laut.de-Kritik

Der Berliner Nachwuchsrapper nimmt den Mund ganz schön voll.

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Der Berliner Nachwuchsrapper nimmt den Mund ganz schön voll: Bereits im Intro beschreibt er seine Präsenz mit "es ist wie Wodka, Koks und Hero, zu gleicher Zeit auf Pilzen." Auch seine Messlatte legt er auf eine nicht geringe Höhe, wenn er sich selbst als zweiter deutscher Nas krönt. Wem die Ehre gebührt, der erste zu sein, offenbart das Album nicht - die Tatsache, dass der Mann zumindest in puncto Größenwahnsinn das Level eines Kool Savas schon lange erreicht hat, hingegen schon.

Allerdings legt er sich auch gut ins Zeug. Während Nicus dem Rapper auf "Seine Zeit" in der R'n'B-Hookline sanft die Eier schaukelt, spittet dieser technisch so saubere Doubletime-Passagen, dass Busta Rhymes über Nacht ergraute, würde er sie hören. "Mein Life Is Ne Bitch" entpuppt sich nicht wie befürchtet als vier Minuten Selbstmitleid, sondern macht klar, dass Taichi deutlich mehr einfällt als das stumpfe Beschreiben Berliner Freizeitaktivitäten. Und obgleich mit "Therapie" und "Der Wahre G" gleich zwei der angesprochenen Inhalte folgen, schwingt auch bei diesen Texten doch häufiger mal ein Augenzwinkern mit.

Apropos "Der Wahre G": Neben den "Faggots, die Juice lesen" - sicher nicht der beste Move, zu Fame zu kommen - disst ebenjener wahre G auch den Münchner Raptile: "Ich sag' es laut: Raptile in englisch, ein Stück Scheiße, das stinkt." Ob das der Grund ist, warum She-Raw ihre herzzerreißende Hookline zu dem melancholischen "1000 Fragen" auf deutsch beisteuert? Den englischen Einlagen auf ihrem Debütalbum steht die deutsche Konkurrenz auf jeden Fall in nichts nach. Während die Beatfabrik-Kollegen von Featuregast Kid Kobra auf "Blackbook CD 3" ihrem Arbeitsgerät noch ein mehr oder minder romantisches Liebesständchen brachten, beschreibt Taichi auf "Mein Mic" die Vendetta gegen sein Mikro, wenn es seinen Geist aufgibt. Der sehr vielversprechende Beatbastler Djorkaeff outet sich bei der zugehörigen musikalischen Untermalung als Bewunderer von Prinz Pees "Guess Who's Back On The Street?"-Mixtape.

"Real Battle Artists" birgt durchaus Amüsement-Potenzial. Es sind weniger glänzende Wortwitze und gerissene Pointen, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern, als vielmehr die Erkenntnis, dass auch Jungstar F.R. inzwischen im Stimmbruch angekommen ist. Derlei biologische Benachteiligungen sollten zwar eigentlich geflissentlich übergangen werden und nicht zur Stimmungshebung beitragen, aber, sorry, es klingt einfach zu geil. Allerdings zeichnet sich irgendwo tief darunter eine durchaus vielversprechende Stimme ab, und technisch steckt der Braunschweiger beinahe alle seine Track-Kollegen jetzt schon in die Tasche. Das erste Album in der postpubertären Phase wird mit Spannung erwartet.

Leider fällt Kobra auf einen köstlich gepitchten Djorkaeff-Beat nichts Besseres ein, als "direkt in deinen Mund, wie ein Hit von der Bong" zu kommen und bei "Fuck Uns Ab" geschmackvolle Beschreibungen erregter weiblicher Geschlechtsteile von sich zu geben. Der Mann hat definitiv viel mehr zu bieten als das. Vielleicht hätte er sich als Featurepartner bei der ernsten Selbstreflexion "Sorgenkind" günstiger präsentieren können. Da gefällt das lyrische Doppelpassspiel mit Jaime schon besser. Den "Weg Vom Kind Zum Mann" mit Rapmusik als treibendem Motor zu beschreiben, gehört fast zum Standardrepertoire eines deutschen Wortakrobaten, und Taichi erfüllt diese Aufgabe recht zufriedenstellend, wenn auch die Hookline mit der Zeit zu nerven beginnt.

Der Berliner wirft ein ordentliches Aushängeschild für Krasscore Records auf den Markt. Die Beats spielen auf jedem Fall im oberen Mittelfeld mit, die Reime gehen größtenteils auch klar, und technisch kann dem Rapper eh keiner ans Bein pinkeln. Es steckt einiges an Potenzial in dieser Scheibe, wenn auch das Label noch lernen sollte, bei der Covergestaltung Schriftarten mit Umlauten zu wählen. Nas hingegen, das sei dazu gesagt, war fünf Jahre jünger, als er einen Meilenstein der Hip Hop-Geschichte unters Volk brachte. Und davon ist Taichi noch ein großes Stück entfernt.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Seine Zeit
  3. 3. Mein Life Is Ne Bitch
  4. 4. Therapie
  5. 5. Der Wahre G Pt II
  6. 6. Mein Mic
  7. 7. Siiiack
  8. 8. Real Battle Artists
  9. 9. On Air
  10. 10. Nichts Mehr Zu Sagen
  11. 11. Schnell Imbiz
  12. 12. 1000 Fragen
  13. 13. Fuck Uns Ab
  14. 14. Sorgenkind RMX
  15. 15. Geben 'n Fick
  16. 16. Weg Vom Kind Zum Mann
  17. 17. Outro

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