sami, was habt ihr denn die letzten zwei Jahre lang gemacht?

Junge, du stellst Fragen. Wie ausführlich solls denn werden? Naja, nach der Tour haben wir erst mal eine kleine Pause gemacht und etwas relaxt, da die Akkus doch ziemlich leer waren. Als wir unseren Arsch dann wieder in den Proberaum gehievt haben, ging es wieder kräftig zur Sache, da wir immer recht intensiv proben. Deswegen hatten wir auch 17 oder 18 Songs, bevor wir ins Studio gingen. Das ging uns dann alles sehr leicht von der Hand, denn die Pause hatte uns doch sehr gut getan. Wir haben dann die Songs aufgenommen und bearbeitet, die du auf dem Album hörst und warten jetzt darauf, dass es veröffentlicht wird.

Was ist mit den anderen Songs, die es nicht auf die Platte schafften?

Die sind mehr oder minder fertig. Es fehlen hauptsächlich noch die Gesangslinien. Wir mussten einfach irgendwann entscheiden, welche Songs wir für "The Cold White Light" verwenden und welche nicht. Wir haben noch ein paar gute Songs in der Hinterhand und wenn wir im Herbst noch etwas Zeit finden, werden wir vielleicht noch eine EP nachschieben. Im Augenblick sieht es da aber etwas eng aus, da wir viel touren wollen.

Was wollt ihr mit dem Titel eigentlich aussagen?

Wir wollten das eigentlich so offen wie möglich lassen, da Licht ja als Metapher für so viele Dinge stehen kann. Es kann sowohl das Licht des Lebens, als auch des Todes sein. Das licht der Hoffnung, was auch immer. Es ist aber auch eine Verbindung, welche die einzelnen Songs zusammen hält. Es drängte sich uns förmlich auf. Es passt einfach zur Musik und den Texten. Es passt einfach zu Sentenced, da es irgendwie doch etwas stark melancholisches hat.

Warum "COLD White Light"? Alle Nahtod-Erfahrungen berichten doch eher von einem warmen weißen Licht, in das sie hinein treten wollten.

Ja, hehe, merkst du was? Wir wollten einfach allen ne Chance geben, auch denen, die eher frieren.

Das letzte Album wurde in vier verschiedenen Studios aufgenommen, das jetzige in zwei. Werdet ihr euch beim nächsten für eins entscheiden können, oder woran liegt das?

Kann man nicht genau sagen (lacht). Wir wollten eigentlich bei dieser Platte schon in einem bleiben, in Oulu. Aber für den Drum Sound war das einfach nicht das Richtige, deshalb sind wir wieder ins Finnvox Studio gegangen, da dort die Akustik besser ist. Auch das Mixing und das Mastering entstand dort.

Ihr habt recht viele Klavier- und Keyboardparts auf der Scheibe. Die sind zwar alle schön, nur habe ich ab und zu das Gefühl, dass die Rhythmusgitarre dadurch etwas unter geht.

Wir haben einiges ausprobiert, um jedem Song eine eigene Atmosphäre zu verpassen. Wir wollten, vor allem bei den Refrains, immer einige Extras mit einbauen. Ich denke nicht, dass die Gitarren dadurch untergehen, aber die Keyboards sind stellenweise schon gleichberechtigt neben den Gitarren, da hast du recht. Das hatten wir in der Vergangenheit nicht sehr oft, wir wollten aber vor allem mit der Lautstärke der Keys experimentieren. Das stört uns aber nicht, da die Keys einfach songdienlich eingesetzt worden sind. Also passt das so.

Wie werdet ihr das auf Tour handhaben?

Wir werden auf keinen Fall mit Keyboarder touren, das kommt dann eben von DAT oder von Mini Disc, wir werden sehen. Das wird sich dann aber auf drei, vier Songs beschränken.

Man hört erstaunlich viele klare Gesangslinien auf "The Cold White Light". Ville scheint damit ja immer besser zu Recht zu kommen.

Seine Fähigkeiten in diesem Bereich werden größer und größer. Deswegen können wir von Album zu Album auch immer wieder etwas Neues ausprobieren. Ich denke das schafft eine gute Abwechslung zwischen den verschiedenen Parts. Das hält es sowohl für uns, als auch für die Fans interessant. Wir wollen so viele Variationen wie möglich in den Songs haben. Das gilt für die Instrumente genauso wie für die Stimme.

Bei "Neverlasting" gibt es ja mal richtige Backing Vocals. Wer hat die denn verbrochen?

Ville, im Studio ist das ja an der Tagesordnung. Wie wir das live reproduzieren, wissen wir aber auch noch nicht. Das müssen wir dann ja irgendwie aufteilen, da er den Text nicht allein singen kann. Die Wörter überschneiden sich ja immer. Wir probieren im Proberaum gerade ein paar Sachen aus. Wir werden sehen.

Bleiben wir gerade mal bei "Neverlasting". Der Song ist ja eigentlich ein Novum. Irre ich mich, oder ist das ein Song mit einer positiven Message?

Ja das kann man durchaus so sehen und es ist auch nicht der einzige. Der Song ist ganz schön aggressiv und rockig und die Lyrics passen sich dem an, sind aber etwas fröhlicher gestaltet, mehr so ein Party Ding. Wir waren der Meinung, dass zu dem Song keine schwerwiegenden Texte passen würden. Man sollte sein Leben auch genießen nach dem Motto "burn the candle at both ends". Wir haben sowieso nicht allzu viel Zeit in unserem Leben, warum also nicht Spaß haben, solange es geht. Der Text stammt übrigens von Ville.

Hatte er da nen guten Tag, oder nur gute Drogen?

