laut.de-Kritik

Raue Psychedelic-Reminiszenzen mit deutlichen Längen.

Review von

"Distance Inbetween" zeigt vor allem zu Beginn, wie gut der Band die Entschlackung steht. "Connector" eröffnet mit ruppiger Gitarre, ordentlich Hall und pumpendem Beat, "White Bird" setzt diese Vorlage wunderbar in einen surrealen Hippie-Alptraum um – wie hier ätherischer Gesang und die entrückte Melodieführung der Gitarre im Refrain aufeinander treffen, zählt zu den großen Momenten des Albums.

Die Single "Chasing The Tail Of A Dream" funktioniert im Anschluss als stimmungsvoller Alternative-Rocker, doch leider haben The Coral damit fast all ihre neuen Tricks aufgebraucht. Im weiteren Verlauf fehlen vor allem Ideen in Sachen Songwriting, die etwa das ziellos-mäandernde "She Runs The River" vor der Beliebigkeit bewahrt hätten.

Die Rhythmusgruppe, die hier eigentlich federführend agieren sollte, kaut unermüdlich auf den gleichen Tönen und Strukturen herum, kommt über Klischees nicht hinaus. Ebenso ergeht es dem stampfenden "Holy Revelation", dessen Riff verdächtig an Metallicas "Seek And Destroy" erinnert, oder der belanglosen Rock-Nummer "Fear Machine": Sie sind nicht wirklich schlecht, aber weit unter dem Niveau, dass andere Stücke andeuten.

Wer zu Beginn der 00er Jahre die Sechziger des vergangenen Jahrhunderts für sich entdeckte, den hatte vermutlich das Debüt von The Coral infiziert. In der Frühphase des Gitarrenrevivals rund um The Strokes und The Libertines frönten sie unverhohlen dem Pop der Beatles und altmodischen Stilen wie Psychedelic-Rock und verpackten diese in fluffig-schöne Songs.

Diese Leichtigkeit haben The Coral beim ersten regulären Studioalbum seit sechs Jahren hörbar verloren. Schon immer setzten sie auf leichte Veränderungen im Klangbild, dieses Mal sollte das Aufnehmen möglichst vieler Stücke als One-Takes für eine gewisse Unmittelbarkeit und Härte sorgen. Leider jedoch erweist sich die Produktionsweise im Zusammenhang mit der gewichtigen Rolle, die der Rhythmusgruppe in den Arrangements zukommt, als ambivalentes Vergnügen.

Einer der wenigen Lichtblicke der zweiten Album-Hälfte ist die Spaghetti-Western-Reminiszenz "Beyond The Sun", mit dem The Coral ihr Gespür für Dramaturgie endlich würdig unter Beweis stellen. Insgesamt bleibt "Distance Inbetween" jedoch definitiv unter seinen Möglichkeiten, das beweisen die gelungenen Stücke im direkten Vergleich nur um so deutlicher. Vielleicht hätte man mehr Vertrauen in die Fähigkeiten des neuen Gitarristen Paul Molloy setzen sollen, sicher hätten jedoch einige Stücke eine ausführlichere Ausarbeitung vertragen.

Abschreiben muss man die Band deswegen noch lange nicht, es bleibt aber zu hoffen, dass die aktuellen Stücke eher als eine Art Aufwärmübung gedacht sind. Denn dass das Talent, große Songs zu schreiben, immer noch in ihnen steckt, dass lässt sich an "Disctance Inbetween" bei aller Kritik deutlich ablesen.

Trackliste

  1. 1. Connector
  2. 2. White Bird
  3. 3. Chasing The Tail Of A Dream
  4. 4. Distance Inbetween
  5. 5. Million Eyes
  6. 6. Miss Fortune
  7. 7. Beyond The Sun
  8. 8. It's You
  9. 9. Holy Revelation
  10. 10. She Runs The River
  11. 11. Fear Machine
  12. 12. End Credits

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