laut.de-Kritik
Auf dem schmalen Grat zwischen schwammigem Pathos und coolen Songs.
Review von Michael SchuhChris Norman hieß der Mensch, der in den 80ern "Midnight Lady" auf den Planeten schleuderte, und ich kann mir nicht helfen, beim Abspielen des Care Company-Albums hörte ich es auf einmal wie ein akustisches Déja Vu bei manchem Song im Hinterhirn röhren: "Midnaaaight Laidiiee la la laah".
Das ist natürlich gemein und auch irgendwie blöd, denn die Care Company besteht aus Leuten, die alle schon sehr schöne Synthie-Pop-Arbeiten abgeliefert haben: Markus Reinhardt, Keyboarder und Komponist von Wolfsheim ist dabei und Jose Alvarez, der als deren Produzent schon einen feinen Job gemacht hat. Neu dabei ist Care Company-Sänger Carsten Klatte, den Markus durch Zufall kennen lernte und gleich mit ihm zusammenarbeiten wollte.
Die 80er sind ja hipp – oder schon nicht mehr, wer weiß das so genau. Aber die Care Company ist kein Retro- Electro und zum Glück auch keine schlechte Depeche Mode-Kopie wie De/Vision – sondern klingt durchaus nach solider elektronischer Musik, die manchmal allerdings eine all zu glatte Attitüde beinhaltet. Der Grat zwischen schwammigem Pathos und einem coolen Song ist ja oft schmal, und bei der Platte weiß man manchmal nicht, in welche Richtung die Jungs abgeglitten sind.
Das macht es natürlich auch wieder spannend. "Gain Again", die erste Single, zu der man dank Major-Vertrag auch mal schön in die USA fliegen durfte, um in L.A. einen Videoclip zu drehen, ist nicht die stärkste Nummer auf dem Album. "Dolphins" kommt dagegen trotz kitschiger Soundverpackung und geknödelter Stimme schön synthesk rüber und an "Secret Flame" könnte nicht nur die Zillo, Orkus- und Sonic Seducer-Leserschaft ihren Gefallen finden: denn das ist ein wirklich guter Popsong und mit Sicherheit auch ein Singleaspirant. Die Gitarrenriffs prägen das Stück, der Rhythmus pumpert wohlgefiltert durch den Song und die synthetischen Streicherteppiche perlen auf dem ganzen Album nicht reiner. Am weitesten vom Grundtenor der Platte entfernt sich "Pictures" – Everlast goes Electropop!
Bisschen glatt, wenig wirkliche neue Elemente – letztendlich vermisst man die Brise, die dieser Produktion Frische einhaucht und sie zu einer wirklich wichtigen und eigenständigen Elektro-Pop-Platte macht. Dennoch kann nicht unbedingt davon abgeraten werden, sich das Teil zuzulegen – und wenn euch Chris Norman dann auch verfolgt - mailt mir bitte!
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