Keine Ahnung (lacht), das musst du ihn schon selber fragen. Aber wahrscheinlich täuscht er nur was vor, hahaha. Aber wie gesagt, das ist nicht der einzige Song mit positiver Message. "Brief Is The Light" ist zum Beispiel ein Song darüber, wie kurz das Leben doch ist und wenn du mal darüber nachdenkst, führen zwar alle Wege nach Rom, aber am Ende fährt auch jeder nen Kombi, egal wie viel Knete du zuvor hattest.

Hab ich irgendwas nicht mit bekommen? Du sagtest doch etwas von positiver Botschaft.

Ja ja, wart doch mal ab (lacht). Wenn man sich damit mal auseinander gesetzt hat und das verarbeitet hat, dann kann man sein Leben viel freier leben und auch kleinere Dinge genießen. Man erfreut sich eher an den Dingen die man hat, anstatt sich über die zu ärgern, die man nicht hat.

Na wenn du das sagst. Von den Texten her war "Crimson" ja eine sehr depressive Platte. Nun habt ihr wieder zu eurem makabren Humor zurück gefunden, wenn ich mir Titel wie "Excuse Me While I Kill Myself" ansehe ...

(lacht sich erst mal schlapp) Oh yeah, baby, den Text hab ich geschrieben. Ich wollte damit mal kräftig unseren Ruf auf die Schippe nehmen, den wir im Endeffekt uns ja selber zu zu schreiben haben. Alle denken ja, wir wären fünf Trauerklöße aus Finnland, die sich den ganzen Tag überlegen, wie sie sich am schnellsten und am besten die Birnen wegblasen können. Wir wurden von der Presse schon so oft als so etwas wie eine Selbstmörder Band hingestellt und ich wollte jetzt doch mal etwas klarer stellen, dass das alles nicht immer so Ernst gemeint ist. Diejenigen, die auch in der Vergangenheit unsere Texte etwas genauer unter die Lupe genommen haben, dürften gemerkt haben, dass wir eigentlich eher das Leben befürworten, als den Tod. Der ist einfach ein ganz natürlicher Teil unseres Leben und deswegen auch sehr präsent in unseren Texten. Aber in diesen Texten wie "Excuse Me ..." oder auch "Luxury Of A Grave", machen wir uns über all das eher lustig und auch über uns selbst und unser Image.

Ich dachte mir schon, dass der Text von dir stammt. Der Humor ist nämlich genau derselbe, mit dem du die englischen Fragen auf eurer Homepage beantwortest.

Ja das kann man wohl erkennen.

Ich hab auch erkannt, dass du die Fragen immer erst nach Mitternacht beantwortest (nennt mich Sherlock Holmes). Was machst du denn den ganzen Tag?

Och, ich penn normalerweise bis mindestens zwölf Uhr mittags und bleibe so bis etwa vier Uhr morgens auf. Wenn ich dann nichts anderes zu tun habe, beantworte ich ein paar Fragen auf der Homepage. Jene, die in finnisch gestellt werden, beantwortet unserer Drummer.

Ihr habt ein Intro auf euerer Homepage, das äußerst depressiv rüber kommt. Auch das Statement, bevor es dann losgeht, ist sehr eindeutig. Denkst du wirklich, das Leben ist so trist und alles wird besser, wenn du erst mal den Löffel weg legst?

Quatsch, das ist das selbe wie mit "Brief Is The Light". Wenn man erkennt, dass man irgendwann stirbt, kann man den Tod als eine Art Ratenzahlung ansehen. Man hat also etwas, auf das man sich in der Zukunft freuen kann (lacht).

Tolle Zukunft. Also stimmst du mit der christlichen Religion überein, die erzählt: "Hey, euer Leben muss richtig scheiße sein, damit ihr durch den Tod erlöst werdet und dann ist alles Banane!"?

Bist du wahnsinnig? Das hat mit Religion gar nichts zu tun. Wenn es vorbei ist, will ich eigentlich nur schlafen. Ich glaube nicht, dass es nach dem Tod in irgendeiner Form weiter geht. Ich mach dann kräftig Pause.

Für euch gehts ja demnächst nach Amerika. Was ist da tourmäßig geplant?

Wir werden für ein paar Wochen durch die Gegend tingeln und in den größten Städten spielen. Das wird aber nicht so lange dauern, wie die anschließende Europa-Tour. Danach werden wir aber noch mal in die Staaten fliegen. Wir waren bisher nur einmal da, um auf diesem beschissenen Festival zu spielen, wo wir ziemlich in den Arsch gekniffen wurden. Danach hatten wir beinahe keinen Bock mehr, überhaupt noch mal in die USA zu reisen. Ich hab mal ausgerechnet, dass wir für jede Minuten auf der Bühne in etwa 600 Meilen gefahren sind. Das Festival war echt ein Witz. Es gab hundert Bands auf vier Bühnen an zwei Tagen. Jede Band hatte eine halbe Stunde und wir sollten Headliner sein. Irgendwelche Trottel aus ner lokalen Band haben dann auf der Bühne Feuer gelegt, weswegen das Konzert für zwei Stunden unterbrochen werden musste. Danach hat jede Band noch 15 Minuten Spielzeit bekommen. Die Organisatoren des Festivals haben noch versucht, mit der Polizei zu reden, aber da war nichts zu machen. Wir hoffen aber, dass die Tour etwas erfreulicher wird.

Dann muss ich noch eines wissen: Auf der "Down" Scheibe, heißt es im Song "Warrior Of Life": "I'm the warrior of life, I know the reaper by name". Wie heißt er denn nun, der Tod?

Das könnte ich dir jetzt schon sagen, nur leider müsste ich dir dann das Licht ausknipsen, hahaha. Er ist ein sehr guter Freund von mir und sagte, ich solle es niemandem verraten.

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