laut.de-Kritik

Kleines Fest mit Mördertracks unbekannter Wahnsinniger.

Review von

Jaaaa, lauter Afros vornedrauf, Vorfreude, juchhei. Wehe, das ist nur Tarnung für was Schlechtes, das cool und "retro" sein soll - mit Afros wird schließlich auf Compilations viel Schindluder getrieben. Allerdings impft subicalimente das verschärfte Klavinett, der erste Tastensound, der von der Scheibe tönt, deutlich ein, dass da jemand nach den richtigen Dingen gesucht hat. Sieben bisher unveröffentlichte Tracks, der Rest sind Raritäten, aber alle sind sie aus der Hochplateauphase des Funk, 1969 - 1977.

Der Beat setzt ein, treibendes Funk-Schlagzeug, Kleinigkeiten beim Bassisten und Gitarristen halten das Teil frickelig. Ein Gesangspärchen "Ron and Candy" klingt, als würde es aussehen wie die Afrotypen auf dem Cover, und die Komplexität des Arrangements erinnert einen schnell an etwas so taugliches wie Incognito. Nur sind die Innenstadt-Sounds nunmal älter, und klingen "urbaner" und dreckiger. Der Sound der Scheibe an sich ist knallrund.

Abgefahren geht es weiter, mit einem vollbekoksten Orgler, der seinen Sound fast schon schmerzende, höhenlastige Knackigkeit verliehen hat. Ob es mir gefällt? Schon, aber die Erkenntnis der Stunde ist vielmehr, dass ich bitte die gleichen Drogen will.

"Sticky Boom Boom" von der United Soul Association und der Rausschmeißer "Funktime" repräsentieren das Album vielleicht am besten. Selbst in der vierten Minute findet man Groove- und Soundwechsel oberster Güte. Wie auf der gesammten Scheibe kommt es immer wieder zu musikalischen Überraschungen, und zwar dann, wenn man am wenigsten damit rechnet, dass noch irgendwas passieren soll.

Auch bei beispielsweise dem instrumentalen Song "Funkorgy" lassen sich die richtigen Vorbilder dieser heute eher namenlosen Gruppen erkennen. Am umschmeißendsten in dieser Beziehung ist allerdings die fett instrumentierende Truppe namens "Perfect Circle", von denen es hier zwei Songs auf die Ohren gibt. Das ausgebuffte Spiel der Typen an Bass und Schlagzeug macht high - die Ideen, beispielsweise geschlossen eine Sekunde schlicht nicht (!) zu spielen, um einen dann auf die nächste Eins mitten in die Fresse zu treffen, lassen Großmeister wie Sly and The Family Stone und Earth Wind and Fire grüßen.

Für Klavinettfetischisten, Rhodesjünger, Klavinettfetischisten und Orgelmenschen ist es ein Fest, Instrumentalwichser, obligatorische Bläser, echte Diven, Kastratenchor-Gesänge wie sie sich gehören, lassen sich auch zu Genüge blicken und machen ihre Jobs gut.

Nun, der Name Funk taucht in den Titeln und Bandnamen dieser Compilation ganze acht Mal auf und diesmal völlig zu Recht: Falls man nach funkigen Grooves gesucht hat, hat man sie hiermit schlicht und ergreifend gefunden.

Sicher, es gibt vielleicht andere, noch viel wahnsinnigere Compilations, aber die sind nicht gerade üppig gesät, und man muss sie erst mal finden. Diese ist definitiv gut genug, um sich einen Ast zu freuen, und um sie auf superben Parties durchlaufen zu lassen - für soulful people ein kleines Fest von Mördertracks unbekannter Wahnsinniger, für Nicht-Souler eine Lektion.

Trackliste

  1. 1. Plastic Situation
  2. 2. It's Your Thing
  3. 3. In One Peace
  4. 4. Funkorgy
  5. 5. More Love
  6. 6. The Hands Of Time
  7. 7. Thank U
  8. 8. Tenderness
  9. 9. Sticky Boom Boom
  10. 10. Spread The News
  11. 11. It's Insane
  12. 12. Funkafied
  13. 13. Funktime

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