laut.de-Kritik

Der Berliner Produzent ist kein Trunkenbold, sondern bewusster Genießer.

Review von

"Dem Suff entkommt man nich'", philosophiert mein Flüssigkeits-freundlicher Kreuzberger Bekannter P-Dog stets zu jedem gegebenen Wochenende. Sein Abseits-der-Arbeit-Motto avanciert mittlerweile auch zum Lehrsatz für jeden BoomBap-liebenden Rap-Fan in Deutschland. Edel-Beathead und selbsterklärter Liquid Junkie Suff Daddy aus Berlin ist Zwanzigzehn die erste Adresse für herrlich traditionelle Rap-Musik.

Bereits sein Beitrag zu der "Hi-Hat Club"-Reihe der Kölner Qualitätsinstanz Melting Pot Music legte im September die Latte der hierzulande produzierten Beattapes hoch. "Suff Draft" war eine durch und durch überzeugende Eigeninterpretation, der aktuell in Hochkonjunktur stehenden Sample/Synthie/Drum-Herangehensweise Detroitscher Prägung. "The Gin Diaries", das offizielle Debütalbum von Suff Daddy, hingegen sprengt die Definition der eng gewordenen Schnittmenge der Produktionen von Dilla-Klonen und Madlib-Nachahmern.

Spätestens jetzt sollte in keinem Interview mit dem Berliner Spirituosen mehr der Schaffenseinfluss seitens James Yanceys totgefragt werden. "The Gin Diaries" positioniert Suff Daddy auf kurzen 34 Minuten als völlig eigenständigen und ernstzunehmenden Produzenten. Mit Unterstützung einer Handvoll Melting Pot-Kollegen groovt sich der Berliner überzeugend zum Projekt Produzentenalbum.

Miles Bonny, unterschätzter Soul Bruder aus Kansas City, schmeichelt sich auf "5 O'Clock Suff" durch Teddy Riley-BoomBap. Die schräg schön harmonisierende Fleur Earth philosophiert auf dem groovig leiernden "Oh Bebe", wie man es von ihr gewohnt ist. Tastenkönig Jim Dunloop gibt den Rhodes-Meister für jeden erdenklichen Feiertag, der ruhig angehen soll. "Jimmy Jazz" schreit förmlich I'm easy like Sunday morning. Das holländische Wunderkehlchen Mar klingt bei "Deep Shit" schließlich zwischen Bongos, Gitarrenzupfen und Space-Synths butterweich.

Ähnlich zurückhaltend geben sich auch die dazwischen gestreuten Instrumentals: Sample-Frickeleien und Synth-Chords geben sich die Klinke in die Hand und nur selten - wie im Fall des lässig drückenden "I Need A Break" - muss sich der Nacken dann doch mal kurzzeitig zu einem satten Kopfnick bemühen. Suff Daddy hat sich offensichtlich bewusst gegen dezidierte Brecher entschieden. Sogar die bedrohliche Synth-Line von "Vienna" muss sich sanften Glocken und smoothen Drums geschlagen geben.

Es braucht einen wahren Connaisseur, um Darondos "Didn't I" eine weitere herzerweichende Facette zu entlocken ("Konnopke"). Da kann das Ganze sogar nach Berlins bestem Curry Wurst-Imbiss betitelt sein. Die warmen Bläser und Mariamas Säusel-Gesang auf "Feelin Fly" setzen der Harmonie schließlich die Krone auf.

Suff Daddy stilisiert sich auf "The Gin Diaries" nicht als musikalischer Trunkenbold, sondern bewusster Genießer. Auf der Karte steht keine Alkopop-Ware im Flatrate-Tempo, sondern Hochprozentiges in Maßen. Harmonie-bedürftige Hip Hop-Heads entkommen dem Suff jedenfalls nicht.

Trackliste

  1. 1. 4 My Holiks
  2. 2. 5 O'Clock Suff
  3. 3. I Need A Break
  4. 4. Oh Bebe
  5. 5. Housey
  6. 6. Jimmy Jazz
  7. 7. Worst Case Scenario
  8. 8. Deep Shit
  9. 9. Vienna
  10. 10. Hospital
  11. 11. Konnopke
  12. 12. Feelin Fly feat. Mariana
  13. 13. Özdemir

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