laut.de-Kritik

Wie eine Punkrock-Version von Dimmu Borgir.

Review von

Die glorreiche Rückkehr der "Magnificent Six" vor zwei Jahren hat zweifelsohne und völlig berechtigt Begeisterungsstürme weltweit ausgelöst. Allerdings spaltete "Scandinavian Leather" die Jugenden in zwei Lager: die Traditionalisten, die "Apocalypse Dudes" für unübertrefflich und "Scandinavian Leather" für zu sehr Rock und zu wenig Deathpunk befanden, und diejenigen, die eben jenes letzte Album für die Krönung Turbonegrischen Schaffens hielten.

"Party Animals" setzt sich gemütlich ächzend zwischen diese beiden Stühle. Besser kann man seine Fans nicht zufrieden stellen. Das Album, das lange Zeit als "Babylon Forever" angekündigt war, vereint den Pomp und die Verspieltheit von "Leather" und die krachende Frische von "Dudes". Und ein paar ganz große Hits sind auch dabei. Zuerst greifen die verkleidungswütigen Norweger allerdings wieder in die bewährte Trickkiste.

Auf ein Intro wird auch dieses Jahr nicht verzichtet, diesmal allerdings nicht in Form von ein wenig Gitarrengegniedel und Ankündigungen à la "The Denim Recruits came to be known as The Apocalypse Dudes". Nein, die Turboneger fahren groß auf, ein Hubschrauber kreist über der "Party Zone", in der offensichtlich schon einige der mittlerweile fast eintausend Turbojugend-Chapters ihre Verbindungen mit Gerstensaft und Koks zelebrieren. Der erste Superhit folgt auf dem Fuß: "All My Friends Are Dead" legt gradezu opernhaft los, das große Rockmusical bekommt gleich zu Anfang den richtigen Tritt in den Arsch.

Auch mit den gewohnten sexuellen Anspielungen geizen Turbonegro nicht, "Blow Me (Like The Wind)", Euroboys Gitarrenspiel ergänzt sich hier großartig mit Hanks Forderungen nach Oralverkehr. Eigentlich hasse ich ja Stampfer, aber "City Of Satan" zitiert so dreist "I Love Rock'n'Roll", dass man es lieben muss. Außerdem zelebrieren sie hier ihre Monstrosität mit der Unterstützung des Norwegischen Radioorchesters, das dem Titel den passenden Rahmen gibt. Im Folgenden ergehen sich die Denim Demons (von denen eigentlich nur noch Chris Summers diesen Titel wirklich verdient) in einigen Nummern, die sehr Turbo-typisch klingen, wobei "Wasted Again" und "If You See Kaye (Tell Her I L-O-V-E Her)" in der Tradition der "Dudes" steht, während "Death From Above" und "High On The Crime" sich eher an "Leather" anlehnen.

In "Wasted Again" läuft Hank zu Hochform auf, wenn er erst droht, mit dem Schneepflug durch die Disko zu brettern, um dann zu erklären, dass sein Körper ein Tempel sei, den es einzureißen gelte. Und ich will verdammt sein, wenn Hank "If you see Kaye" nicht absichtlich so singt, dass es nach F-U-C-K klingt. Dass Turbonegro eine Band ist, um deren Bedeutung und Intention viel gestritten wird, verarbeitet der augenberänderte Frontmann in "Stay Free", in dem er sich Fragen von fiktiven Fans oder Journalisten stellt wie "Are you really insane or is it just a game".

Der verhinderte Titeltrack "Babylon Forever" rockt zwar recht behäbig vor sich hin, setzt sich aber, wie fast alle Nummern auf dem Album, unweigerlich sofort in den Gehörgängen fest und überrascht mit scheinbar unpassenden, aber doch irgendwie gut eingebauten Percussions. Für "Hot Stuff/Hot Shit" greift Euroboy sogar in die Tasten und spielt ein klassisches Southern-Rock-Klavier. Der Schluss kündigt sich noch einmal ganz groß an, das bereits erwähnte Radioorchester leistet noch einmal Schwerstarbeit und lässt Turbonegro wie eine Punkrockversion von Dimmu Borgir klingen. Mit Nick Oliveri gastiert zum Grand Finale genau der Richtige; wenn er und Hank drohen, ohne Gnade alle umzubringen, möchte man sich am liebsten in den langen Haaren des Kollegen Edele verstecken (sic, Anm. d. Red.).

Das Artwork der Platte ist wieder mal State of the Art (vor allem die Einzelfotos der Bandmitglieder gelingen großartig), die schwarze Serie setzt sich fort. So ist Turbonegro 2005 wie Bayern München 2005: sie sind souverän Meister ihrer Klasse geworden, man hat nichts anderes von ihnen erwartet. Statt roten-weiß-blauen Fahnen wehen dunkle Denim-Jacken im erneut bestätigten Gefühl des Triumphs.

