laut.de-Kritik

Überraschend vertrautes Singer/Songwriter-Debüt aus Kiel.

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"Bitte warte auf die guten Gedanken / und dann halt den Kopf still / damit sie nicht verwackeln." Wer hier den Gedanken verfolgt, es könne sich um was Neues von Gisbert zu Knyphausen handeln, ist ganz schön schief gewickelt. Im Gegenteil: Die Songs von Staring Girl leuchten nicht jede noch so tiefe Gefühlsnische des Sängers aus, sondern drehen sich um einfache Gefühle und das alltägliche Wirrwarr.

"Sieben Stunden Und 40 Minuten" illustriert den tristen und einfältigen Alltag eines Protagonisten: "Die Sache, die mir so gut gefällt / war viel zu lang in einer Kiste unterm Bett abgestellt." ("Sieben Stunden Und 40 Minuten") Dabei drängt sich nicht einmal die sich durch Moll-Akkorde windende Gitarre auf, die zusammen mit dem Rest der Band im Hintergrund wie ein rumpelnder Güterzug in der Nacht vorwärtsdrängt. Das Staring Girl-Debüt ist so unverfänglich, dass es einen schon wieder in seinen Bann zieht.

Ob optimistische Weltansichten ("Die Guten Gedanken") oder tagelange Tristesse ("Cornflakes Mit Milch"); Stefan Nibbe weiß, wie man das noch so ausgeleierte Klischee des deutschen Singer/Songwriterliedguts wieder auf Hochtouren bringt. Nichts klingt wie schon einmal gehört und doch erscheint es überraschend vertraut.

Ein schönes Beispiel dafür ist "Türgriff Abgebrochen", das jedem, der mal gar keinen Bock auf Menschen verspürt, die Worte aus dem Mund nimmt. "Jede Einladung schlag ich aus / Ich muss noch meinen Kaktus gießen." Und spätestens bei "Jeder Geht Allein" sollte man verstanden haben, warum Staring Girl nicht nach zu Knyphausen klingt.

Zwar ist da diese gemeinsame nordische Herkunft, die sich mit seinem grauen, drückenden Wetter und dem Meer auf dem Debüt der Kieler Band festsetzt. Doch gerade diese Tristesse weckt das Interesse auf das, was hinter dem dichten Nebel steckt. Solch eine nautische Thematik verbunden mit verliebter Melancholie und den endlosen Weiten der Erinnerungen findet sich beispielsweise in "Vorhänge". "Ich wollt dich mindestens zwei mal heiraten / und wie ein alter Kapitän will ich jetzt mit dir untergehn."

"Sieben Stunden Und 40 Minuten" ist ein gelungenes Erstlingwerk einer Band, die nicht zufällig ein wenig nach einer Mischung aus Hamburger Schule und den melancholischen Gedanken Gisberts klingt. Die Songs von Staring Girl möchte man am liebsten auf dem einsamen Nachhauseweg durch seine Kopfhörer schallen lassen, um in der nebligen Nacht nicht ganz so allein zu sein.

Trackliste

  1. 1. Die Guten Gedanken
  2. 2. Sieben Stunden Und 40 Minuten
  3. 3. Cornflakes Mit Milch
  4. 4. Ich Glaube Nicht
  5. 5. Türgriff Abgebrochen
  6. 6. Jeder Geht Allein
  7. 7. Vorhänge
  8. 8. Mann Im Zimmer
  9. 9. Kaltes Haus
  10. 10. Auf Dem Weg Zu Mir Nach Haus

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LAUT.DE-PORTRÄT Staring Girl

"In den langen, langen Straßen auf dem Weg zu mir nach Haus, wo jede Nacht die Autos parkten, sah es so aus, als hätte alles seinen Platz gefunden.

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