laut.de-Kritik

Zwielichtige Puffs, schäbige Pubs, schwülstige Grooves.

Review von

80er Jahre-Fans werden sich die letzte Juliwoche besonders dick im Kalender angestrichen haben. Lavendelfarbene Einladungen sind verschickt, die Getränke kühl gestellt, Chips und Knabberzeug warten auf hungrige Münder, und das Heimkino harrt im Standby-Modus der Dinge, die da kommen mögen. Grund für die überschwengliche Partystimmung ist das DVD-Release von Soft Cells 1982er Synthie-Trash Machwerk "Non Stop Exotic Video Show".

Zwölf Songs lang entführen uns Soft Cell in die zwielichtig barocke Welt ihres Londoner Lieblingsviertels Soho. Mit unmissverständlichen Leuchtreklamen locken sie die Zuschauer in das Nachtleben der britischen Hauptstadt, vorbei an heruntergekommenen Clubs, schmierigen Transvestiten und geldhungrigen Liebesdienern. In einem schäbigen Erotikkino mit durchgesessenen Sitzen flimmert Soft Cells "Seedy Films" über die Leinwand. Der verruchten Welt der Sexshops und Stricher huldigen Marc Almond und Dave Ball im praktischen Vierminutenformat.

Neben solchen, weniger bekannten Perlen enthält Soft Cells erotische Video-Show, wie das filmische Debüt 1982 politisch korrekt betitelt wurde, natürlich auch die großen Schmachtfetzen des Duos. Allen voran "Tainted Love", die mit viel Pathos in Szene gesetzte Gloria Jones-Coverversion, die die beiden Kunststudenten Marc Almond und Dave Ball 1981 aus ihrem engen Proberaum in Leeds direkt an die Spitzen der Charts katapultierte. "Non Stop Exotic Video Show" erfreut die Zuschauer mit dem im Musikfernsehen selten gezeigten "Tainted Love"-Originalvideo.

Mit "Bedsitter", "Torch" und "Say Hello Wave Goodbye" bringen Soft Cell auch die übrigen Hitsingles des Albums in Anschlag. Noch bevor MTV die 80er Jahre zum Jahrzehnt des Videoclips machte, beweisen Soft Cell hier einen guten Riecher für neue Medien und gefallen sich sichtlich in der Rolle der schauspielernden Musiker. Hält sich Dave Ball meist dezent im Hintergrund, so blüht der androgyne Marc Almond vor der Kamera erst richtig auf. Expressive Gestik, schmalzige Intonation und divenhaft entrückte Lyrics gleich inklusive.

Neben erwähnten Hitsingles unternahmen Soft Cell 1982 auch das Wagnis, die weniger populären Songs ihres Albums "Non Stop Erotic Cabaret" zu bebildern. So entstand die rund einstündige "Non Stop Exotic Video Show", die nun im voluminösen 5.1 Sound mächtig aus den Boxen drückt. Kein Wunder, dass Soft Cell auf den Dancefloors der Welt heute wieder so aktuell sind wie vor zwanzig Jahren. Neuabgemischt versetzen "Sex Dwarf" oder "Memorabilia" jeden in Ekstase.

Trackliste

  1. 1. Entertain Me
  2. 2. Bedsitter
  3. 3. Frustration
  4. 4. Torch
  5. 5. Seedy Films
  6. 6. Secret Life
  7. 7. Tainted Love
  8. 8. Youth
  9. 9. Memorabilia
  10. 10. Sex Dwarf
  11. 11. What
  12. 12. Say Hello Wave Goodbye

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LAUT.DE-PORTRÄT Soft Cell

Vier Jahre nur hielten es die beiden Kunststudenten Marc Almond und Dave Ball zusammen aus, bevor das Duo beschloss, fortan wieder getrennte Wege zu gehen.

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