Trackliste

  1. 1. Intro: The Party Zone
  2. 2. All My Friends Are Dead
  3. 3. Blow Me (Like The Wind)
  4. 4. City Of Satan
  5. 5. Death From Above
  6. 6. Wasted Again
  7. 7. High On The Crime
  8. 8. If You See Kaye (Tell Her I L-O-V-E Her)
  9. 9. Stay Free
  10. 10. Babylon Forever
  11. 11. Hot Stuff/Hot Shit
  12. 12. Final Warning

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18 Kommentare

  • Vor 18 Jahren

    Ja gibt's denn sowas? Noch kein Turbonegro-Thread hier?
    Keine Fans, oder was geht?
    Also ich persönlich finde das aktuelle Album wunderherrlich.
    Kann mich dem laut-Review eigentlich voll und ganhz anschließen.
    Einen Kritikpunkt den ich noch habe ist der, dass das Album einfach viel zu schnell durchgehört ist, was aber eigentlich kaum was macht, weil zumindest mir das erneute anhören immer wieder Spaß macht undzwar je lauter desto mehr :D
    Es gibt keine großartigen Innovationen oder Experimente und das ist auch gut so, denn der Sound ist einfach Turbonegro, Hanks Gesang, Euroboys "Dauersolos" ;) und sehr eingängige Melodien, die auch nach dem 43sten Hören nicht nerven :P

    Nunja, meine Meinung,
    was meint ihr?

    Dejot

  • Vor 18 Jahren

    ich hab eine platte von denen....und das reicht dann schon. denn wie du sagst, gibts auf der neuen keine experimente oder innovationen. also gibts da keinen irgendwie keinen anreiz..

  • Vor 18 Jahren

    Ich sach ma so:

    Schweinegeil!

    Nicht so gut wie Apocalypse Dudes, aber das ist auch einfach nicht zu toppen.
    Um jetzt genauer drauf einzugehen müsste ich zum einen etwas nüchterner sein als jetzt gerade und zum anderen muss ichs mir noch ein paar mal reinziehn.

    Die Turbojugend Münster ist auf jedenfall hellauf begeistert und ich freu mich schon wie wild auf deren Auftritt hier, diesen Samstag :)

    I got erection!!!

  • Vor 18 Jahren

    Es war total geil!

    Peter Pan Speedrock als Vorband hat Spass gemacht, aber eigentlich hatte ich mich auf Mondo Generator gefreut und war etwas enttäuscht, dass sie doch nicht dabei waren.

    Dann kamen die Denim Demons. Das Intro war leider nicht "The Age of Pamparius", wie sonst meistens, sondern das Hubschrauber Intro vom neuen Album, gefolgt von "All my friends are dead".
    Spätestens dann ist die Crowd ausgeflippt. Die Security im Graben vor der Bühne kam kaum hinterher die Crowd-Surfer runter zu holen.
    Ich hätte es sogar fast bis auf die Bühne geschafft, das gab ein anerkennendes Nicken von Hank ;)

    Vor jedem Lied kam ne Ansage von Hank. Meist hat er die Turbojugend Münster gelobt und davon erzählt wie sie hier im Gleis22 einen ihrer ersten Gigs in Deutschland überhaupt hatten usw.

    Die Setlist hat total viel Spass gemacht und liess nichts zu wünschen übrig.
    Insgesamt wurden (nach eindringlichen "I GOT ERECTION" Rufen aus dem publikum) zwei Zugaben gespielt.
    Die erste wurde dann doch noch eingeleitet mit Pamparius (im "Mein absolutes Lieblingslied" Thread könnt ihr lesen was ich von dem Song halte ;) ) und darauf folgte "Prince of the Rodeo", arschgeil.

    Bei der 2. Zugabe gabs dann endlich auch noch "I Got Erection". Es fehlte eigentlich nur "Are you ready" zur perfekten Setlist.

    Nach dem Konzert bin ich dann noch mit Turbojugend Leuten aus ganz Europa (ne menge Holländer waren da) einen trinken gegangen.
    Am nächsten morgen bin ich zuhause aufgewacht (keine Ahnung wie ich da hin gekommen bin) mit einer Turbonegro Sailor Mütze auf dem Kopf und ich kann mich einfach nicht daran erinnern wie ich da dran gekommen bin.
    Ich mache mir nun etwas sorgen, dass ich vielleicht Mitglied bei irgendeiner Turbojugend geworden bin. Man hat ja schon einiges unapettitliches über die Aufnahmerituale gehört (Stichwort: Assrocket).
    Vielleicht wird mir demnächst Fotomaterial zugeschickt ;)

    Hoffentlich kommen sie bald wieder, denn die hiesige Ass-Squad steht bereit!

    PS: Sirtaki haben wir übrigens auch getanzt!
    Von Hank kam ganz am Ende noch der Tipp, man solle die Neo-Nazis in Deutschland nicht verprügeln, sondern sie freundschaftlich aus ihrem Milieu holen und ihnen zeigen, dass Rock'n'Roll keine politischen, ethnischen, religiösen oder nationalen Unterschiede macht.
    Fand ich gut!

  • Vor 18 Jahren

    schicker livebericht. meiner steht noch aus ... ;)

  • Vor 18 Jahren

    schöner bericht, besonders die stelle "ich mache mir nun etwas sorgen, dass ich vielleicht Mitglied bei irgendeiner Turbojugend geworden bin" gefällt mir. =)

    @matze: Ass Cobra wollt ich mir sogar mal kaufen, aber als ich dann Geld hatte, war sie nicht mehr im Laden, da hab ich dann Scandinavian Leather genommen.